Rebellische Herzen
weshalb. Sie hielt immer noch seinen Kuss fest.
Kapitel 11
Am nächsten Abend plagten Charlotte immer noch leichte Kopfschmerzen, als sie ins alte Kinderzimmer ging. In Zukunft konnte Adorna ihren Brandy allein trinken, denn Charlotte war überzeugt, dass sie diesen Ausflug mit Wynter niemals unternommen hätte, wenn sie ihre sieben Sinne beisammen gehabt hätte.
Einen erwachsenen Mann erziehen! Und obendrein noch einen wie Wynter. Was konnte Charlotte schon bei ihm erreichen? Ein zivilisierter Mensch zu sein, bedeutete mehr, als nur zu wissen, wann man Handschuhe trägt …
… wie man Schuhe trägt zum Beispiel … sie war wild entschlossen, nicht an seine schönen Füße zu denken.
… oder, dass man nicht jungen Frauen in dunklen Korridoren auf lauerte …
… und ganz besonders bedeutete es, keine persönlichen Bemerkungen darüber zu machen, ob sie seine Mätresse würde … oder seine Frau.
Seine Frau! Charlotte unterdrückte den Drang loszuprusten, wie Wynter geprustet hatte.
Leilas
Vorschlag, ihr Vater sollte ihre Gouvernante heiraten, ließ sich mit Unwissenheit entschuldigen.
Wynter
hingegen war wollüstig.
O ja. Es hatte ein wenig gedauert, aber jetzt hatte sie seinen ruchlosen Plan durchschaut. Dieser außergewöhnliche Mann wollte keine Heirat. Er wollte das Gleiche, was alle Gentlemen von einer halbwegs attraktiven Frau, die unter ihrem Dach lebte, wollten.
Nun, von Lady Charlotte Dalrumple würde er gar nichts bekommen. Sie hatte schon einmal unter Beweis gestellt, dass sie sich nicht kaufen ließ. Wie schade, dass Wynter die Geschichte nicht kannte.
Schade? Sie schüttelte sich. Sie wollte nicht, dass er ihre Geschichte jemals erfuhr. Ungehobelt wie er war, würde er sie ausfragen, und sie vermied es, über ihre schmerzvollen Erlebnisse zu sprechen.
Ungehobelt. ja. Lady Ruskin begriff nicht, was einen Kaminkehrer von einem wahren Gentleman unterschied. Es war das Benehmen. Wynter hatte das falsche Benehmen. Er tat so, als könne er mit einem Bataillon Männer die ganze Welt erobern. Diese Arroganz musste Engländern, die keine Erfahrung mit der wilden See, goldenen Wüsten und kampflustigen Kriegern hatten, einfach auf die Nerven gehen.
Sie hielt einen Augenblick lang an, stützte sich an der Wand ab und kämpfte gegen ihre unsinnige Neigung an, Wynters Abenteuer zu romantisieren. Sie hatte den Kindern offensichtlich zu viele Abenteuergeschichten vorgelesen. Tatsächlich beflügelte der Anblick von Wynters Djellaba ihre Fantasie. Das Gewand hätte natürlich unschicklicher nicht sein können. Locker und frei, ohne die Kleidervorschriften aufgeklärter Nationen.
Als sie die Djellaba zum ersten Mal gesehen hatte, war sie überwältigt, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Nach diesem ersten Schlag hörten ihre Gedanken nicht mehr auf zu wandern. Wie würde es sich anfühlen, des Korsetts entledigt zu sein? Das Tuch nur über den Körper fließen zu lassen? Von dort aus war es nur noch ein kleiner Schritt auf den schlüpfrigen Pfad der Sünde, denn sie stellte sogar Vermutungen darüber an, welche Unterwäsche man unter diesem Gewand trug. Und wenn sie Wynter ansah, dachte sie … nun gut, es spielte keine Rolle, was sie dachte. Solche Fantasien waren zweifellos die Folge ihres übermäßigen Alkoholgenusses.
Nein, kein Brandy mehr für sie.
Sie nahm ihre Schultern zurück und ging weiter in Richtung des alten Kinderzimmers, in dem sie Wynter treffen sollte.
Sie klopfte leise an und als niemand antwortete, trat sie zögernd ein. Das große, geräumige Zimmer war leer und abgesehen von einer Insel des Lichts beim Kamin vollkommen düster. Die Flammen prasselten und Kerzen flackerten auf einem langen, niedrigen Tisch. Er war mit einem sauberen, weißen Tuch gedeckt. Ein paar viereckige Kissen lagen in Haufen über den Boden verstreut, daneben einige sorgsam gefaltete Wolldecken. Unter der sparsamen Möblierung lag ein Teppich, dessen verwickeltes Muster golden, grün und scharlachrot glühte.
In diesem Arrangement fehlte jedoch noch die provozierend lässige, herrschaftliche Gestalt ihres Schülers, also rief sie: »Lord Ruskin?«
Hinter einer fast geschlossenen Tür in der Rückwand erklang seine Stimme: »Willkommen, Lady Miss Charlotte.« Er sprach ihren Namenwarm aus, hüllte jede einzelne Silbe liebevoll in seinen zarten Akzent ein. »Kommen Sie in mein bescheidenes Refugium und schmücken Sie es mit Ihrer erlesenen Gegenwart.«
Sein Tonfall machte sie vergessen, dass sie
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