Rebellion Der Engel
gestand ich und brachte es dabei nicht über mich, den Blick von meiner Tasse zu heben. »In letzter Zeit häufen sich die seltsamen Ereignisse.«
»Seit dem Unfall?«
Ich sah auf. »Woher …?«
»Sehen Sie mich nicht so misstrauisch an, Rachel. So etwas spricht sich herum. Viele Ihrer Kunden sind sozusagen auch meine Kunden. Wenn Sie wüssten, was ich von meinen Gemeindemitgliedern so alles erzählt bekomme – und das, obwohl ich erst seit ein paar Wochen hier bin. Wir leben eben in einer richtigen Kleinstadt.« Er beugte sich zu mir herüber und fügte ein wenig leiser hinzu: »Bei einigen Dingen wäre es mir allerdings lieber, wenn ich sie niemals gehört hätte.«
Mein Misstrauen verflog ebenso schnell, wie es gekommen war. Ich wusste nicht einmal, warum ich so empfindlich regiert hatte. Vermutlich lag es daran, dass dieses ganze Unfallthema im Moment einfach mein wunder Punkt war. Etwas, worin ich den Auslöser für all meine derzeitigen Probleme sah.
Als er über den Tisch hinweg nach meiner Hand griff, hätte ich sie um ein Haar erschrocken zurückgezogen, so sehr überraschte mich die Geste. Meine Finger zuckten schon und es gelang mir gerade noch, mich zum Stillhalten zu zwingen.
Zum ersten Mal war jeder Anflug von Humor aus seinen Zügen verschwunden. »Wenn Sie dieser Stimme vertrauen«, sagte er ernst und drückte meine Finger in einer aufmunternden Geste, »dann wüsste ich nicht, warum Sie nicht auf sie hören sollten.«
»Aber …«
»Auch wenn diese Stimme letztlich nur aus Ihnen selbst käme«, traf er zielsicher den Punkt, den ich gerade zu bedenken geben wollte, »dann entspringt sie zumindest Ihrem Unterbewusstsein, das versucht, Sie zu leiten und Ihnen den Weg zu zeigen. Wie ein Schutzengel. Sollte es aber tatsächlich die Stimme eines Engels sein …«
»Dann was?«
»Dann wäre ich gern der Erste, der es erfährt.«
Seine letzten Worte überzeugten mich davon, dass er an Engel glaubte. Er mochte es nicht offen zugeben und lieber auf Erklärungen wie das Unterbewusstsein zurückgreifen, doch tief in seinem Herzen war er wohl davon überzeugt, dass Engel wirklich existierten. Oder er wünschte es sich zumindest.
»Versprochen.« Ich trank meinen Kaffee aus und stand auf. »Ich muss jetzt los, aber vielen Dank. Auch wenn sichdas komisch anhört, aber Sie haben mir wirklich geholfen.« Ich würde mich auf Akashiel einlassen und sehen, wohin mich das führte – sofern er sich noch einmal meldete.
Kyle begleitete mich zur Tür. Auf der Schwelle blieb ich stehen, um mich zu verabschieden, als er sagte: »Nichts im Leben geschieht ohne Grund, Rachel. Auch wenn manches merkwürdig oder verwirrend erscheinen mag, bin ich davon überzeugt, dass alles früher oder später einen Sinn ergeben wird.«
»Danke«, sagte ich noch einmal.
Er lächelte. »Vergessen Sie bitte nicht das Grillfest am Samstag.«
»Ich werde sehen, ob es sich einrichten lässt.«
Mit einem Winken wandte ich mich ab, ging über den Kiesweg davon und verließ das Friedhofsgelände. Auf dem Weg nach Hause beschloss ich, einen Versuch zu wagen, zu Akashiel Kontakt aufzunehmen. Ich rief seinen Namen – genau genommen murmelte ich ihn gerade so laut, wie ich es wagte, ohne die Aufmerksamkeit der Passanten in meiner Umgebung auf mich zu ziehen.
»Akashiel? Kannst du mich hören?«
Ich bekam keine Antwort.
In der Hoffnung, ihn erreichen zu können, versuchte ich mir seine Stimme und die Schwingungen ins Gedächtnis zu rufen, die seine Anwesenheit bei mir hinterlassen hatte.
»Akashiel? Hallo?«
13
A kashiel saß in seinem Arbeitszimmer am Laptop. Er hatte seine Post durchgesehen, sich einen Überblicküber die neu eingegangenen Aufträge verschafft und war jetzt dabei, einen Bericht über einen Auftrag zu verfassen, den er heute Nachmittag erledigt hatte. Seine Gedanken jedoch wanderten immer wieder zu Rachel, sodass er schon zum x-ten Mal den letzten Satz löschte, den er getippt hatte. Mehr als fünf Zeilen standen bisher ohnehin nicht auf dem Bildschirm und der Cursor blinkte vorwurfsvoll, als wolle er sagen: Sieh zu, dass du fertig wirst!
Mit einem frustrierten Seufzer schob er den Laptop von sich, lehnte sich zurück und legte die Beine auf den Schreibtisch. Die Kaffeetasse stand leer neben dem Ablagekorb, aber er hatte ebenso wenig Lust, in die Küche zu gehen und sich frischen Kaffee zu holen, wie darauf, diesen verdammten Bericht zu schreiben.
Der Chef wusste nicht, wie viel Zeit er bei Rachel verbrachte,
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