Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
Vom Netzwerk:
nicht, sondern stand einfach nur da, als wäre sie aus Dunkelheit gemeißelt.
    Je länger ich sie anstarrte, desto unentschlossener war ich, was ich seltsamer finden sollte: den Umstand, dass ein geflügeltes Wesen, das wie ein Engel aussah, in meinem Garten stand, oder die Tatsache, dass dieses Wesen Jeans trug?
    Da das Wesen dieses Mal anscheinend nicht einfach verschwinden würde, lag es wohl an mir, den nächsten Schritt zu tun. Obwohl mir der Gedanke an einen schnellenRückzug durchaus verlockend erschien, entschied ich mich letztlich doch für die Flucht nach vorn.
    »Wer bist du?« Meine Stimme hätte fest und entschlossen klingen sollen – immerhin war ich diejenige mit der Pistole in der Hand –, doch sie hörte sich atemlos und zittrig an und strafte die Sicherheit, die mir die Waffe geben sollte, Lügen.
    »Ich bin dein Schutzengel.«
    Sanft gesprochene Worte, die mir beinahe den Boden unter den Füßen wegzogen. Nur zu gut erinnerte ich mich an die Zeit nach Moms Tod. Die endlosen Nächte, in denen ich um einen Engel gebetet hatte, der nie gekommen war. Es hätte mich glücklich machen sollen, dass meine Gebete nach all den Jahren doch noch erhört worden waren, aber alles, was ich verspürte, war Wut. Sein Timing war wirklich beschissen. Engel mochten göttliche Geschöpfe sein, denen man womöglich wie allem Kirchlichen mit Ehrfurcht und Respekt zu begegnen hatte. Ich für meinen Teil hatte meine spirituelle Karriere beendet, als die Engel beschlossen hatten, mich mir selbst zu überlassen.
    »Du kommst zu spät«, zischte ich. »Ich brauche dich nicht mehr. Verzieh dich aus meinem Garten und komm nie wieder hierher!« Da ich nicht sicher war, ob ich mit einem höheren Wesen fertig werden würde, verzichtete ich vorsichtshalber darauf, eine Drohung auszustoßen, was ich mit ihm anstellen würde, wenn er sich weigern sollte, zu verschwinden.
    Unglücklicherweise überhörte er meine unausgesprochene Drohung nicht. »Und was ist, wenn ich nicht gehe?« Er klang nicht wütend, wie ich es an seiner Stelle gewesen wäre. Vielmehr glaubte ich, Neugier aus seinem Tonfall herauszuhören.
    »In diesem Fall kann ich dich nur warnen.« Ich suchtenach Worten, die bedrohlich genug klangen, um ihm meine Entschlossenheit zu zeigen. Alles, was mir einfiel, war: »James Holloway High. Abschlussjahr. Mrs Kellermans Selbstverteidigung für Mädchen. Und jetzt schnapp dir deine Harfe und schwing dich zurück auf deine Wolke!«
    Das Wesen gab einen Laut von sich, der verdächtig nach einem Lachen klang. »Wenn Mrs Kellermans Wissen dir einmal nicht mehr weiterhelfen kann, wende dich an eine andere Instanz.«
    Dann war er verschwunden. Ich hatte nicht geblinzelt, er war einfach von einem Moment auf den anderen nicht mehr da. Ich war versucht, nachzusehen, ob er tatsächlich fort war, und falls ja, ob er Spuren hinterlassen hatte. Da ich jedoch fürchtete, dass er zurückkehren könnte, zog ich mich ins Haus zurück, verriegelte die Tür hinter mir und drehte noch einmal eine Runde, um zu überprüfen, ob wirklich alle Fenster verriegelt waren. Auch in dieser Nacht schlief ich mit der Pistole auf dem Nachttisch.

10
    A kashiel saß auf dem Dach von Rachels Haus und kochte vor Wut.
    Nachdem die Sache im Restaurant gestern so gründlich schiefgegangen war und er keine Gelegenheit mehr bekommen hatte, mit ihr zu sprechen, da ihre Freundin in den Waschraum gekommen war, hatte er beschlossen, einen weiteren Versuch zu unternehmen – und damit alles nur noch schlimmer gemacht.
    Du meine Güte, sie hatte ihn sogar für ein Gespenst gehalten und das nur, weil er mit seinem stofflichen Körperauf eine andere Ebene ausgewichen war, um nicht gegen den verdammten Mülleimer zu stoßen. Dabei war er ebenso real wie die Menschen. Er aß, schlief und atmete. Sein Herz schlug und pumpte warmes Blut durch seine Adern. Es war kein Zufall, dass er so viel mit den Menschen gemein hatte – der Chef hatte sie schließlich nach dem Abbild der Engel erschaffen, nur ohne deren besondere Fähigkeiten. Und diese Fähigkeiten hatten ihn in Rachels Augen zum Gespenst werden lassen.
    Als er an ihrer Tür klingelte, hatte er nicht die geringste Vorstellung gehabt, was er ihr sagen sollte. Vielleicht war das das Problem. Wie sollte er sie davon überzeugen, dass er ihr nichts Böses wollte, wenn er ihr nicht offenbaren durfte, wer er war und warum er bei ihr auftauchte? Anstelle einer Erklärung hatte er sie nach Veränderungen gefragt. Es musste welche

Weitere Kostenlose Bücher