Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
Hackordnung.«
»Mag sein.«
»Und wenn ein Soldat einen Befehl bekommen hat... nun, dann muss er ihn auch ausführen, richtig?«
»Selbst wenn der Befehl verrückt ist?«
»Trotzdem würde ich sagen, dass die betreffende Person zumindest zur Verübung des Verbrechens genötigt wurde -eines Verbrechens, das sehr viele von uns unter vergleichbaren Umständen ebenfalls verübt hätten. Sehen Sie nicht, wie verlogen es ist, jemandem den Prozess wegen einer Tat zu machen, die man in der gleichen Lage wahrscheinlich auch begangen hätte? Ein Soldat, der allein aus dem Glied tritt... und Nein zum Massaker sagt:
Hätten Sie das gewagt?«
»Das hoffe ich.« Und Rebus dachte an Ulster und an »Mean Machine«...
Levys Buch bewies überhaupt nichts. Rebus erfuhr dadurch lediglich, dass Josef Linzstek auf einer Liste von Personen stand, die angeblich über die Rattenlinie entkommen waren - wobei speziell er sich als Pole ausgegeben haben soll. Aber woher stammte die Liste? Aus Israel. Größtenteils war alles Spekulation. Beweisen tat es nichts.
Und wenn Rebus' Instinkt auch sagte, dass Lintz und Linzstek ein und dieselbe Person waren, verriet er ihm weiterhin nichts darüber, ob das irgendeine Rolle spielte.
Er gab das Buch im Roxburghe wieder ab und bat den Mann an der Rezeption, dafür zu sorgen, dass Mr. Levy es bekam.
»Ich glaube, er ist auf seinem Zimmer, wenn Sie hinaufgehen möchten...«
Rebus schüttelte den Kopf. Er hatte dem Buch keinerlei Botschaft beigefügt, da er wusste, dass Levy das wahrscheinlich schon als Botschaft verstehen würde. Er ging nach Haus, um sein Auto zu holen, fuhr zum Haymarket und dann weiter nach Shandon. Wie immer war es ein Problem, in der Nähe von Sammys Wohnung einen Parkplatz zu finden. Alle hockten nach der Arbeit vor ihren Fernsehern. Er stieg die Vortreppe hinauf und fragte sich, wie heimtückisch die Steinstufen wohl werden würden, wenn erst der Frost käme; oben angelangt, klingelte er. Sammy führte ihn ins Wohnzimmer, wo Candice sich gerade eine Gameshow ansah.
»Hallo, John«, sagte sie. »Bist du meine wonderwall?« Das war eine Anspielung auf einen Song von Oasis.
»Ich bin niemandes wonderwall , Candice.« Er wandte sich zu Sammy. »Alles in Ordnung?«
»Klar.«
In dem Moment kam Ned Farlowe aus der Küche. Er aß Suppe aus einem Napf und stippte dabei gelegentlich eine zusammengeklappte Scheibe Vollkornbrot hinein.
»Könnten wir kurz reden?«, fragte Rebus.
Farlowe nickte, deutete dann mit dem Kopf in Richtung Küche.
»Was dagegen, wenn ich dabei weiter esse? Ich bin am Verhungern.« Er setzte sich an den Klapptisch, nahm eine weitere Scheibe Brot aus der Tüte und strich Margarine darauf. Sammy streckte den Kopf durch die Tür, sah den Ausdruck im Gesicht ihres Vaters und trat einen taktischen Rückzug an. Die Küche maß ungefähr zwei Meter im Quadrat und enthielt entschieden zu viele Töpfe und Geräte. Schon eine Schwanz wedelnde Katze hätte darin unweigerlich was umgeworfen.
»Ich hab Sie heute gesehen«, begann Rebus, »wie Sie sich auf dem Warriston-Friedhof herumdrückten. Zufall?«
»Was meinen Sie?«
»Ich frage Sie.« Rebus lehnte sich an die Spüle und verschränkte die Arme.
»Ich beobachte Lintz.«
»Warum?«
»Weil ich dafür bezahlt werde.«
»Von einer Zeitung?«
»Lintz' Anwalt schmeißt mit einstweiligen Verfügungen nur so um sich. Niemand kann sich leisten, sich in seiner Nähe blicken zu lassen.«
»Aber Sie sollen ihn trotzdem beobachten?«
»Wenn's zu einer Verhandlung kommt, wollen meine Auftraggeber so viel wie möglich wissen, was ja verständlich ist.«
Mit »Verhandlung« meinte Farlowe nicht etwa einen Prozess gegen Lintz, sondern eine Zivilklage gegen die Zeitung, wegen Verleumdung.
»Wenn er Sie erwischt...«
»Er hat keine Ahnung, wer ich bin. Außerdem wird's bei Bedarf immer einen anderen geben, der für mich einspringt. Kann ich jetzt eine Frage stellen?«
»Lassen Sie mich erst noch was sagen. Sie wissen, dass ich gegen Lintz ermittle?« Farlowe nickte. »Das bedeutet, dass wir zu eng aufeinander sitzen. Sollten Sie etwas herausfinden, könnte man annehmen, Sie haben es von mir.«
»Ich habe Sammy nicht erzählt, was ich mache, und zwar ganz bewusst , damit es eben zu keinem Interessenskonflikt kommen kann.«
»Ich meine damit nur, dass andere Ihnen das vielleicht nicht abnehmen würden.«
»Noch ein paar Tage, und ich habe genug Geld, um einen weiteren Monat am Buch zu arbeiten.« Farlowe hatte
Weitere Kostenlose Bücher