Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Titel: Rebus - 09 - Die Sünden der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin

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geduckt wieder ins Auto und griff sich das Mikrofon. »Claverhouse, sagen Sie denen, dass sie die verdammten Schlüssel rauswerfen sollen!«
    Frontscheibe vereist; er konnte nichts sehen. Hörte Clarke »Raus da!« schreien. Sah verschwommene weiße Lichter. Der Lastwagen setzte zurück. Mit Vollgas. Mit aufheulendem Motor, irre schlingernd, aber zielstrebig auf das Tor zu. Geradewegs auf ihn zu.
    Eine Explosion: Backsteine flogen von der Fassade des Fabrikgebäudes.
    Rebus ließ das Mikro fallen, blieb mit dem Arm am Sicherheitsgurt hängen. Als er sich losgerissen hatte, hörte er Clarke schreien.
    Eine Sekunde später knallte der Laster krachend gegen das Auto. Dominoeffekt: Clarkes Wagen rollte rückwärts an den nächsten und rüttelte Beamte durch. Die Einfahrt war eine einzige Eisbahn: der Laster schob ein Auto, zwei Autos, dann drei Autos zurück auf die Straße.
    Claverhouse durchs Megaphon, halb am Staub erstickend: »Nicht schießen! Beamte zu nah! Beamte zu nah!«
    Ja, hätte jetzt wirklich nur noch gefehlt, von Scharfschützen unter Beschuss genommen zu werden. Männer und Frauen schlitterten, rutschten aus, stolperten aus ihren Wagen. Manche von ihnen bewaffnet, aber hilflos und verwirrt. Die vom Zusammenstoß eingedellte Hecktür des Lasters flog auf, sieben oder acht Männer sprangen schon rennend heraus. Zwei oder drei von ihnen hatten Pistolen und feuerten je drei, vier Schuss ab.
    Rufe, Schreie, Megaphonplärren. Die Glaswand des Pförtnerhäuschens zerbarst, als eine Kugel sie traf. Rebus konnte Jack Morton nicht sehen... ebenso wenig Siobhan. Er lag bäuchlings auf einem Grasstreifen, die Hände über dem Kopf verschränkt: klassische Demuts-/Verteidigungshaltung, und verdammt nutzlos dazu. Das ganze Gelände war in gleißendes Licht getaucht, und einer der bewaffneten Gangster - Declan aus dem Laden - zielte jetzt auf die Scheinwerfer. Andere Bandenmitglieder waren auf die Straße gelaufen und rannten, was das Zeug hielt. Sie trugen Schrotflinten und Spitzhacken. Rebus erkannte ein paar weitere Gesichter: Ally Cornwell, Deek McGrain. Die Straßenlaternen brannten natürlich nicht, und das gab den Männern die beste Deckung. Rebus hoffte, dass die Reservewagen vom Bauhof im Anmarsch waren.
    Ja, sie bogen gerade um die Ecke, mit aufgeblendeten Scheinwerfern und heulenden Sirenen. An den Fenstern der Mietshäuser wurden Vorhänge aufgezogen, und Hände rieben Gucklöcher in die beschlagenen Scheiben.
    Und direkt vor Rebus, zwei Finger von seiner Nase entfernt, ein dick bereifter Grashalm. Er konnte jeden einzelnen Eiskristall erkennen, die komplexen Muster, die sich gebildet hatten. Aber der Reif schmolz von der Wärme seines Atems rasch dahin. Seine Vorderseite wurde allmählich kalt. Jetzt stürmten die Scharfschützen aus dem Gebäude, das wie eine Schießbude ausgeleuchtet war.
    Und Siobhan Clarke war in Sicherheit: Er konnte sie unter einem Wagen liegen sehen. Braves Mädchen.
    Und eine gleichfalls auf dem Boden liegende Polizeibeamtin war am Knie getroffen worden. Sie fasste da immer wieder hin, zog dann die Hand zurück und starrte auf das Blut.
    Und von Jack Morton war immer noch nichts zu sehen.
    Die Gangster erwiderten das Feuer, ballerten in die Gegend, zertrümmerten Windschutzscheiben. Uniformierte stiegen mit erhobenen Händen aus dem vordersten Einsatzwagen. Vier Gangster stiegen hinein.
    Zweiter Wagen: Uniformierte raus, drei Gangster rein. Keine Windschutzscheiben, aber sie fuhren. Schrien und brüllten, fuchtelten mit ihren Waffen herum. Die zwei verbleibenden Gangster behielten die Nerven. Sie sahen sich aufmerksam um, versuchten die Situation abzuschätzen. Wollten sie da sein, wenn die Scharfschützen kamen? Vielleicht ja. Vielleicht rechneten sie sich auch aus, wie ihre Chancen standen. Schließlich hatten sie bis dahin Glück gehabt. Claverhouse: Je weniger Glück bei der Sache im Spiel ist, desto lieber soll's mir sein .
    Rebus rappelte sich hoch: erst auf die Knie, dann auf die Füße, blieb aber geduckt. Er fühlte sich relativ sicher. Schließlich hatte sein Glück heute auch so weit mitgespielt.
    »Alles klar, Siobhan?« Mit leiser Stimme, die Augen auf die bewaffneten Gangster gerichtet. In den Fluchtwagen saßen insgesamt sieben. Zwei standen noch da. Wo war Nummer zehn?
    »Alles okay«, sagte Clarke. »Und Sie?«
    »Auch.« Rebus schlich sich um den Laster nach vorn. Der Fahrer saß bewusstlos am Lenkrad. Er hatte sich beim Zusammenstoß eine blutende Kopfwunde