Rebellion Der Engel
Verankerung. Akashiel schleuderte den Deckel zur Seite. Befreit vom Metall, befanden sich seine Kräfte wieder im freien Fluss und er war zurück in seinem Apartment, noch ehe der Deckel den Boden berührte.
Die Hand in die Seite gepresst, sah er sich in seinem Wohnzimmer um. Es war verlassen.
»Rachel?«
Stille.
Er rief noch mal nach ihr, und als er auch dieses Mal keine Antwort erhielt, suchte er einen Raum nach dem anderen nach ihr ab. Ohne sie zu finden. Er tastete nach ihrem Geist. Nichts. Die Suche nach ihrer Signatur führte ihn zu einem Schleier, der nicht der seine war. Ein Schleier, den er – so sehr er es auch versuchte – nicht durchdringen konnte. Doch es war kein anderer Engel, der diese Mauer errichtet hatte. Es war Rachel selbst gewesen und er – Akashiel – hatte sie dazu gebracht, es zu tun.
Du musst lernen, dich selbst zu schützen.
»Ich verdammter Idiot!«
Er hatte sie auf diese Weise schützen wollen und jetzt konnte er ihr ausgerechnet deswegen nicht zu Hilfe eilen.
Gelähmt vor Entsetzen, lehnte er sich gegen die Wand und rutschte langsam daran entlang zu Boden. Als er die Beine anzog, drückte ihm das Handy in seiner Hosentasche gegen den Schenkel. Das Piepen! Es hatte nichts mit seinem dröhnenden Schädel zu tun gehabt, sondern mit einer Nachricht. Akashiel zog das Telefon aus der Tasche und warf einen Blick auf das Display. Zwei Anrufe in Abwesenheit. Beide von Rachel. Seine Finger hinterließen blutige Abdrücke auf dem Gehäuse, als er die Nummer drückte, um die Mailbox abzuhören.
35
D er Fluss der Zeit verlangsamte sich zu einem zähen Strom.
Wie in Zeitlupe glitt Amber dem Boden entgegen. In einer fließenden Bewegung, deren Langsamkeit eine geradezu tänzerische Anmut innewohnte, zog Nate die Klinge aus ihrem Fleisch. Blut spritzte. Ein tödlicher Regen, der in roten Tropfen auf den Boden fiel. Geräusche erreichten mein Gehör nur dumpf, überlagert von einem nicht enden wollenden schrillen Ton, von dem ich glaubte, dass er meinen Schädel zum Platzen bringen würde, wenn er nicht endlich verstummte.
Amber schlug auf dem Beton auf. Ihr Körper federte noch einmal nach oben, ein letztes Aufbäumen gegen die Gewalt, die ihm angetan worden war. Dann lag sie still, das Haar über ihr Gesicht gebreitet wie ein Schleier.
Die Zeit nahm ihren gewohnten Fluss wieder auf.
Die schrillen Töne waren jetzt näher und so laut, dass ich versucht war, mir die Ohren zuzuhalten. Ich hob schon die Hände, als ich begriff, dass es meine eigenen Schreie waren, die mich fast um den Verstand brachten.
Ich schloss den Mund und die Lagerhalle erstarrte in Stille.
Amber! Während mein Verstand noch zu erfassen versuchte, was geschehen war, setzten sich meine Beine bereits in Bewegung. Ich rannte zu ihr und ließ mich neben ihr auf die Knie fallen. Vorsichtig legte ich ihr eine Hand auf die Schulter. Ihre Haut fühlte sich warm unter meinen Fingern an, doch das Leben strömte aus ihrem Körper mit jedem schwächer werdenden Herzschlag und breitete sich in Form einer dunkelroten Lache über dem Beton aus.
So viel Blut.
Viel zu viel.
»Amber?« Ich strich ihr das Haar aus dem Gesicht, um ihr in die Augen zu sehen. Ihre Lider flatterten und standen dann still, die Augen darunter ins Nichts gerichtet. »O Gott, Amber.«
Sie atmete nicht mehr.
Das konnte nicht sein! Es durfte nicht sein. Ich drehte sie herum und presste meine Hände auf die Wunde in ihrer Seite, um zu verhindern, dass noch mehr Blut aus ihr herausfloss. Dass das Herz nicht mehr pumpte und nur noch wenig Lebenssaft aus der Wunde rann, wollte ich nicht wahrhaben. Warm sammelte sich ihr Blut zwischen meinen Fingern, doch ich glaubte zu spüren, wie es bereits abkühlte.
Mein Verstand setzte aus. Alles, woran ich noch denken konnte, war, dass sie meinetwegen ihr Leben lassen musste – für eine Sache, mit der sie nicht das Geringste zu tun hatte.
Meinetwegen.
Tränen füllten meine Augen und raubten mir mehr undmehr die Sicht. Ich presste meine Handflächen fest gegen ihren Brustkorb, ein hoffnungsloser Versuch, die Blutung zu stillen.
»Komm schon, Amber«, flüsterte ich. »Tu mir das nicht an!«
Sie atmete nicht mehr.
Ohne meine Hände zurückzuziehen, schloss ich die Augen. Schlagartig erfüllte mich eine innere Ruhe, wie ich sie noch niemals zuvor empfunden hatte. Die einzigen Geräusche, die noch zu mir durchdrangen, waren mein eigener Herzschlag und mein Atem, der ruhiger und ruhiger wurde. Ich fühlte den Strom
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