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RECKLESS HEARTS

RECKLESS HEARTS

Titel: RECKLESS HEARTS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Janket
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»Ach, Liebchen, nennen Sie mich doch einfach nur Sylvie. Ich kann meinen Familiennamen nicht besonders leiden, wissen Sie. Ich wäre ihnen wirklich sehr verbunden.«
    Selin nickte bejahend und verzichtete darauf, nach dem Grund zu fragen.
    Im Nu hatte sie den Tisch abgeräumt und das schmutzige Geschirr in die Spülmaschine gestellt, während Sylvie die Nase schnäuzend zurück ins Wohnzimmer schlurfte.
    »Wunderbar. Die Linsensuppe hat ganz wunderbar geschmeckt ...«, erklang ihre raue Stimme aus dem Hintergrund.
    Tief in Selins Brust meldete sich plötzlich mit einem Stich eine tiefe Sehnsucht, die ihr für einen kurzen Moment die Luft nahm. Mit kontrollierten Atemzügen versuchte sie, das unerklärliche Gefühl wieder loszuwerden, aber es wollte nicht verschwinden. Nachdem sie sich die Hände gewaschen und abgetrocknet hatte, stellte sie sich ans Küchenfenster und spähte in die Nacht hinaus.
    Unglaublich! Es schneite immer noch!
    Inzwischen lag eine feine Schneeschicht auf den parkenden Autos, den Büschen und Bäumen und sogar auf den Gehwegen, als hätte jemand mit großem Eifer überall Puderzucker verstreut.
    Zauberhaft schön , dachte Selin.
    Und dann fiel ihr ein, wonach sie sich sehnte: Sie hoffte von ganzem Herzen, er würde bald zurück sein ...

Herbst 1994 Dublin
     
     
    Annie stand von Wut und Verzweiflung geschüttelt im Türrahmen, hatte längst keine Kraft mehr, immer und immer wieder nach Wegen zu suchen, die ohnehin verschüttet waren, war müde und ausgelaugt von den endlosen Diensten in der Notaufnahme ... zu viel Geschrei, Hektik, klaffende Wunden, spritzendes Blut, nervöse Assistenzärzte, Defibrillator-Einsätze, Tod, Leben, Beinah-Tod, Beinah-Leben ... ach. Die Sensible in ihr würde sich an dieses nervenaufreibende Chaos niemals gewöhnen können, auch nach zwanzig, dreißig, hundert Jahren nicht. Und dann das Gefühl, dass noch mehr Elend am Ende aller Anstrengung wartete, wenn ihr Schwesternkittel in der Dreckwäsche gelandet war und sie mit ihrem klapprigen Renault heimfuhr.
    Seit Jahren derselbe Anblick!
    Seine Augen konnten nicht lügen: das Blaugrün getrübt von Enttäuschung und unausgesprochenen Vorwürfen, ja doch, doch! Auch wenn er oft das Gegenteil beteuerte, sie kannte die Wahrheit, wusste genau, da waren Vorwürfe in seinen Blicken, die blitzartig herausschossen wie spitze Pfeile, besonders, wenn er getrunken hatte.
    Ein Abort, noch einer, dann ein dritter, vierter ... und fünfter ... zwangsläufig eine Serie an genetischen Tests ... erschütternde Befunde ... gemeinsames Verleugnen ... neue Tests ... Hoffnung allseits ... Warten ... Bangen ... doch immer wieder derselbe Verdacht ... immunologische Inkompatibilität ... Scheißwort ... und immer wieder ihr psychischer Zusammenbruch im Anschluss, denn auch die Zeit war ihr Feind, die Uhr tickte gnadenlos und immer lauter, die Schuldgefühle wucherten wild und unkontrolliert in ihrem Inneren, sie war überzeugt, ihn enttäuscht zu haben ... und Shane ahnte, dass er sie an zerschmetterte Träume verlor ... dass er ihre Nähe verlor, ihr Lachen, ihren Mut, ihr Vertrauen, ihre Liebe ... immer öfter verlor er auch jegliches Verständnis für ihre Verbitterung und dann kehrten auch die körperlichen Schmerzen zurück ... wie Phantome ...
    Seit geraumer Zeit griff sie zu Tabletten und versuchte, gegen die Müdigkeit und Verzweiflung anzuschlafen, wenn sie keinen Dienst schieben musste, doch mehr als ein Dämmerzustand, in dem sich ihre Ängste nur noch mehr verstärkten, wurde es nicht ...
    Und Shane?
    Er lag quer und bäuchlings auf dem gemeinsamen Bett und schnarchte ins Kissen, die hellbraunen Haare mit dem Rotstich, strähnig von Schweiß und Staub, bedeckten sein Gesicht. An den Sohlen seiner Boots klebte noch der Dreck seines motorisierten Ausritts in die Natur, eine in den letzten Jahren zur Gewohnheit gewordene Flucht vor den erdrückenden Fragen in seinem Kopf. Und jedes Mal, auf dem langen Heimweg, erwischte ihn der O`Donoghue`s Pub wie ein heimtückischer Sumpf und sog ihn hinein. Kurz bevor er gänzlich unterging, fischten ihn gutmeinende Freunde mit vereinten Kräften heraus, wuschen ihm den Kopf - sinnbildlich gesprochen - schleppten und schoben ihn und sein Motorrad nach Hause.
     
    »Ich verlasse dich, Shane«, schluchzte sie kaum hörbar unter Tränen, ihre Lippen bebten. Nein, es war nicht das erste Mal, dass sie diese Worte aussprach, aber sie wusste, es würde das letzte Mal sein.
    Er war jenseits aller

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