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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. J. Anderson
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Scheide.
     
    Später saß Klinge mit gekreuzten Beinen auf dem Tisch und betrachtete das Buch, das geöffnet vor ihr lag. Paul hatte recht gehabt: Die Feen des Malers Alfred Wrenfield ähnelten den Eichenfeen tatsächlich sehr, zumindest die weiblichen. Doch je weiter sie blätterte, desto seltsamer und wirrer wurden die Bilder. Die Feen sahen immer wilder und grausamer aus und waren in immer größeren Mengen abgebildet. Zuletzt konnte Klinge ihren Anblick kaum noch ertragen.
    »Was wurde aus dem Maler?«, fragte sie.
    »Zuerst ging es ihm gut«, antwortete Paul, der hinter ihr saß. »Feenbilder waren damals absolut angesagt. Aber nach einer Weile wurden seine Bilder so bizarr, dass niemand sie mehr kaufen wollte. Ab da ging es mit ihm rasch bergab. Zuletzt wurde er sogar von seiner Familie verstoßen. Er starb an einer Überdosis …«
    »Paul, Schatz«, Beatrice’ Stimme erklang gedämpft hinter der Tür. »Kannst du das Radio einen Moment leiser stellen? Ich muss mit dir reden.«
    Klinge duckte sich hastig hinter einen Stapel Bücher und Paul rollte hinter seinem Schreibtisch hervor und zur Tür. Als er sie öffnete, war sein Gesicht wieder zu einer gleichgültigen Maske erstarrt. Seine Mutter tat Klinge nicht zum ersten Mal leid.
    »Dein Vater hat gerade angerufen«, sagte Beatrice und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. »Sein Zug fährt nicht. Es hat einen Gleisunfall gegeben, und man weiß nicht, wann die Unfallstelle geräumt ist. Deshalb hat er mich gebeten, ihn in der Stadt abzuholen. Ich habe dir belegte Brote zum Abendessen hingestellt. Die Nummer des häuslichen Pflegedienstes liegt am Telefon. Nur falls du Hilfe brauchst.«
    Paul schwieg. Seine Mutter räusperte sich nervös.
    »Wir kommen zurück, so schnell wir können. Kommst du … klar?«
    Paul zuckte kaum merklich mit den Schultern, doch offenbar genügte Beatrice das als Antwort. Sie beugte sich über ihn, berührte seine Wange mit den Lippen und eilte aus dem Zimmer. Kurz darauf hörte Klinge die Haustür auf und zu gehen. Dann kehrte wieder Stille ein.
    »Sieht aus, als hätten wir das Haus heute Abend für uns«, sagte Paul. Er drehte sich mit seinem Stuhl zu Klinge um. »Hast du Lust auf eine Tasse Tee?«
     
    Als Tasse bekam Klinge einen Fingerhut aus Porzellan. Der Tee war schwarz und schmeckte bitter, doch Klinge kam sich damit auf ihrem Platz neben Paul im prächtigen Wohnzimmer des Hauses wie ein Ehrengast vor. Während sie trank, betrachtete sie die Porträtfotos an der Wand gegenüber: George und Beatrice an ihrem Hochzeitstag, beide schüchtern und noch sehr jung, Paul als kleiner Junge mit Wuschelkopf und Zahnlücke und ein neueres Bild der ganzen Familie. Beatrice und ihr Mann saßen im Hintergrund, Paul lehnte an ihren Knien. Sein Gesicht strahlte ein unerschütterliches Selbstvertrauen aus. Dahinter sah Klinge einen beleuchteten Baum. Das Bild musste um die Wintersonnenwende herum entstanden sein, erst vor wenigen Monaten.
    »Wer hat die gemalt?«, fragte sie Paul. »Sie sehen so echt aus.«
    »Du meinst die Fotos? Das sind keine Gemälde, sondern … eine Art Bilder, die man mit Licht herstellt. Man sieht durch einen Kasten mit einer Linse und drückt auf einen Knopf. Dann macht der Kasten ein Bild von dem, was man sieht. Mehr oder weniger.«
    Für Klinge klang das nach Zauberei. »Gibt es noch mehr solche Bilder?«, fragte sie.
    »Schon, aber für Außenstehende sind sie ziemlich langweilig.« Paul fuhr zu einem Wandschränkchen und kehrte mit einem dicken Ringbuch zurück. Er schlug es auf, und Klinge sprang auf die Armlehne seines Stuhls und kletterte auf seine Schulter. Dann beugte sie sich vor, um die Bilder unter ihr besser sehen zu können.
    »Lauter dumme Babybilder«, sagte Paul und überblätterte rasch den ersten Teil. »Das bin ich an meinem ersten Schultag. Und hier male ich Geoffrey Fisher einen Schnurrbart an – er war damals mein bester Freund.«
    »Was ist ein bester Freund ?« , fragte Klinge.
    Paul sah sie verdutzt an. »Das weißt du nicht?«
    Klinge fühlte sich angegriffen. »Feen tun so was nicht«, sagte sie.
    »Was tut ihr dann?«
    »Wir arbeiten zusammen, wenn wir müssen, und geben einander Anweisungen und so weiter. Aber wenn die Arbeit getan und alles gesagt ist …« Klinge zuckte mit den Schultern. »Was soll man dann noch miteinander?«
    »Also ein bester Freund ist jemand, mit dem man gern zusammen ist«, sagte Paul leise. »Jemand, mit dem man über alles reden kann und auf dessen

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