Rebellin der Liebe
ein schmatzendes Geräusch auf den Stufen verursachte, tauchte Fiona aus der Küche auf. Die Alte schlug sich entgeistert die Hände vors Gesicht, sodass der irdene Teller, den sie getragen hatte, scheppernd auf den Boden fiel. »Jesus, Maria und Josef, Mädchen! Du siehst aus wie eine Todesfee!«
Der triumphierende Blick, den Desmond mit Keil und Edward austauschte, ließ keinen Zweifel daran, von wem der Honigtopf über Willows Zimmertür befestigt worden war. Bannor musste sich an der Tischplatte festklammern, sonst hätte er den Schädel seines Sohnes in den Haferschleim getaucht.
Die betretene Stille schien zu dröhnen, als Willow ans Ende des Tisches trat und reglos dort stehen blieb.
In dem Wissen, dass jeder im Saal, vom kräftigsten Ritter bis hin zum kleinsten Pagen, gespannt den Atem anhielt, schob sich Bannor seelenruhig ein Stück seines Brotes in den Mund. »Guten Morgen, Willow. Ich hoffe, dass Ihr gut geschlafen habt.«
Sie antwortete nicht. Sie stand nur reglos da, und ihr vorwurfsvoller Blick verriet, dass seine Schlacht gewonnen war. Endlich hatte er sein Ziel erreicht, dass seine Angetraute ihn verachtete. Doch seltsamerweise verspürte er, als sie ihm den Rücken zukehrte und hoch erhobenen Hauptes den Saal wieder verließ, statt eines Triumphgefühls eine geradezu überwältigende Trauer.
Willow stampfte in ihrem Zimmer auf und ab, während sie sich eine weitere klebrige Locke absäbelte und sie wie eine Standarte schwang. Der Honig hätte sich problemlos herauswaschen lassen, aber ihre Peiniger waren so diabolisch gewesen und hatten den widerlichen Sirup mit Harz vermischt. »Lord Bannor der Verwegene, haha! Ich habe noch nie einen feigeren, memmenhafteren, gemeineren, hinterhältigeren...«
»Verzagteren«, warf Beatrix begeistert ein.
»Verzagteren, hasenfüßigeren...«
Während Willow mit ihrer Tirade fortfuhr, nahm Beatrix ihr den Dolch aus der Hand und führte sie zu einem Stuhl. »Warum lässt du mich das nicht erledigen?«, fragte sie. »Wenn du so weitermachst, ist Lord Bannor der Verwegene bald mit Lady Willow der Geschorenen verheiratet.«
Willow warf sich auf den Stuhl und umklammerte die klebrigen Falten ihres Kleids. »Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Ich würde mit dem Kerl noch nicht mal dann verheiratet bleiben, wenn er der letzte Mann auf der Erde wäre und wenn das Überleben der Menschheit davon abhinge, dass ich eins seiner grässlichen Blagen auf die Welt bringe.«
»Das kann ich durchaus verstehen«, antwortete Beatrix, während sie ihr eine weitere mit Honig und Harz getränkte Locke abschnitt. »Ich verstehe nur nicht, warum du das erst heute sagst. Ich hätte bereits, als sie den Eimer mit Ruß durch den Schornstein deines Zimmers gekippt haben, von ihm verlangt, dass er diese widerlichen kleinen Zwerge in den Kerker wirft.«
»Und hättest diesen kleinen Monstern die Genugtuung zuteil werden lassen zu wissen, dass ich sofort zu ihrem Vater renne, wenn mir was nicht passt? O nein. Außerdem haben Stefan und Reanna mir das Leben viel schwerer gemacht. Erinnerst du dich noch daran, als sie meine Schuhe auf dem Boden festgenagelt haben? Während ich sie trug?« Willow stieß einen wehmütigen Seufzer aus, als eine weitere klebrige Strähne ihrer Haare auf dem Boden landete. »Ich habe gedacht, irgendwann käme Bannor mir gegen diese widerlichen kleinen Drachen zu Hilfe, wie es sich für einen Ritter oder einen... einen...«
Beatrix beugte sich über Willows Schulter und sah sie grienend an. »Für einen Prinzen gehört?«
Willow fuhr herum und starrte die Stiefschwester verdutzt an.
»Ich habe dich mit deinem eingebildeten Geliebten reden hören, als du dachtest, dass ich schon schlief. Einmal habe ich sogar gesehen, wie du deine Hand geküsst und so getan hast, als wäre er es gewesen«, verriet Beatrix.
»Du hinterhältiges kleines Biest!«
Als Willow sie zu packen versuchte, tänzelte die Kleine leichtfüßig davon. Erst in diesem Augenblick bemerkte Willow, dass ihr eigenartig schwindlig war.
Vorsichtig betastete sie ihren Kopf. »Ein wirklich seltsames Gefühl. Seit dem Tag meiner Geburt haben meine Haare mich ständig gestört. Bis heute war mir nicht bewusst, wie sehr ich an ihnen hing.«
Beatrix drückte ihr einen Spiegel in die Hand. Willow hielt ihn sich vors Gesicht und starrte eine Fremde an. Eine Fremde mit Haaren, die, wie die eines in die Ecke getriebenen Warzenschweins, in alle Richtungen abstanden, und mit riesigen
Weitere Kostenlose Bücher