Rebellion Der Engel
mich auf Dauer vor Lea und Nate schützen würde, mich in einem Hotelzimmer zu verkriechen. Wären sie Menschen gewesen, hätte das vielleicht funktioniert.
Aber sie waren etwas anderes.
Mir ging der Anblick der Flügel nicht aus dem Kopf. Wie durchscheinend sie gewesen waren – genau wie McCrays Gestalt im Waschraum des Pompeji. Was auch immer Mc-Cray sein mochte, zumindest Lea war von derselben Art. Ich war mir ziemlich sicher, dass das auch auf Nate zutraf, auch wenn ich an ihm weder Flügel noch besondere Fähigkeiten gesehen hatte. Dafür war ich nicht lange genug geblieben.
Es war noch nicht mal eine Minute vergangen, seit die Zimmertür hinter mir zugefallen war, und ich fühlte mich bereits wie in einem Käfig. Was ich brauchte, war ein Plan. Ich würde mir eine Liste mit all den Dingen machen, die ich nachforschen konnte, und die dann Stück für Stück abarbeiten. Zuerst jedoch musste ich mich ein wenig abkühlen.
Ich ging ins Badezimmer, schloss die Tür hinter mir und trat an den Spiegel. Meine Frisur hatte sich aufgelöst, ein paar der Nadeln hingen noch haltlos in meinen Locken, die anderen hatte ich verloren. Von meinem Make-up war auch nicht mehr viel übrig, die Wimperntusche war verschmiert, der Puder hatte sich in Luft aufgelöst und vom Lipgloss war nichts mehr zu sehen. Meine ohnehin helle Haut wirkte beinahe durchscheinend und unter meinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. Ich zupfte die Haarnadeln heraus und warf sie auf die Ablage neben dem Waschbecken.
»Wo steckt dieser verfluchte Schutzengel, wenn man ihn braucht?« Ich hatte Angst, gleichzeitig machte ich mir Sorgen um Akashiel und fragte mich, warum es mir nicht mehr gelang, zu ihm durchzudringen.
Mit einem Ruck drehte ich den Kaltwasserhahn auf und wusch mir das Gesicht. Als ich den Kopf hob, um noch einmal in den Spiegel zu sehen, stand eine Gestalt hinter mir. Ich schrie auf, fuhr herum und griff nach dem erstbesten Gegenstand, den ich in die Finger bekam, um mich zu verteidigen. Dummerweise handelte es sich dabei um ein Handtuch.
Es war weder Nate noch Lea, die sich in meinem Badezimmer materialisiert hatten. Stattdessen stand McCray vor mir. Der Kerl hatte wirklich eine Schwäche für Waschräume. Dieses Mal jedoch war seine Gestalt kein bisschen durchscheinend, selbst sein Spiegelbild war klar und deutlich gewesen und hatte keinerlei Ähnlichkeit mit dem blinden Fleck gehabt, den ich zu anderen Gelegenheiten gesehen hatte.
»Verschwinde!« Ich machte einen Schritt zur Seite, wollte an ihm vorbei, raus aus dem Badezimmer, aber er vertrat mir den Weg.
»Du hast nach mir gerufen und jetzt willst du abhauen?« Er deutete auf das Handtuch in meiner Hand. »Oder willst du lieber mich aus dem Bad prügeln?«
Ich kannte diese Stimme! Sicher, ich hatte schon einmal mit McCray gesprochen, aber das war es nicht. »Akashiel?« Ich stolperte rückwärts, bis ich mit dem Hintern gegen den Waschtisch stieß. Der Kerl, dessen Erscheinen die Ursache für den Unfall gewesen war, bei dem ich beinahe draufgegangen wäre, sollte mein Schutzengel sein? »Ich habe dir vertraut!«, stieß ich hervor, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
»Und das kannst du auch weiterhin.«
O Gott, diese Stimme. Wie sehr hatte ich mich danach gesehnt, sie zu hören, und wie sehr wünschte ich mir, ihm tatsächlich vertrauen zu können. Aber konnte ich das?
Plötzlich neigte er den Kopf zur Seite, als lausche er.
»Was –«
Er hob die Hand und brachte mich zum Schweigen. »Da kommt jemand.«
Meine Knie wurden so weich, dass ich mich an den Waschtisch klammern musste, um nicht umzukippen. Sie hatten mich gefunden! Sicher, ich könnte mir einreden, dass es ein Angestellter des Hotels war oder jemand, der ein Zimmer auf der Etage gemietet hatte und jetzt auf dem Weg dorthin den Gang entlang marschierte. Ich bezweifelte jedoch sehr, dass ich so viel Glück hatte.
McCray–Akashiel musterte mich noch eingehender. Die Sorge, die ich in seinen dunklen Augen sah, erstaunte und erschreckte mich gleichermaßen. Als wüsste er Dinge über mich, von denen ich keine Ahnung hatte.
»Du steckst in Schwierigkeiten, Rachel.«
»So kann man es wohl nennen.«
Er machte einen Schritt auf mich zu. Unwillkürlich wollte ich weiter zurückweichen, der Waschtisch bremste mich jedoch und zwang mich, zur Seite auszuweichen.
Akashiel blieb stehen und hob die Hände. »Ich tu dir nichts.« Er strich sich über das kantige Kinn. »Ich weiß, dass du wütend auf mich
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