Rebus - 09 - Die Sünden der Väter
seine Suppe aufgegessen. Er trug den leeren Napf zur Spüle und blieb neben Rebus stehen.
»Ich möchte Ihnen wirklich keine Scherereien machen, aber - was können Sie schon dagegen unternehmen?« Rebus starrte ihn an. Sein erster Impuls war, Farlowes Kopf in die Spüle zu rammen, aber wie hätte Sammy das aufgefasst?
»Also«, sagte Farlowe, »kann ich jetzt meine Frage stellen?«
»Und zwar?«
»Wer ist Candice?«
»Eine Freundin von mir.«
»Warum kann sie dann nicht bei Ihnen wohnen?«
Rebus begriff, dass er es nicht mehr mit dem Freund seiner Tochter zu tun hatte. Er stand einem Journalisten gegenüber, jemandem, der eine Story witterte.
»Kleiner Vorschlag«, antwortete Rebus. »Sagen wir, ich hab Sie auf dem Friedhof nicht gesehen. Sagen wir, dieses kleine Gespräch eben hat niemals stattgefunden.«
»Und ich stelle keine Fragen über Candice?« Rebus schwieg.
Farlowe ließ sich den Deal durch den Kopf gehen. »Sagen wir, ich kann Ihnen ein paar Fragen für mein Buch stellen.«
»Was für Fragen?«
»Über Cafferty.«
Rebus schüttelte den Kopf. »Ich könnte Ihnen allerdings was über Tommy Telford erzählen.«
»Wann?«
»Sobald wir ihn eingebuchtet haben.«
Farlowe lächelte. »Bis dahin könnte ich schon Rentner sein.« Er wartete, erkannte, dass Rebus ihm keinen Schritt entgegenkommen würde.
»Sie ist ja sowieso nur noch bis morgen hier«, sagte Rebus.
»Wo geht sie dann hin?«
Rebus zwinkerte ihm nur zu. Verließ die Küche, ging wieder ins Wohnzimmer. Unterhielt sich mit Sammy, während Candice' Gameshow ihren Höhepunkt erreichte. Jedes Mal, wenn sie das Publikum lachen hörte, fiel sie in das Gelächter mit ein. Rebus traf Vorkehrungen für den nächsten Tag und ging. Von Farlowe war nichts zu sehen. Er hatte sich entweder ins Schlafzimmer verzogen oder war durch die Hintertür nach draußen gegangen. Rebus musste kurz überlegen, bis ihm wieder einfiel, wo er sein Auto geparkt hatte. Er fuhr vorsichtig, hielt an jeder roten Ampel.
Auf der Arden Street waren alle Parkplätze belegt. Er ließ den Saab im Halteverbot stehen. Als er sich der Haustür näherte, hörte er eine Autotür aufgehen und drehte sich nach dem Geräusch um. Es war Claverhouse. »Was dagegen, wenn ich mit reinkomme?«
Rebus fielen auf Anhieb ein Dutzend Gründe ein, ja zu sagen. Aber er zuckte bloß die Achseln und schloss die Tür auf. »Was Neues über die Messerstecherei vor dem Megan's?«, fragte er.
»Woher wussten Sie, dass wir uns dafür interessieren würden?«
»Ein Rausschmeißer wird abgestochen, der Täter flieht auf einem wartenden Motorrad. Das war vorsätzlicher Mord. Und die Mehrzahl der Edinburgher Rausschmeißer arbeitet für Tommy Telford.« Sie stiegen die Treppe hinauf. Rebus' Wohnung lag im zweiten Stock.
»Tja, Sie haben Recht«, sagte Claverhouse. »Billy Tennant arbeitete für Telford. Er kontrollierte den Warenumschlag im Megan's.«
»Ware im Sinne von Stoff?«
»Der Freund des Fußballers, der, der verletzt wurde, ist ein bekannter Dealer. Mit Heimatbasis in Paisley.«
»Hat damit ebenfalls Beziehungen zu Telford.«
»Wir vermuten, dass er die eigentliche Zielperson war, Tennant ist bloß dazwischengekommen.«
»Bleibt also nur die Frage: Wer steckt dahinter?«
»Kommen Sie schon, John. Es war natürlich Cafferty.«
»Ist nicht Caffertys Stil«, entgegnete Rebus, während er die Tür aufschloss.
»Er könnte ja dem jungen Prätendenten das eine oder andere abgeguckt haben.«
»Machen Sie es sich gemütlich«, meinte Rebus auf dem Weg ins Wohnzimmer. Das Frühstücksgeschirr stand noch immer auf dem Esstisch. Siobhans Wundertüte hing an einer Stuhllehne.
»Ein Gast.« Claverhouse hatte die zwei Becher und zwei Teller bemerkt. »Sie ist jetzt aber nicht hier, oder?«
»Zum Frühstück war sie auch nicht hier.«
»Weil sie bei Ihrer Tochter ist.« Rebus erstarrte.
»Ich bin zum Hotel gefahren, um die Rechnung zu bezahlen. Da sagte man mir, ein Streifenwagen hätte alle ihre Sachen abgeholt. Also hab ich ein bisschen rumgefragt, und der Fahrer nannte mir als Zustellungsadresse Samanthas Wohnung.« Claverhouse setzte sich aufs Sofa, schlug die Beine übereinander. »Also, was wird hier gespielt, John, und wieso hielten Sie es für angebracht, mich auf der Reservebank hocken zu lassen?« Er klang jetzt ruhig, aber Rebus merkte ihm an, dass er ganz schön getobt hatte.
»Möchten Sie einen Drink?«
»Ich möchte eine Antwort.«
»Als ich heute Morgen raus kam, wartete
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