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Rebellion Der Engel

Rebellion Der Engel

Titel: Rebellion Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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ich eine Seite umblätterte. Schließlich entschied ich, dass mein Soll an Horror für heute erfüllt war, legte das Buch zur Seite und sah mir noch eine alte Folge von Dr. House an, bevor ich nach oben ging und nach einer ausgiebigen Dusche ins Bett kroch. Ich startete einen weiteren Versuch, noch ein wenig zu lesen, konnte mich jedoch nicht recht konzentrieren, da ich noch immer auf jedes Geräusch lauschte. Als die angelehnte Tür knarrend aufschwang, fuhr ich hoch. Einen Wimpernschlag später plumpste etwas dumpf auf die Bettdecke und Popcorn saß vor mir.
    Mit Herzrasen starrte ich den Kater an.
    »Das Haus ist nur gemietet«, sagte ich, nachdem ich mich wieder ein wenig beruhigt hatte. »Du kannst es nicht erben. Es ist also sinnlos, mich zu Tode zu erschrecken.«
    Ich glaubte wirklich, dass er die Augen verdrehte.
    Der Typ ist wieder da, sagte er in seinem Tonfall, der wie ein Schnurren klang.
    »Welcher Typ?«
    Der Unsichtbare.
    Als er mir das erste Mal vom geheimnisvollen Unsichtbaren erzählte, hatte ich ihn für durchgedreht gehalten. Nach meiner Begegnung mit diesem Ash jedoch war ich mir nicht mehr so sicher, ob Popcorn nicht womöglich doch recht hatte. Niemand kann mich sehen, wenn ich es nicht will, hatte Ash zu mir gesagt. Nur, dass ich ihn aus einem ihm scheinbar unerklärlichen Grund doch sehen konnte. Und jetzt stand er in meinem Garten und beobachtete mein Haus. Offenbar nicht zum ersten Mal.
    Ich schlug die Decke zurück und stand auf. Ich war schon auf halbem Weg zum Fenster, als ich Popcorn hinter mir sagen hörte: Er ist bei der Weide.
    Vom Schlafzimmerfenster aus konnte ich lediglich jenen Teil des Gartens überblicken, der zur Straße hinausging. Die Weide lag zu weit links, als dass ich sie hätte sehen können, ohne das Fenster zu öffnen und mich weit nach draußen zu recken. Fluchend und mit der Pistole in der Hand stürmte ich aus dem Schlafzimmer.
    Dem Kerl würde ich helfen!
    Ich lief die Treppen nach unten, erfüllt von einer Wut, die all meine Angst ausgelöscht hatte. Wie konnte er es wagen, derart in mein Leben, meine Privatsphäre einzudringen? Nachdem ich seine Visitenkarte gefunden hatte, war ich bereit gewesen, noch einmal darüber nachzudenken, ob er mir nicht womöglich doch helfen konnte. Jetzt aber, da ich wusste, dass er sich wie ein Stalker in meinem Vorgarten herumdrückte, kam das nicht mehr infrage.
    Unten angekommen entriegelte ich die Haustür und trat auf die überdachte Veranda. Dann sah ich ihn und jeder Gedanke an Ash McCray war vergessen.
    Der Schwarze Engel, den ich schon zwei Mal zu sehen geglaubt hatte, stand mit halb ausgebreiteten Schwingen im Schatten der Trauerweide, reglos wie eine Statue. Er sah ziemlich echt aus, trotzdem wollte ich sichergehen, dass ich ihn mir nicht einbildete. Ich hätte auf das Wesen schießen können, womöglich auch schießen sollen, doch abgesehen davon, dass ich Hemmungen hatte, auf etwas zu ballern, was keine Blechdose oder Zielscheibe war, würde ein Schuss die ganze Nachbarschaft in Aufruhr versetzen und es würde mich einige Mühe kosten, die Leute wieder zu beruhigen. Statt also meine Waffe anzulegen, hob ich den faustgroßen Stein auf, den ich im Sommer benutzte, um die Tür offen zuhalten und frische Luft ins Haus zu lassen. Ich bezweifelte sowieso, dass ich mich in nächster Zeit bei offener Türe in meinem Haus aufhalten wollte.
    Ich zielte und warf.
    Das Geschoss traf ins Schwarze.
    Die geflügelte Kreatur zuckte und rief: »Hey, lass das!«
    Sie war real.
    Plötzlich war ich nicht sicher, was besser war: Halluzinationen zu haben oder dieses Wesen in meinem Vorgarten zu haben, das verflixt echt war. Es war seltsam. Je länger ich auf die Schatten starrte, in denen es sich verbarg, desto besser konnte ich es erkennen. Doch das hatte nichts damit zu tun, dass sich meine Augen allmählich an die Dunkelheit gewöhnten. Es war vielmehr, als könne mein Blick die Finsternis aufweichen und die Farben zurückholen, die der schwindende Tag mit sich genommen hatte. Was ich sah, war ein unglaublicher Anblick. Ein schwarz gefiederter Engel in dunklen Jeans, mit nacktem, muskelbepacktem Oberkörper. Nur das Gesicht konnte ich nicht erkennen, es blieb im Schatten der Äste verborgen.
    Ich erwartete, dass die Kreatur verschwand, so wie sie vergangene Nacht verschwunden war, nachdem ich sie auf meinem Dach bemerkt hatte. Doch so oft ich auch blinzelte, dieses Mal löste sie sich nicht einfach in Luft auf. Sie bewegte sich auch

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