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Rechtsdruck

Rechtsdruck

Titel: Rechtsdruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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aus, als ob Hilmar Schlacke sich die Vorwürfe und Anfeindungen
nicht länger gefallen lassen wollte. »Hör mal, Erich, so geht das aber …«
    »Halt du besser ganz das Maul!«, geiferte Zeislinger, und es hätte
niemanden im Raum gewundert, wenn er es mit Schaum vor dem Mund getan hätte. »Speziell
von dir hätte ich mir mehr erwartet als dass du dich wegduckst, wenn es schwierig
wird, nicht. Wie oft habe ich schon die Rübe hingehalten für dich und Gott und der
Welt erklärt, dass du mein Referent bist, weil es keinen besseren für diesen Job
gibt als dich; und dass du es eben nicht nur deswegen geworden bist, weil das gleiche
Blut in unseren Adern fließt. Ohne meine Hilfe wärst du schon vor Jahren in der
Gosse gelandet, mein Lieber, vergiss das bloß nicht.«
    Das saß.
    Ein paar weitere Beschimpfungen später hatte es den Anschein, als würde
Erich Zeislinger ein wenig ruhiger werden, doch seine Mitarbeiter wussten aus Erfahrung
nur zu genau, wie sehr dieser Eindruck täuschen konnte.
    »Und nun, meine verehrten Herren Referenten, wie soll ich mit dieser
Herausforderung umgehen?«, zischte er in die Runde. »Was ratet ihr mir im Kampf
gegen diesen neuen Kandidaten?«
    Bernd Zwingenberg fand, nachdem er mit zitternden Fingern ein paar
seiner mitgebrachten Unterlagen gesichtet hatte, als Erster seine Sprache wieder.
»Das ist, wie Sie schon zurecht gesagt haben, eine sehr ernste und auch ernstzunehmende
Bedrohung, Herr Zeislinger. Nach der Pressekonferenz von vorhin müssen wir davon
ausgehen, dass Gebauer über genügend Mittel verfügt, um den Wahlkampf durchzuziehen.
Er hat also Förderer, die aber im Hintergrund bleiben wollen, sonst hätte er sie
erwähnt.«
    »Wo in deinem Satz ist der Ratschlag zu finden?«, fauchte Zeislinger
ihn heiser an. »Wenn das alles ist, was du zu der Lösung des Problems beitragen
kannst, nicht, solltest du gleich wieder an deinen Schreibtisch verschwinden, du
Saftsack.«
    Zwingenberg senkte den Kopf und tat so, als würde er erneut in seinen
Unterlagen kramen, doch es war kaum zu übersehen, dass er mit den Tränen kämpfte.
Wenigstens hatte Zeislinger darauf verzichtet, ihn als Schwuchtel zu bezeichnen,
was in den letzten Monaten des Öfteren vorgekommen war.
    »Gebauer hat sich«, ergriff Jens Kähler, der Medienfachmann, nun das
Wort, »bewusst in die Rolle des Rechtsaußen begeben. Das ist in Deutschland nicht
populär und birgt nach meiner Meinung große Risiken und Gefahren.«
    Der Oberbürgermeister fixierte ihn ein paar demütigende Sekunden lang,
bevor er zu einer Antwort ansetzte. »Aber du Klugscheißer weißt schon, nicht, dass
er genau das sagt, was die Mehrzahl der Menschen in dieser Stadt und in diesem Land
insgeheim denkt. Dieser Scheißkerl drückt präzise die Knöpfe, die sich die Leute
bisher nicht getraut haben, selbst zu drücken. Und im Grunde genommen sagt er genau
das, was ich seit Jahren gerne sagen würde, nicht, was ihr drei Schlaumeier mir
aber immer wieder ausgeredet habt.«
    »Das ist jetzt nicht fair, Erich«, gab sein Stiefbruder kleinlaut zurück.
»Dafür hättest du auch in der Partei nie und nimmer eine Mehrheit gefunden. Wenn
es hier in Kassel gereicht hätte, dann hätte Wiesbaden es beerdigt, und wenn da
nicht, dann auf jeden Fall Berlin. Und das weißt du auch ganz genau.«
    »Mich interessiert im Augenblick nicht die Bohne, was ich nach deiner
Meinung so genau weiß, mein lieber Hilmar. Oder vielleicht wissen sollte, nicht.
Ich bin viel mehr an den Dingen interessiert, die ich eben gerade nicht weiß. Wie
etwa, und damit komme ich auf meine Ausgangsfrage zurück, was wir tun können, um
den Gefahren zu begegnen, die mit Gebauers Kandidatur zusammenhängen.«
    »Zunächst«, hatte Bernd Zwingenberg offenbar wieder etwas Mut gefasst,
»muss die gesamte Wahlkampfstrategie so weit wie möglich nach rechts verschoben
werden. Wir müssen versuchen, Sie den Wählern rechts und ganz rechts von der Mitte,
auf die Gebauer es in der Hauptsache abgesehen hat, als Alternative anzubieten.
Natürlich müssen Sie jeden Angriff auf Ausländer unterlassen, und sei es auch noch
so verlockend. Das können wir uns leider nicht leisten.«
    »Und warum kann ein Justus Gebauer es sich leisten?«, hakte Zeislinger
gefährlich ruhig nach.
    »Der hat nichts zu verlieren, Erich«, antwortete Schlacke. »Erstens
weiß jeder, dass er immer schon am äußersten rechten Rand zu Hause war; zweitens
kann er es sich leisten, die gesamte Wählerschaft in der Mitte zu

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