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Rechtsdruck

Rechtsdruck

Titel: Rechtsdruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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es konnte ja niemand ahnen, dass das alles
passieren würde. Von daher ist es gut, wie es ist.«
    »Und im Krankenhaus brennt jetzt gerade die Hütte?«, feixte Weiler.
    »Bis unters Dach, Frankie«, erwiderte Gebauer gut gelaunt, »bis unters
Dach.«

20
     
    Hain fuhr das Auto aus der Parklücke, drehte die Heizung auf die höchste
Stufe und schaltete das Radio ein. Nach ein paar Takten Musik erklang das Jingle
des Senders, mit dem jeweils zur vollen Stunde die Nachrichten angekündigt wurden.
Schon bei der Verlesung der ersten Meldung stoppte der Oberkommissar und drehte
den Zündschlüssel so weit zurück, dass zwar der Motor abstarb, das Radio jedoch
weiter lief.
     
    Kassel: Schon wenige Stunden nach Bekanntwerden einer schrecklichen
Familientragödie in Kassel mit drei Toten ist der Täter gefasst worden. Wie der
leitende Oberstaatsanwalt Franz Marnet gegenüber unserem Sender bekanntgab, wurde
Kemal B. am Ende einer wilden Verfolgungsjagd in Höhe des Rasthofs Kassel nach einem
spektakulären Unfall gestellt, bei dem er sich schwerste Verletzungen zuzog. Zur
Stunde kämpfen die Ärzte des Kasseler Klinikums um sein Leben. Marnet erklärte weiter,
dass alles auf eine Familientragödie im Migrantenmilieu hindeutet, nachdem sich
der Täter am frühen Abend eine hitzige Auseinandersetzung mit seinem Vater, einem
der Opfer der Bluttat, geliefert hatte. Worum es bei dem Streit ging, konnte noch
nicht geklärt werden. Frankfurt: Die Deutsche Bank hat im vergangenen Jahr einen
Verlust von …
     
    Lenz sah noch einen Augenblick lang das Radio und dann seinen Kollegen
völlig konsterniert an.
    »Was ist denn in den Marnet gefahren?«, fragte er mehr sich selbst
als Hain. »Es ist doch noch gar nicht sicher, dass es der Türke war.«
    Hain nickte. »Und wie kommt er eigentlich an die Informationen?«
    Lenz hatte sein Telefon schon in der Hand. »Das interessiert mich auch,
und zwar ganz brennend«, antwortete er und wählte dabei.
    »Brandt«, erklang es aus dem kleinen Lautsprecher an seinem Ohr.
    »Ludger, hier ist Paul. Ich hab gerade im Radio gehört, dass Staatsanwalt
Marnet den Türken als Täter verkauft. Nicht als Verdächtigen, sondern als Täter!
Das kann er doch unmöglich von dir haben?«
    Den letzten Satz hatte er etwas zu laut abgeschickt.
    »Nun komm mal wieder runter, Paul«, erwiderte der Kriminalrat am anderen
Ende gereizt. »Ich habe mit Oberstaatsanwalt Marnet telefoniert, was durchaus nicht
außergewöhnlich ist, immerhin ist er der Herr des Verfahrens. Dafür, was er aus
den Informationen macht, die er von mir bekommt, kann ich nichts. Der Mann ist alt
und erfahren genug, um zu dem stehen zu können, was er erzählt.«
    »Aber es gibt doch jede Menge Indizien, die in andere Richtungen weisen.
Warum also versucht Marnet, so schnell den Deckel auf die Geschichte zu kriegen?«
    »Mensch, Paul, die Sachlage ist doch so unklar nicht. Marnet lehnt
sich ein klein bisschen weit aus dem Fenster, das finde ich auch, aber für mich
steht der Sohn als Täter quasi ebenso fest wie für ihn.«
    »Quasi, Ludger! Quasi! Und in diesem Quasi stecken noch jede Menge
Zweifel, wenn du mich fragst.«
    »Ich frage dich aber nicht«, kam es nach einer kurzen Pause zurück.
»Und ich gebe dir weiterhin den wirklich gut gemeinten Rat, dich nicht in der Öffentlichkeit
zu dem Fall zu äußern, egal in welcher Form. Wenn dich jemand danach fragen sollte,
verweist du am besten auf die Pressestelle der Staatsanwaltschaft.«
    Nun brauchte Lenz ein paar Sekunden, um seine Gedanken zu ordnen. Und
eine weitere, um seinen Chef nicht anzubrüllen.
    »Wer steht dir auf den Füßen rum, Ludger? Wie hoch reicht die Einflussnahme?«
    »Vergiss bitte nicht, mit wem du redest, Paul. Ich bin immer noch dein
Vorgesetzter. Und ich brauche niemanden, der mir erklärt, wie ich meine Arbeit zu
machen habe. Dich nicht, und auch sonst niemanden. Verstanden?«
    Statt einer Antwort drückte Lenz auf die rote Taste des Telefons und
steckte es zurück in die Jackentasche, überlegte es sich dann aber anders, kramte
das Gerät wieder hervor und schaltete es komplett aus.
    »Das wird Ludger ganz und gar nicht gefallen«, gab Hain zu bedenken,
der sein Treiben mit gerunzelter Stirn beobachtet hatte.
    »Und das ist mir gerade so was von scheißegal, das glaubst du gar nicht.«
    »Doch, das glaube ich dir gern. Aber wenn Marnet es so will, sollten
wir …«
    »Marnet will«, wurde er von Lenz unterbrochen, »dass wir alle Anfragen
zu dem Fall an die

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