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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
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lesen.«
    »Geheimnisse über Geheimnisse. Wie die kleinen russischen Puppen, die alle ineinander stecken. Ich bin sicher, dass sogar Mrs. Peasebody ihre dunklen Geheimnisse hat, nur wissen wir nichts davon.«
    Raeburn schürzte die Lippen. »Sie durchlöchern meine Überheblichkeit wirklich kunstvoll.«
    »Was mich daran erinnert, dass meine hier nicht angebracht ist.« Victoria stand abrupt auf und drehte sich weg. Sie war fassungsloser, als sie es ihn sehen lassen wollte. Sie hatte zu glauben gewagt, dass sie und ihre kleine Geschichte etwas zählten. Seit sie Raeburns Lächeln gesehen hatte, wusste sie, dass sie sich etwas vorgemacht hatte.
    Sie ging an eines der Bogenfenster, die nach draußen blickten, weg von den Pfeilern und Balkonen Raeburn Courts. Durch ihr eigenes Spiegelbild hindurch konnte sie den felsigen Abhang erkennen und die weiße Narbe der Auffahrt, die von der Straße heraufführte. Der Mond schien durch die fedrigen Wolken und verwandelte die tiefen Nebelfetzen in undurchsichtiges Vlies. Die Landschaft lag verlassen, aber unglaublich friedlich da und längst nicht so bedrohlich, wie sie Victoria während des Sturms erschienen war. Doch ihre Intuition warnte sie, dass sie die Nacht zuvor, als der Wahn sie davongetragen hatte, weit sicherer gewesen war, weil sie alles auf den Wind und den Regen hatte schieben können.
    Victoria drehte sich wieder zu Raeburn um. Er beobachtete sie, sein Gesichtsausdruck unergründlich zwischen den Glanzlichtern und Schatten des Kerzenlichts. Er lümmelte sorglos herum, ein Bein angewinkelt, das andere gestreckt, und da, wo sein Hemd sich straff über die Brust spannte, konnte sie die Konturen seiner Muskeln erkennen. Hätte sie hinter seiner hochmütigen Maske nicht etwas Menschliches aufblitzen sehen, sie hätte die Eiseskälte, die sie überkam, nicht im Zaum halten können. Aber da war etwas -Traurigkeit? Bittere Selbstverachtung? -, und dieses Etwas löste die Kälte in nichts auf.
    Sie tat einen Atemzug und staunte, wie zittrig er sich anhörte. »Wir sind zwei alte Angsthasen, was?«
    Raeburn schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. Doch dann hielt er inne, schien sich zu fangen und zuckte die Schultern. »Möglicherweise. Sind Sie immer so direkt, Lady?« Sein Tonfall war scherzhaft, aber nicht ganz frei von Ärger. »Wie es scheint, bleiben nicht einmal meine intimsten, liebsten Illusionen unangetastet, wenn Sie in der Nähe sind.«
    Victoria lächelte dünn. »Ich mache mir lieber selber Vorwürfe, als Selbstmitleid zu haben. Ich fürchte, ich neige dazu, das auf andere auszudehnen. Nachsicht ist mir fremd geworden, falls ich sie überhaupt je geübt habe.«
    »Und Vergebung?« Raeburns Blick war plötzlich viel zu scharfsichtig.
    Victoria verdrängte es. »Es gibt nichts zu vergeben. Wenn ich blute, dann, weil ich mich geschnitten habe.« Sie sah den Duke hart an. »Ich schneide mich nicht zweimal.«
    »Nein«, murmelte er, die Miene wieder sanfter, »vermutlich nicht.«
    Er erhob sich, umrundete den Tisch und blieb vor ihr stehen. Victoria hielt sich gerade und hob den Kopf die wenigen Zentimeter, die es brauchte, ihm direkt in die Augen zu sehen. Die Linien auf seiner Stirn und die Falten auf seinen Wangen waren umschattet, was ihn älter aussehen ließ, älter und trauriger. Sie stellte schockiert fest, dass ein Teil seiner Traurigkeit ihr zu gelten schien.
    Er nahm es mit ihr auf. Fortgeschickt oder manipuliert werden, als gegeben betrachtet, auch bewundert oder begehrt werden – all das war sie gewohnt, diese fast schon unpersönlichen Reaktionen auf die Art, wie sie sich der Welt präsentierte. Aber Raeburns Blick hatte nichts Unpersönliches. Er schien in sie zu dringen, in die geheimsten Winkel ihres Herzens, und was weit, weit schlimmer war, ihn schien zu berühren, was er dort sah. Nie hatte sie sich so nackt gefühlt, und nie wieder wollte sie sich so fühlen – vor allem nicht vor dem überheblichen Herzog.
    Raeburn griff nach ihr, nahm sie am Ellenbogen, doch sie wich zurück und drehte den Kopf weg.
    »Ich brauche niemandes Mitleid«, keuchte sie. »Und Ihres erst recht nicht.«
    Raeburn legte den Arm fest um ihre Taille, so dass sie sich förmlich hätte freikämpfen müssen. Sie tat es nicht, denn er fasste mit der anderen Hand ihr Kinn und bog ihren Kopf zurück, bis sie ihn ganz ansah, und die Intensität seines Gesichtsausdrucks durchzuckte sie mit einem Schmerz, der ihr die Kraft zum Widerstand nahm. Wäre da nur ein Anflug von

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