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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

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Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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Schubkarre stand. Roxanne war verwirrt, blieb stehen und schaute sich um. Sie konnte ihren Bruder nirgends entdecken.
    Der Hauptmann verscheuchte ein paar Krähen, hob die Schubkarre an den Griffen hoch und drehte sie herum. Roxanne sah jetzt, dass ihr Inhalt mit einer Decke zugedeckt war. Als die Karre auf sie zurollte, rutschte eine Hand heraus. Claudes Hand.
    Roxanne schüttelte den Kopf und prallte zurück.

    Der Hauptmann blieb direkt vor ihr stehen und deckte die Leiche auf. Roxanne sank mit den Knien auf den matschigen Boden.
    Claudes Haut war ganz blass, sodass seine Sommersprossen noch deutlicher hervorstachen als sonst. Seine Hände und seine Füße waren voller Blasen, sein Gesicht zerschrammt und geschwollen.
    Nie wäre ihr in den Sinn gekommen, dass sie Claude nicht mehr lebend vorfinden würde. Sie war so tief gesunken, wie sie sich nie hätte vorstellen können, doch an etwas so Entsetzliches hatte sie nicht einmal im Entferntesten gedacht.
    Zu Beginn der Woche hatten Dielen geknarrt. Schranktüren wollten nicht richtig schließen. Menschen waren arm und Nahrungsmittel knapp. Es gab Missgunst, Geiz und Eitelkeit.
    Die Dinge waren nicht vollkommen gewesen. Aber sie waren erträglich gewesen.
    Jetzt war das Böse über Daggorhorn gekommen.

Kapitel 24
    N ur zwei Tage zuvor hätte sich Valerie nicht vorstellen können, dass es so weit kommen würde. Alle, die sie liebte, hatten sich gegen sie gewendet, oder sie selbst hatte sich gegen sie gewendet. Ihre Schwester war gestorben. Und heute Nacht würde auch sie sterben.
    Sie war in eine Gefängniszelle geworfen worden. Es war feucht und dunkel wie in einem Grab. Normalerweise wurden hier Tiere gehalten, aber die verschlossenen Eisengitter hätten jedem Gefängnis zur Ehre gereicht. Ein paar spärliche Kerzen warfen harte Schatten an die Wände. Die Wärter hatten wenigstens für etwas Licht gesorgt.
    Aber was bedeutete das schon? Sie hatte niemanden. Niemand hatte zu ihrer Verteidigung das Wort ergriffen.
    Niemand außer Henry, dessen Liebe sie für die Liebe eines anderen verschmäht hatte. Und dieser andere war aus dem Raum geflüchtet. Peter war nicht geblieben, um für sie einzutreten.
    Henry würde eine andere zum Heiraten finden. Irgendwann würde er sich in Rose oder Prudence oder ein Mädchen aus einem Nachbardorf verlieben. Aber Peter würde keine andere finden, das wusste sie. Er würde immer an sie
denken und die Erinnerung an sie, unerreichbar für andere, in seinem Herzen bewahren. Er würde diese Erinnerung schützen, so wie er es in den vergangenen zehn Jahren getan hatte, und sie, Valerie, für sich selber retten.
    Sie wünschte, sie hätte ihn nicht abgewiesen, als er an ihre Tür gekommen war. Wäre sie doch nur mit ihm gegangen.
    Sie vernahm ein Rascheln in der Dunkelheit, und dann spähte das Gesicht ihrer Großmutter zu ihr herein. Vielleicht war sie doch nicht ganz allein.
    »Sag, Liebes«, fragte Großmutter mit sorgenvoller Stimme, »brauchst du irgendetwas?«
    Das Hirschhornmesser kam Valerie in den Sinn. Sie hatte es sich in den Stiefel gesteckt, als Cesaire schlief. Sie wünschte, sie könnte es ihrer Großmutter zeigen, aber der Wächter ließ sie nie lange aus den Augen.
    Valeries Schultern zitterten, als ein Schauder sie befiel. Solomon hatte ihr den roten Mantel weggenommen, eine Maßnahme, die irgendwie noch grausamer war als alle anderen. Sie hätte Vieles brauchen können, aber sie wusste, dass es zwecklos war zu fragen. Der Wärter hätte nicht gestattet, dass ihr etwas gebracht wurde.
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf.
    Valerie hatte noch immer die leise Hoffnung gehegt, dass ihre Großmutter sich im Gerichtssaal nur deshalb nicht zu Wort gemeldet hatte, weil sie etwas anderes im Sinn hatte. Nun aber musste sie einsehen, dass sie einfach nur Angst hatte wie alle anderen. Nicht vor dem Wolf, sondern vor einem Menschen. Solomon.
    »Hör zu.« Großmutter senkte die Stimme. »Der Wolf hat früher nie offen angegriffen, wie er es bei dem Fest getan hat. Warum zeigt er sich jetzt?«

    »Vielleicht hat es mit diesem Mond zu tun …«
    »Er will dich. Und er wollte deine Schwester.« Großmutter versuchte, laut denkend die Zusammenhänge zu ergründen.
    Meine Schwester.
    »Er könnte bei dem Fest wahllos gemordet haben, um davon abzulenken, dass der erste Mord alles andere als ein Zufall war«, mutmaßte Großmutter.
    Valerie wusste nicht recht, worauf Großmutter hinauswollte. »Nein. Der Wolf hat sich Lucie nicht ausgesucht.

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