Rebellin der Leidenschaft
Unfall befürchtete und ihr Pferd etwas ausscheren ließ, als es zum Sprung ansetzte. Sie flogen leicht schräg über den Stall. Die beiden Reiter vor ihr hatten es gottlob geschafft, im Sattel zu bleiben. Sekunden später hatte sie sie ebenfalls überholt.
Zwei Meilen weiter war Nicole hinter dem Herzog und dem Jagdleiter, die den Rest der Jagdgesellschaft inzwischen weit abgehängt hatten. Vor ihnen ragte eine Mauer auf, die gut einen Meter hoch war. Sie hatte Zeit, den Herzog dabei zu bewundern, wie er dieses Hindernis völlig mühelos nahm. Ihr Jagdpferd, das es kaum erwarten konnte, sich an die Spitze zu setzen, lief nun sehr schnell. Nicole hatte ein wenig Mühe, es zu kontrollieren. Sie sah die drohende Wand, doch auch ihr Rappe setzte mühelos darüber hinweg. Sie landeten sanft, und danach ließ sie ihm freien Lauf.
Er streckte sich in vollem Galopp und Nicole beugte sich so weit nach vorne, wie sie konnte, ohne ihr Gleichgewicht zu verlieren. Die Nüstern ihres Jagdpferdes berührten fast die Flanken von Hadrians Hengst. Der Herzog drehte sich um und riss verblüfft die Augen auf.
Nicole frohlockte, als sie auf gleicher Höhe mit ihm war.
»Bleib hinten!«, schrie er, während sie Seite an Seite galoppierten und die Hufe ihrer großen Pferde laut donnernd den Boden aufrissen. »Verdammt noch mal, reite weiter hinten!«
»Pass auf!«, rief Nicole, noch immer lachend. Sie näherten sich gerade einem weiteren Hindernis, das ebenfalls gut einen Meter hoch war, einem Haufen Baumstämme. Dem Herzog blieb nichts anderes übrig, als sich auf sein Pferd zu konzentrieren. Beide setzten gleichzeitig zum Sprung an, beide flogen gleichzeitig über die Hürde und landeten nebeneinander im gleichen Schritt auf der anderen Seite.
Sogleich schrie er sie wieder an, diesmal ausgesprochen wütend: »Es ist mein Ernst, du Närrin! Du wirst dir noch das Genick brechen! Bleib weiter hinten!«
»Ich reite immer ganz vorne«, schrie sie trotzig zurück. Sie genoss diesen stürmischen Ritt und auch seine Wut in den vollsten Zügen. Sie spürte den heißen, kraftvollen Pferdeleib zwischen ihren Schenkeln, dieses starke, große Tier, das sie nur mit ihrem Geschick und ihrem Körper kontrollierte. Und ebenso erregte sie der Herzog auf seinem genauso großen, kraftvollen Hengst an ihrer Seite in all seiner Männlichkeit, seiner Pracht und seiner Wut.
»Mach langsamer!«, schrie er, die kläffende Hundemeute und die donnernden Hufe übertönend. »Dort vorne kommt gleich ein heimtückischer In-and-Out-Sprung.«
Nicole grinste ihn nur an und ließ ihren Rappen noch schneller laufen, so dass sie den Herzog hinter sich ließ.
Das Hindernis war tatsächlich heimtückisch, denn die beiden Zäune waren nur einen Galoppsprung auseinander, aber Nicole zeigte ihr Können und es bereitete ihr ein immenses Vergnügen.
Sie nahm die Zäune eine Spur zu waghalsig, aber fehlerfrei. Sekunden später war der Herzog wieder neben ihr. Ein Blick auf sein Gesicht zeigte ihr, wie wütend er war, aber er musste es wohl oder übel hinnehmen, dass er sie nicht dazu bringen konnte, langsamer zu reiten. Sie galoppierten nebeneinander her. Ihre Jagdpferde passten ausgezeichnet zueinander und rannten im Gleichschritt. Es fiel kein weiteres Wort mehr, nur der heftige Atem der Pferde und ihre donnernden Hufe waren zu hören. Nicole war berauscht von dem Gefühl des heißen, dampfenden Pferdes unter ihr, davon, eins zu sein mit dem rasenden, kraftvollen Tier, von der Geschwindigkeit, mit der sie sich bewegten - und von der Nähe des Herzogs.
Eine Stunde später war die Jagd vorbei. Die Reiter hatten sich wieder versammelt, auch die letzten Damen waren angekommen. Als sie sich ihrem Ziel, dem Herrenhaus, näherten, hatte Nicole ihr Pferd gezügelt und sich wieder zurückfallen lassen, auch wenn das Tier ungestüm dagegen aufbegehrte. Sie verstand es nur allzu gut, ihr selbst ging es nicht anders. Der lange, schwierige Ritt hatte sie zwar ermüdet, aber sie war immer noch zu hochgestimmt, um aufzuhören. Wäre die Jagd weitergegangen, sie wäre sofort dabei gewesen.
Der Herzog ritt inzwischen natürlich wieder weit vor ihr. Mit verkniffenen Lippen und wütend funkelnden Augen war er schließlich davongetrabt, offenbar zu aufgebracht, um mit ihr zu sprechen. Nicole schwante, dass er sie später noch schimpfen würde, aber sie war einfach zu frohgemut, um sich davor zu fürchten. Noch nie hatte sie eine Jagd so genossen wie diese!
Sie war so gefangen von
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