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Rechtsdruck

Rechtsdruck

Titel: Rechtsdruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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verprellen, wobei
deren Anzahl, wie wir nach den letzten Erhebungen wissen, in Kassel deutlich überschätzt
wird. Wir haben in der Stadt klar links oder klar rechts strukturierte Wähler, was
aber die Sache für Gebauer etwas leichter macht.«
    »Gut«, gab Zeislinger zurück, »verlagern wir unsere Strategie so weit
wie möglich nach rechts. Das wird uns aber vermutlich nicht reichen, oder?«
    Jens Kähler schüttelte den Kopf. »Nein, vermutlich nicht. Was wir bräuchten,
wäre ein echter Knüller. Wenn es uns gelänge, dich als den Macher zu präsentieren,
der auch vor extrem schwierigen Aufgaben nicht zurückschreckt und sie mit Geschick
und Mut meistert, wäre das die halbe Miete. Gebauers Image ist zwar das des harten
Hunds, aber tatkräftig bewiesen hat er das bisher allenfalls durch den Schlag gegen
diesen Krüppel. Die Leute tragen ihm das zwar vermutlich nicht mehr nach, aber wir
werden natürlich alles daransetzen, dass es zum Hauptthema gegen ihn aufgebaut wird.«
    »Du zweifelst also ernsthaft daran, dass ich der Macher bin, der mit
Geschick und Mut die heißen Eisen anpackt«, wollte Zeislinger mit einem mehr als
drohenden Unterton von seinem Referenten wissen.
    Der hob beschwichtigend die Arme, als wolle er um Vergebung bitten.
»Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, Erich. Wir alle hier im Raum wissen, dass
du, wenn es um Politik geht, ein genauso harter Hund bist wie Gebauer. Eher ein
noch viel härterer. Aber …« Er stockte.
    »Ja? Was aber?«
    Kähler schluckte deutlich sichtbar und hätte sich am liebsten um die
Antwort gedrückt, doch er war ernsthaft von dem überzeugt, was er seinem Chef nun
mit fester Stimme sagte.
    »Die Wähler wissen, dass du in Scheidung lebst. Sie wissen, dass du
von deiner Frau betrogen und verlassen wurdest. Sie wissen, dass sie jetzt mit einem
einfachen Kripomann zusammen ist. Um es kurz zu sagen: Alles, was in dieser Sache
gelaufen ist, hat deinem Image extrem geschadet.« Er schluckte erneut und holte
tief Luft, bevor er weitersprach. »Wenn nur du und der junge Schnösel im Rennen
gewesen wärt, hätte die Trennung von deiner Frau niemanden interessiert, dafür war
dein Vorsprung einfach zu groß. Jetzt aber gibt es noch Gebauers Kandidatur, und
er und du wildert im Großen und Ganzen im gleichen Wählerrevier und nehmt euch,
wenn es schlecht läuft, gegenseitig so viele Stimmen weg, dass es zumindest im ersten
Wahlgang nur für einen von euch reichen könnte. Im zweiten ist die Sache klar, da
hat der Bewerber der anderen politischen Richtung keine Chance, egal, wer es auch
ist. Aber wenn eben Gebauer und nicht du es bis dahin geschafft hat, hilft dir das
auch nichts mehr.«
    Das war eine schmerzliche, aber äußerst zutreffende Kurzanalyse der
aktuellen Situation, seit klar war, dass Justus Gebauer seinen Hut in den Ring geworfen
hatte.
    Zeislinger schloss die Augen und dachte kurz nach. »Und was soll ich
deiner Meinung nach machen? Soll ich meine Frau mit vorgehaltener Waffe zwingen,
zu mir zurückzukommen? Oder soll ich lieber gleich diesen beschissenen Bullen erschießen?«
    »Nichts dergleichen«, gab Kähler zurück, der nun, nachdem Zeislinger
seinen Vorschlag nicht gleich in Bausch und Bogen verdammt hatte, etwas sicherer
wurde. »Wir müssen alles daransetzen, dass deine Frau spätestens zwei Wochen vor
dem Wahltermin diesen Lenz verlässt und wieder bei dir einzieht. Es sind noch einige
Wochen bis dahin, und mit der richtigen Strategie ist das garantiert nicht unmöglich.«
    Zeislinger lehnte sich zurück, schloss erneut die Augen und vermittelte
damit den Eindruck, dass er ernsthaft über den Vorschlag seines Referenten nachdenken
würde.
    »Ich bin gar nicht mal sicher«, setzte er eine gefühlte Ewigkeit später
an, »dass ich das Miststück überhaupt zurückhaben will. Immerhin hat sie mich jahrelang
mit diesem Hurenbock betrogen.«
    Der Referent winkte ab. »Ob du sie wirklich zurückhaben willst, interessiert
in einem halben Jahr keine Sau mehr, Erich. Es geht einzig darum, dass du sie jetzt
zurückbekommst. Ehen werden alle naselang geschieden, und wenn deine davon betroffen
ist, warum auch nicht? Ihr habt es noch einmal miteinander versucht, und es hat
leider nicht geklappt. Aber du bist längst wieder für sechs Jahre gewählt.«
    Zeislingers Gesichtsausdruck vermittelte nun so etwas wie Anerkennung.
»Nicht schlecht, Jens«, raunte er. »Das könnte funktionieren. Es wird garantiert
kein Spaziergang, aber es könnte tatsächlich

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