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Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Rebellin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Rebellin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Joyce
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bildete. Als er den Riss abtastete, war er hart und unnachgiebig, nicht der weiche zermalmte Knochen, den er befürchtet hatte. Gott sei Dank. Er sah sich zu der einladenden Schäferhütte um, wo ein Feuer auf sie wartete – und Schatten. Er würde sie warm und trocken halten können, bis jemand sie fand.
    Aber es gab kein Wasser, vom Mittagessen war nur ein wenig Wein übrig, und ohne einen Arzt starb sie vielleicht. Sie nach Raeburn Court zu bringen, verschlimmerte alles vielleicht nur weiter, aber es erschien ihm sicherer, als einfach nur darauf zu hoffen, dass sie nicht fiebrig wurde, bevor Hilfe eintraf.
    Sie hing schlaff in seinen Armen, als er sie hochhob, und ihm blieb keine andere Möglichkeit, als sie wie einen Sack über die Schultern zu legen, Arme und Kopf auf seiner einen Seite nach unten baumelnd, die Beine auf der anderen. Er richtete sich auf, ihr Gewicht auf den Schultern. Die lächerliche Parodie eines Zylinders lag zu seinen Füßen, aber sein eigener Hut war nirgendwo zu sehen. Bei dem Schwung, mit dem Princess zu Fall gekommen war, und so steil, wie der Hügel war, hätte er überall sein können. Er sah zur Sonne auf, die durch die Wolken linste, und glaubte schon, ihr Brennen auf der Haut zu spüren.
    »Gott!«, drang es aus seiner Kehle, halb Fluch, halb Schwur. Aber er hatte keine Wahl. Er musste Victoria so schnell wie möglich nach Raeburn Court bringen und den Hut verloren geben. Aber die Decke... die Knie vor Erleichterung weich, fiel ihm die Decke ein, die Mrs. Peasebody ihnen für das Picknick mitgegeben hatte; sie wartete in der niedrigen Schäferhütte. Aber erst musste er Victoria zum Weg hinaufbringen. Dann würde er die Decke holen.
    Mit stolpernden Schritten und tief gebückt, kämpfte er sich zum Grat hinauf, wo Apollonia geduldig wartete. Seine Stiefel fanden im Schlamm kaum Halt, jeder Schritt war von tückischer Gefahr. Das Gestein lockte ihn, sich festzuhalten, doch er wagte nicht, die Hand von Victoria zu lösen. Zweimal gab der schlammbedeckte Farn unter ihm nach, und er fiel hart aufs Knie. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit. Doch dann hatte er den Weg erreicht, konnte nur noch keuchend dastehen und dümmlich in die Sonne blinzeln, bis er wieder ruhig atmete.
    Er ließ Victoria von den Schultern gleiten, um nach ihr zu sehen. Er konnte keine Anzeichen entdecken, dass sie wieder zu Bewusstsein kam, doch ihr Puls war gleichmäßig, wenn auch noch nicht kräftiger als zuvor. Er konnte nichts anderes tun, als sie so schnell wie möglich nach Raeburn Court bringen. Seine Hilflosigkeit erschien ihm wie Hohn, und er empfand es als einen fast körperlichen Schmerz, sie hier liegen zu lassen. Doch er rannte zur Schäferhütte, schnappte sich die Decke und lief wieder zurück.
    Als er versuchte, Victoria in den Sattel zu heben, scheute Apollonia zur Seite, und er verlor wertvolle Zeit damit, die Stute so lange zu beruhigen, bis sie das kraftlose, wankende Gewicht akzeptierte. Beim zweiten Versuch gelang es ihm, sich hinter Victoria in den Sattel zu schwingen. Dann drehte er sie herum, bis sie rittlings auf dem Rist der Stute saß, das Gesicht an seine Brust gelegt. Er zog sich die Decke über den Kopf, legte sie vorn um Victoria herum und zog sie bis zur Nase hinauf. Einen Arm um Victorias Taille gelegt und mit der anderen Hand Zügel und Decke haltend, ließ er Apollonia schnellen Schritt gehen, zu traben wagte er nicht.
    »Der Herr beschütze uns vor dem Starrsinn der Frauen«, murmelte er, aber der Druck auf seiner Brust stammte von der Angst, nicht vom Zorn.
    Die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel herab. Er hatte den Kragen hochgeschlagen und duckte sich unter die Decke, dennoch spürte er, wie sie seine Wangen versengte. Wie lange war er jetzt im Licht? Fünf Minuten? Zehn? Bei diesem Tempo würden sie zwei Stunden brauchen, bis sie das schützende Herrenhaus erreichten. Er widerstand dem Drang, Apollonia traben zu lassen. Erst, wenn sie auf ebenem Boden waren, schwor er sich. Obwohl die Sonne den Grat getrocknet hatte, gab es immer noch zu viele Pfützen und rutschige Stellen. Falls Apollonia stolperte, konnte er nicht garantieren, dass er Victoria halten konnte und sie nicht über den Kopf der Stute abrutschen ließ.
    Endlich näherte sich der Höhenweg seinem Ende. Apollonia, die schon nervös war, galoppierte sofort los, als sie Byrons Hacken spürte, und nahm die letzten Meter im gestreckten Galopp. Byron drückte Victoria an sich. Ihr Kopf schlug bei jedem Schritt an

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