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Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Rebus - 09 - Die Sünden der Väter

Titel: Rebus - 09 - Die Sünden der Väter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Sie das Buch gelesen haben.« Er stand auf.
    »Dieser Beamte vom Special Branch... mir scheint sein Name entfallen zu sein...«
    »Ich habe ihn nicht genannt.«
    Levy schwieg einen Moment und sagte dann: »Ah, das erklärt die Sache natürlich. Hält er sich noch in Edinburgh auf?« Rebus schüttelte den Kopf. »Dann ist er also wahrscheinlich auf dem Weg nach Carlisle, ja?« Rebus nahm einen Schluck Kaffee, ohne einen Kommentar abzugeben.
    »Ich danke Ihnen noch einmal, Inspector«, sagte Levy, nicht im mindesten entmutigt.
    »Danke, dass Sie vorbeigeschaut haben.«
    Levy sah sich um. »Ihr Büro«, sagte er und schüttelte den Kopf.
8
    Die Rattenlinie war eine »Untergrundbahn«, die Nazis -manchmal mit Hilfe des Vatikans - vor ihren sowjetischen Verfolgern in Sicherheit gebracht hatte. Das Ende des Zweiten Weltkriegs bedeutete den Beginn des Kalten Kriegs. Man brauchte geheimdienstliche Informationen und dazu intelligente, skrupellose Personen, die über ein gewisses Maß an einschlägigen Fähigkeiten und Kenntnissen verfügten. Es hieß, der britische Geheimdienst habe Klaus Barbie, dem »Schlächter von Lyon«, einen Posten angeboten. Gerüchten zufolge war hochrangigen Nazis die Flucht nach Amerika ermöglicht worden. Erst 1987 veröffentlichte die UNO ihre vollständige, vierzigtausend Namen umfassende Liste nazideutscher und japanischer Kriegsverbrecher.
    Warum war die Liste nicht früher freigegeben worden? Rebus glaubte den Grund zu kennen. Nach der modernen politischen Logik waren Deutschland und Japan Teil der weltumspannenden kapitalistischen Gemeinschaft. In wessen Interesse wäre es gewesen, alte Wunden wieder aufzureißen? Und außerdem - wie viele Gräueltaten hatten die Alliierten ihrerseits zu verbergen? Wer konnte schon einen Krieg führen, ohne sich die Hände schmutzig zu machen? Rebus, der beim Militär groß geworden war, konnte das durchaus nachvollziehen. Er hatte Dinge getan... Er hatte eine Zeit lang in Nordirland gedient, hatte miterlebt, wie Vertrauen missbraucht, Angst durch Hass verdrängt wurde.
    Einem Teil von ihm kam die Existenz der Rattenlinie durchaus glaubhaft vor.
    Das Buch, das Levy ihm gegeben hatte, schilderte, wie eine solche Organisation konkret gearbeitet haben konnte. Rebus fragte sich: War es wirklich möglich, spurlos zu verschwinden, seine Identität zu wechseln? Und dann die immer wiederkehrende Frage: Spielte das alles irgendeine Rolle? Es gab Möglichkeiten der Identifizierung, und es hatten Prozesse stattgefunden - gegen Eichmann, Barbie, Demjanjuk -, während andere noch liefen. Er las über Kriegsverbrecher, die, anstatt vor Gericht gestellt oder ausgeliefert zu werden, wieder nach Hause geschickt und erfolgreiche Geschäftsleute wurden und in gesegnetem Alter starben. Er las aber auch über Verbrecher, die ihre Strafe abgesessen und zu »guten Menschen« geworden waren, Menschen, die sich wirklich geändert hatten. Diese Männer erklärten, der wahre Schuldige sei der Krieg gewesen. Rebus erinnerte sich an eine der ersten Unterredungen, die er mit Joseph Lintz in dessen herrschaftlichem Salon geführt hatte. Der alte Mann war heiser gewesen, hatte einen Schal um den Hals getragen.
    »In meinem Alter, Inspector, kann sich ein einfacher Racheninfekt wie der Anfang vom Ende anfühlen.«
    Es schien nicht viele Fotos im Haus zu geben. Lintz hatte erklärt, etliche seien während des Krieges verloren gegangen.
    »Wie andere Andenken auch. Diese Fotos habe ich allerdings.«
    Er hatte Rebus ein halbes Dutzend gerahmter Aufnahmen aus den Dreißigerjahren gezeigt. Während er erklärte, wer die dargestellten Personen seien, war Rebus plötzlich der Gedanke gekommen: Was, wenn das alles gar nicht stimmt? Was, wenn das hier bloß eine Hand voll alter Fotos sind, die er irgendwo gefunden hat und rahmen ließ? Und die Namen, die Identitäten, die er jetzt den Gesichtern zuordnete - waren sie erfunden? In diesem Augenblick hatte er zum ersten Mal begriffen, wie leicht es sein könnte, ein anderes Leben zu erfinden.
    Und irgendwann im weiteren Verlauf ihres Gesprächs, hatte Lintz zwischen Schlückchen von honiggesüßtem Tee über Villefranche zu sprechen begonnen.
    »Ich habe viel darüber nachgedacht, Inspector, wie Sie sich vorstellen können. Dieser Obersturmführer Linzstek, hatte er an dem Tag das Kommando?«
    »Ja.«
    »Aber vermutlich handelte er auf höheren Befehl. Ein Obersturmführer - er entspricht einem Lieutenant -rangiert nicht besonders hoch in der

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