Rebellion Der Engel
schloss sie die Tür wieder, verriegelte sie mit einem Metallbolzen und blieb hinter mir stehen. Die einzige Lichtquelle im Innern der riesigen Lagerhalle war das gedämpfte Tageslicht, das träge durch die Ruinen der Fenster sickerte. Staub flirrte durch die Luft und blieb in den Spinnweben hängen, die überall von den Decken hingen. Im Zentrum der leeren Halle stand Nate. Er hielt einen Arm um Amber geschlungen, in der anderen Hand blitzte eine Messerklinge. Amber hing mehr in Nates Griff, als sie aus eigener Kraft zu stehen schien. Blut rannihr aus einer Platzwunde an der Schläfe über das Gesicht, ihr unsteter Blick zuckte mal hierhin, mal dorthin.
»Ich bin jetzt hier«, sagte ich mit aller Ruhe, die ich aufbringen konnte. »Du kannst sie gehen lassen.«
Nate verzog die Lippen zu einem Grinsen. Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, sah ich das Monster, das sich hinter der oberflächlichen Schönheit verbarg. Dieser Kerl sollte ein Engel sein? Selbst Kyriel schien freundlicher – und der war ein Diener der Hölle. Er warf einen Blick auf Amber und strich ihr mit der Hand über die Wange. »Dich brauchen wir dann wohl nicht mehr.«
Er stieß ihr das Messer von der Seite ins Herz und ließ ihren Körper zu Boden fallen.
34
E in lästiges Piepen durchdrang die Bewusstlosigkeit, in die Akashiel abgetaucht war, und holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Er lag zusammengerollt auf dem Boden. Sein Schädel dröhnte, worin er die Ursache des Pieptons vermutete, und in seiner Seite kämpfte ein pochender und ein brennender Schmerz um die Vorherrschaft.
Rachel!
Der Gedanke an sie durchfuhr ihn wie ein heißer Blitz. Er setzte sich auf und prallte mitten in der Bewegung mit dem Kopf gegen etwas. Erst jetzt öffnete er die Augen – und sah nur Finsternis.
Er hob die Hand über den Kopf und traf, nicht einmal eine Armlänge entfernt, auf eine kühle, leicht aufgeraute Oberfläche. Dieselbe Oberfläche umgab ihn von allen Seiten. Kyriel hatte ihn in eine Kiste gesperrt.
Dieser Narr!
Sein Gefängnis war so klein, dass er mit angewinkelten Knien darin kauern musste. Akashiel drückte gegen den Deckel, er bewegte sich ein Stück, weit genug, um ihn einen feinen Streifen Licht erkennen zu lassen, der durch die Ritzen drängte, aber nicht weit genug, um sich öffnen zu lassen.
Abgeschlossen.
Zumindest fühlte er sich inzwischen ein wenig kräftiger, sein Körper hatte die Bewusstlosigkeit genutzt, um die Heilung voranzutreiben.
Es würde genügen.
Er schloss die Augen, richtete seine Gedanken auf sein Apartment und versetzte sich dorthin. Das heißt: Er wollte sich dorthin versetzen. Etwas unterbrach den Strom der Energie und ließ ihn im Nichts versickern, statt Akashiel an sein Ziel zu bringen.
Metall. Seine Fingerspitzen folgten der feinen Riffelung der Oberfläche. Eine Kühltruhe. Kyriel hatte ihn in eine verdammte Stahltruhe gesperrt! Das Eisen in der Legierung unterdrückte seine Fähigkeiten und verhinderte, dass er seinem Gefängnis mit der Kraft eines Gedanken entfliehen konnte.
Er stieß einen ausgesprochen unheiligen Fluch aus und stemmte sich mit aller Kraft gegen den Deckel. Sengender Schmerz fraß sich, einer Stichflamme gleich, durch seine Seite. Trotzdem hörte er nicht auf, seine Hände gegen das Metall zu pressen. Der Deckel hob sich, wurde jedoch nach ein paar Zentimetern von etwas gebremst, das ein Bolzen oder ein Vorhängeschloss sein konnte. Akashiel versuchte es noch einmal. Ohne Erfolg. Trotzdem ließ er nicht locker. Um eine bessere Hebelwirkung zu erreichen, verlagerte er seine Position, bis sein Oberkörper flach auf dem Boden lag, und zog die Knie noch ein Stück weiter an. Sobald ergenug Halt hatte, drückte er mit den Füßen gegen den Deckel. Wieder und wieder stemmte er sich dagegen, bis er glaubte, eine erste Verformung zu spüren. Der Stahl war nicht dick, nur eine dünne Schicht, eingearbeitet in den Kunststoff, aus dem diese Truhen zumeist bestanden – dick genug, um ihn am Einsatz seiner Kräfte zu hindern, aber längst nicht ausreichend, um ihn dauerhaft gefangen zu halten.
Immer wieder presste er seine Beine gegen den Deckel. Den tobenden Schmerz in seiner Seite ignorierend, machte er immer weiter. Was auch immer die Truhe verschlossen hielt, war vielleicht stark genug, seinen Versuchen zu widerstehen. Die Scharniere, die den Deckel auf der anderen Seite an seinem Platz hielten, waren es nicht. Mit einem Ächzen gaben sie nach und sprangen schließlich aus ihrer
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