Rebellion Der Engel
Straße runter war, konnte ich mir in Ruhe überlegen, was ich jetzt tun sollte.
Ich ließ noch eine Viertelstunde verstreichen, während der mein Blick wie festgezimmert auf der Straße hing, bevor ich es wagte, mein Versteck zu verlassen und auf die Interstate zu fahren.
Unterwegs kam ich an mehreren Ortschaften vorbei, in denen ich bestimmt eine Unterkunft gefunden hätte, ich zog es jedoch vor, in die Stadt zu fahren, weil ich hoffte, in der dort herrschenden Anonymität leichter untertauchen zu können.
Ich folgte der I-5 nach Seattle hinein, mittlerweile war es dunkel geworden, und verließ sie auf Höhe der Madison Avenue, in der Nähe des Stadtzentrums. Es dauerte nicht lange, bis ich ein Hotel fand, das zum einen erschwinglich aussah und zum anderen über eine Tiefgarage verfügte, in der ich den Mustang verschwinden lassen konnte.
Ich fuhr den Wagen in die Garage und suchte mir einen Stellplatz, der nahe am Treppenhaus und den Aufzügen war, falls ich überstürzt aufbrechen musste.
Sobald ich den Motor abgestellt hatte, griff ich nachmeiner Handtasche. Ich musste mich vergewissern, dass Amber in Sicherheit war. Nicht auszudenken, wie sie sich fühlen musste, nachdem mich ausgerechnet ihr Freund angegriffen hatte.
Ich fischte das Handy aus der Tasche und drückte die Kurzwahltaste, unter der Ambers Nummer gespeichert war. Sie musste ihr Telefon in der Hand gehalten haben, denn sie ging gleich nach dem ersten Klingeln ran.
»Rachel? Ist alles in Ordnung?« Die Verbindung war nicht die Beste, sodass ich mich auf ihre Worte konzentrieren musste.
»Alles klar.« Ich zwang mich, aus meiner Stimme das Beben zu verbannen, das meinen Körper erfasste, nachdem mein Adrenalinspiegel langsam wieder absank. Ich begann so heftig zu zittern, dass ich das Mobiltelefon mit beiden Händen umfassen musste.
»Wo bist du?«
Ich schüttelte den Kopf. Als mir bewusst wurde, dass sie das nicht sehen konnte, sagte ich: »Es ist besser, wenn du das nicht weißt.« Meine Güte, ich klang schon wie eine Figur aus einem Thriller. »Was ist mit dir?« Ich war mir ziemlich sicher, dass Nate und Lea es nur auf mich abgesehen hatten, trotzdem machte ich mir Sorgen um sie. »Hast du einen sicheren Unterschlupf ?«
»Ja, aber es ist besser, wenn du das nicht weißt.« Es war ein lahmer Witz, dem jeder Humor abging, aber ich wusste ihren Versuch, mich aufzuheitern, zu schätzen. Nachdem sie gerade ihren Freund verloren hatte, brauchte sie mindestens genauso viel Aufmunterung wie ich, nur dass mir die erheiternden Sprüche im Augenblick ausgegangen zu sein schienen.
»Hey«, erklang eine vertraute männliche Stimme aus dem Hintergrund. »Sprichst du mit Rachel? Grüß sie von mir!«
»Du bist bei Steve?«
»Im Ferienhaus seiner Tante«, sagte Amber.
»Am Deer Lake?«
»Noch sind wir auf der Fähre, aber wir legen jeden Moment auf Whidbey Island an.«
»Weiß Steve …? Hast du …?«
Amber schwieg einen Moment. Als sie zu sprechen begann, klang ihre Stimme gepresst. »Ich habe ihm gesagt, dass ich einen schlimmen Streit mit Nate hatte und dass ich Abstand brauche. Außerdem habe ich ihm eingeschärft, weder Nate noch Lea zu sagen, wo ich stecke.«
Das sollte genügen.
»Was wirst du jetzt tun, Rachel?«
»Ich weiß es noch nicht. Aber sobald ich einen Plan habe, rufe ich wieder an. Okay?«
»Sicher.«
Wie konnte ein einziges Wort nur so traurig klingen?
»Es tut mir leid«, flüsterte ich.
»Dass mein Freund ein mieses Schwein ist, das es darauf abgesehen hat, dir etwas anzutun?«
»Dass ich jetzt nicht bei dir sein kann.«
Amber schnaubte, doch es klang mehr wie ein Schluchzen. »Wir arbeiten das später zusammen auf«, sagte sie tonlos. »Tonnenweise Eiscreme, alte Filme und jede Menge Taschentücher. Jetzt ist es erst einmal wichtig, dass dir nichts passiert. Melde dich, ja?«
»Versprochen.«
Ich legte auf, warf das Mobiltelefon zurück in die Handtasche und stieg aus.
Das Glück war mir zur Abwechslung einmal hold, das Hotel war nicht ausgebucht, sodass ich problemlos ein Zimmer anmieten konnte – natürlich unter falschem Namen.
An der Rezeption war nichts los, sodass es keine zweiMinuten dauerte, bis ich mit der Zugangskarte für mein Zimmer in der Hand im Aufzug stand und den Knopf für den zwölften Stock drückte.
Im Zimmer angekommen, drückte ich die Tür hinter mir ins Schloss und legte den Riegel vor. Nur zu gern hätte ich mir eingeredet, in Sicherheit zu sein. Ich bezweifelte jedoch, dass es
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