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Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Titel: Rebus - 09 - Die Sünden der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Gedanken ganz woanders. Sakiji Shoda hielt sich noch immer in der Stadt auf - ein diskretes Gespräch mit dem Hotelmanager hatte ergeben, dass er am Montag früh abzureisen gedachte. Rebus hätte wetten können, dass Tarawicz und seine Männer sich bereits aus dem Staub gemacht hatten.
    »Sie scheinen sich mollig warm zu fühlen«, sagte Rebus; er spielte auf ihre wattierte Skijacke an. Sie zog eine Hand aus der Tasche, zeigte ihm, was sie darin hielt. Es sah aus wie ein schlankes Feuerzeug. Rebus nahm es ihr aus der Hand. Es fühlte sich warm an.
    »Was zum Teufel ist das?«
    Clarke lächelte. »Hab ich aus einem dieser Kataloge. Ist ein Handwärmer.«
    »Wie funktioniert das?«
    »Mit Feuerzeugbenzin. Eine Füllung reicht für bis zu zwölf Stunden.«
    »Dann haben Sie also eine warme Hand?«
    Sie zog die andere Hand heraus, zeigte ihm eine identische Brennzelle. »Ich hab mir zwei davon besorgt«, sagte sie.
    »Hätten Sie auch gleich sagen können.« Rebus schloss die Finger um den Handwärmer, steckte ihn tief in die Tasche.
    »Das ist nicht fair.«
    »Schreiben Sie es meinem höheren Dienstgrad zu.«
    »Scheinwerfer«, warnte sie. Sie gingen auf Tauchstation, streckten die Köpfe wieder hoch, als das Auto vorbeigefahren war. Falscher Alarm.
    Rebus sah auf seine Uhr. Jack Morton hatte man gesagt, er könne den Laster zwischen halb und Viertel nach zwei erwarten. Rebus und Clarke saßen seit kurz nach Mitternacht im Wagen. Die Scharfschützen auf dem Dach, die armen Schweine, waren seit eins auf ihrem Posten. Rebus hoffte, dass sie einen ausreichenden Vorrat an Brennzellen dabeihatten. Er war noch immer ganz hibbelig von den Ereignissen des Nachmittags. Es passte ihm gar nicht, dass er Abernethy so einen großen Gefallen schuldete; ja vielleicht sogar sein Leben . Er wusste, dass er das leicht durch das Versprechen abgelten konnte, die Ermittlungen im Fall Lintz in Absprache mit Hogan langsam einschlafen zu lassen. Die Vorstellung behagte ihm ganz und gar nicht, aber nun... Der Lichtblick des Tages: Candice hatte sich von Tarawicz abgeseilt.
    Clarks Funkgerät schwieg. Seit vor Mitternacht herrschte absolute Funkstille. Claverhouse'Worte: »Der Erste, der spricht, werde ich sein, verstanden? Wer auch immer vor mir ein Funkgerät benutzt, bekommt den Tritt des Jahrhunderts in den Hintern. Und ich werde keinen Pieps von mir geben, bevor der Laster auf das Werksgelände gefahren ist. Ist das klar?« Allseitiges Nicken. »Sie könnten den Polizeifunk abhören, das ist also wichtig . Wir müssen es richtig machen.« Und wandte, während er das sagte, den Blick von Rebus ab. »Ich wünsche uns allen Glück, aber je weniger Glück bei der Sache im Spiel ist, desto lieber soll's mir sein. Wenn wir uns strikt an den Plan halten, dürften wir in ein paar Stunden Tommy Telfords Bande zerschlagen haben.« Er schwieg einen Moment. »Lassen Sie sich das auf der Zunge zergehen. Wir werden Helden sein.« Er schluckte, als ihm die große Bedeutung des Siegespreises bewusst wurde.
    Rebus schaffte es nicht, so viel Begeisterung aufzubringen. Das ganze Unternehmen hatte ihm eine simple Wahrheit vor Augen geführt: kein Vakuum. Wo es eine menschliche Gesellschaft gab, gab es auch Kriminelle. Keine Welt ohne Unterwelt.
    Rebus wusste, wie wenig seine eigenen Besitztümer -seine Wohnung, seine Bücher und Platten, seine klapprige Karre - wert waren. Und er begriff, warum er sein Leben zu einer bloßen Hülse reduziert hatte: weil er unbewusst erkannt hatte, dass er in allen wichtigen Dingen - Liebe, Beziehungen, Familienleben - gescheitert war. Man hatte ihm vorgeworfen, ein Sklave seines Berufs zu sein, aber das war nie der Fall gewesen. Seine Arbeit hielt ihn nur deshalb aufrecht, weil sie eine bequeme Option war. Er hatte jeden Tag mit Unbekannten zu tun, mit Menschen, die ihm letztlich nichts bedeuteten. Er konnte in ihr Leben eintauchen und es ebenso leicht wieder verlassen. Er bekam die Gelegenheit, anderer Menschen Leben - oder zumindest Teile davon - zu beobachten, mittelbare Erfahrungen zu machen, was nicht annähernd so anstrengend war wie die Realität.
    Sammy hatte ihm diese essenziellen Wahrheiten vor Augen geführt: dass er nicht nur als Vater, sondern überhaupt als Mensch gescheitert war; dass die Polizeiarbeit ihn vor dem Überschnappen bewahrte, dass sie aber ein Surrogat für das Leben war, das er hätte führen können, die Art von Leben, die alle anderen zu führen schienen. Und wenn er von einem Fall besessen

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