Rebellion des Herzens
Last Keg Saloon am Ende der Straße haften blieb. Wahrscheinlich wollte er einen Drink, war aber nicht bereit, sie lange genug allein zu lassen, um sich diesen Wunsch zu erfüllen. Oder vielleicht wollte er ja auch etwas anderes. In den meisten Saloons von Caully gab es eine Reihe von Frauen, die sowohl unten im Schankraum als auch oben auf den Zimmern arbeiteten.
Bei diesem Gedanken trat ein mürrischer Ausdruck auf Cassies Gesicht, und ihr Ton klang außerordentlich steif, als sie bemerkte: »Ich bin für heute fertig. Und ich kann bestimmt nach Hause kommen, ohne überfallen zu werden oder etwas in der Art, falls Sie noch das eine oder andere in der Stadt zu tun haben.«
»Ich wollte mich eigentlich noch nach Slater erkundigen, da sein Freund Sam mir nicht sagen konnte, wo er hinwollte. Aber das kann warten, bis ich allein hierherkomme.«
Als er das sagte, sah er sie wieder an, so daß er den Mann, der gerade in diesem Augenblick um die Ecke kam, nicht bemerkte. Cassie jedoch bemerkte ihn und öffnete entsetzt den Mund. Wenn man vom Teufel sprach …
»Nun – ich habe etwas vergessen, in dem Laden da«, sagte Cassie schnell. »Wir müssen noch einmal reingehen …«
»Tun Sie das. Ich hole derweil die Pferde.«
»Nein!« Sie griff nach seinem Arm und versuchte, ihn zurück in den Laden zu zerren. »Ich brauche Ihre Hilfe, um …«
Abermals wurde sie unterbrochen, diesmal jedoch von einer Stimme hinter ihnen. »He, Sie!«
Angel drehte sich so schnell um, daß er Cassie mit sich herumwirbelte. Und jetzt konnte sie nichts mehr tun, um ihn davon abzuhalten, Rafferty Slater zu bemerken, der sein Pferd nur wenige Meter von ihnen entfernt zum Stehen gebracht hatte.
»Sie sind Angel?« fragte Rafferty, sobald er abgestiegen und auf den Gehweg getreten war. Angel nickte nur. »Ich habe gehört, Sie suchen mich.«
»Und wer bitte sind Sie?«
»Rafferty Slater.«
Hatte Cassie wirklich geglaubt, Angels Augen zeigten niemals ein Gefühl? Jetzt loderte eine solche Befriedigung darin auf, daß sie ein heißer Schrecken durchfuhr, denn sie kannte den Grund. Aber unerwarteterweise trat ein anderes, noch mächtigeres Gefühl zu ihrer Angst hinzu, der Wunsch, zu schützen und zu verteidigen. So etwas hatte sie noch nie erlebt, und es war ausgesprochen lächerlich. Man konnte sich kaum jemanden vorstellen, der weniger schutzbedürftig war als Angel. Aber ihre Gefühle kannten keine Logik.
Für jemanden, der nicht impulsiv war, gab Cassie ihren Gefühlen erstaunlich schnell nach und wagte sich mitten ins Feuer. »Ich fordere Sie zum Kampf heraus, Rafferty«, sagte sie und machte einen Schritt nach vorn. »Sie wissen, warum.«
Angel gab einen Kraftausdruck zum besten. Rafferty starrte sie einen Augenblick lang ausdruckslos an, bevor er anfing zu lachen. Cassie wünschte wirklich, die Leute würden sie und ihren Colt ein wenig ernster nehmen.
»Ich gebe Ihnen genau eine Sekunde, um sich in Luft aufzulösen«, bemerkte Angel zu ihr gewandt.
Sie warf ihm einen mehr als flüchtigen Blick zu, nur um herauszufinden, ob sein Gesichtsausdruck genauso wütend war wie sein Tonfall. Er war es, und daher sah sie schnell wieder zu Rafferty hinüber, während sie versuchte, vernünftig mit Angel zu reden.
Das tat sie mit Gelassenheit und Logik, was angesichts der Umstände wirklich erstaunlich war. »Ich glaube, Sie sollten mir erlauben, ihn zu erschießen. Ich habe geschworen, daß ich das tun würde, falls er mich je wieder berühren sollte.«
»Dann schwören Sie jetzt lieber etwas anderes. Der da gehört mir.«
»Aber ich bin diejenige, die er gestern nacht angegriffen hat«, erinnerte sie ihn.
Angel nahm ihren Einwand nicht zur Kenntnis, sondern sagte nur: »Gehen Sie zurück in diesen Laden, Cassie.«
»Sie hören mir ja gar nicht zu.«
»Genau. Und jetzt verschwinden Sie endlich!«
Mit einem Befehl wie diesem und einem Arm an ihrem Rücken, der sie wegschob, hätte sie eigentlich gehen müssen, aber sie tat es nicht. Sie rang die Hände und zermarterte sich das Gehirn, wie sie den Showdown zwischen diesen beiden Männern verhindern konnte. Aber Angel tat ihr nicht den Gefallen, ihr die Zeit zu geben, sich etwas auszudenken.
»Das ist eigentlich ganz gegen meine Prinzipien, Slater«, sagte er, als er seinen Mantel wegwarf. »Aber für Sie mache ich eine Ausnahme. Wo wollen Sie es haben, weiter oben auf der Straße oder da, wo Sie jetzt stehen?«
Rafferty wirkte weder beeindruckt, noch im geringsten eingeschüchtert.
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