Rebellion des Herzens
Sie zurück in den Norden gehen. Pa könnte es vielleicht als einen Mordsspaß ansehen, Ihnen auf diese Weise Ihren wohlverdienten Lohn zu verschaffen.«
Cassie ignorierte seinen auf Hochtouren laufenden Humor. »Kann ich nun darauf zählen, in Ruhe gelassen zu werden?«
»Von Pa? Vielleicht. Was Morgan angeht, bin ich mir da allerdings nicht so sicher, denn er hat Ihnen die Geschichte über Ihren Freund da geglaubt. Habe ihn nicht mehr so wütend gesehen, seit Clay nach Hause gekommen ist, um uns zu sagen, was er angerichtet hatte – und welche Rolle Sie in der Sache gespielt haben. Mit den Catlins ist das natürlich etwas ganz anderes, nicht wahr?«
Mit einem letzten, höchst verletzenden Kichern tippte Frazer an seinen Hut und ritt davon. Cassie stand plötzlich der schrecklichen Tatsache gegenüber, daß sie wieder einmal mit Angel allein war. Nach dem, was sie ihm gerade angetan hatte – o Gott, die Ungeheuerlichkeit ihrer Tat, die Unverschämtheit –, fragte sie sich, ob sie nicht einfach ins Haus rennen und ihm die Tür vor der Nase zuschlagen könnte. Nein, sie schuldete ihm zuerst eine Entschuldigung – dann würde sie hineinrennen und die Tür zuschlagen.
Sie wirbelte herum, nur um ihn direkt hinter ihrer rechten Schulter zu finden, zu nahe, viel zu nahe unter den gegebenen Umständen. Also fing sie an, Schritt für Schritt rückwärts zu gehen, über die ganze Länge der Veranda, weg von der Tür, was sie nicht ändern konnte, da er nicht stehenblieb, wo er war, sondern ihr langsam folgte. Er sah nicht wütend aus, aber in der Art, wie er sich an sie heranpirschte, lag bedrohliche Entschlossenheit. Ihr Herz hämmerte zum Zerspringen, so wie vorhin, als sie ihm in ihrer Verwirrtheit diesen Kuß gegeben hatte.
»Es tut mir leid.« Ihre Worte klangen wie ein Piepsen, und sie fügte eilig hinzu: »Das mit Ihrem Fuß tut mir wirklich leid. Ich wollte nicht … nun ja, ich wollte schon … ich hätte es natürlich nicht tun dürfen. Aber wenn sie herausgefunden hätten, wer Sie sind … Ich hatte Angst, es würde alles nur noch schlimmer machen. Und …«
Sie keuchte, als sie mit dem Rücken gegen das Seitengeländer stieß, das ihren Rückzug unerbittlich beendete. Aber er kam weiter auf sie zu, bis er direkt vor ihr stand, bis sich sein Körper, zumindest die untere Hälfte davon, gegen den ihren preßte. Sie lehnte sich zurück und versuchte sich so weit wie möglich über das Geländer zu recken, um etwas Abstand von ihm zu haben, wenn auch nur ein bißchen.
Seine Hände fielen links und rechts von ihr klatschend auf das Geländer, und es bereitete ihm offensichtlich Mühe zu sprechen: »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß man mich hier unten nicht kennt.«
»Sie – Sie können das nicht sicher wissen. Sie wären überrascht zu erfahren, wie leicht ein Ruf wie der Ihre die Runde macht. Es hatte keinen Sinn, das Risiko einzugehen, daß die MacKauleys vielleicht noch nichts von Ihnen gehört haben. Das hätte überhaupt nichts genützt.«
»Und Sie glauben, Ihre Lüge und Ihre kleine Demonstration hätten etwas genützt? Schätzchen, das einzige, was Sie dabei erreicht haben, war, mir zu zeigen, wie süß Ihr Mund schmeckt. Wir müssen das irgendwann noch einmal ohne Publikum versuchen.«
Heiße Röte überflutete ihre Wangen. »Sie sind noch verrückter, als Sie aussehen«, bemerkte sie unglücklich.
»Mein Zeh pocht noch immer, Lady. Ich finde, dafür sind Sie mir etwas schuldig.«
Cassie stöhnte. »Bitte, ich bin bestimmt nicht dafür geeignet, daß Sie Rache an mir nehmen. Sie haben gesehen, wie unzureichend selbst die MacKauleys mich fanden. Und ich hätte Ihnen niemals auf den Fuß getreten – oder das andere getan –, wenn ich Zeit gehabt hätte, darüber nachzudenken. Aber ich bin in Panik geraten. Ich konnte nicht mehr klar denken. Ich hatte Angst …«
»Sie haben immer noch Angst, und das geht mir langsam auf die Nerven. Sie hatten genug Schneid, um es mit drei riesigen Texanern aufzunehmen, von denen zwei teuflisch wütend waren. Ich dagegen bin nur ein Mann.«
»Aber Sie sind ein Killer.«
Sie wünschte wirklich, sie hätte das nicht gesagt. Es klang wie das Läuten einer Todesglocke, ihrer, um genau zu sein, und die anschließende Stille war schauderhaft. Cassie hatte das Gefühl, als hätte sie ihn geschlagen, obwohl sie doch nur eine Tatsache festgestellt hatte. Aber die Gefühle, die sie in seinen Augen zu sehen glaubte …
»Sie meinen, ich würde Ihnen weh tun?«
Die
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