Red Shark: Thriller (German Edition)
Direktorat ist der Führungsstab der Nationalen Verteidigungskommission, der NVK.« Wie früher für Kim Jong-il stellte der Vorsitz der NVK für Jin die Basis seiner Macht in Nordkorea dar. Er spürte, wie ihm der Schweiß auf seiner Glatze ausbrach. »Das ist völlig unmöglich.«
»Natürlich würden Sie das für unmöglich halten.«
Jin fühlte sich unsicher auf den Beinen. Die Zelle schien sich vor ihm zu drehen, als wäre er betrunken. Alles, was er je über die Partnerschaft mit Tokugawa, die Operation auf den Philippinen, den Transport der Kernwaffen nach Wladiwostok und ihre Verlegung auf die Red Shark gesagt hatte, war von seinem Büro im Zweiten Direktorat, in der NVK, ausgegangen. Eine Frage wurde immer lauter in seinem Kopf: Sollte er das Tokugawa sagen, oder sollte er es verschweigen? Mit einer gewaltigen Willensanstrengung zwang sich Jin innerlich wieder zur Ruhe.
»Das ist alles, was ich zu sagen habe«, schloss Kim.
»Nein, eines wäre da noch«, sagte Jin ruhig. »Wer ist der Spion?«
Nun richtete Kim seinen Blick zum ersten Mal auf Jin. »Ich sagte dir doch schon, ich weiß es nicht. Ich kann dir aber helfen, ihn zu finden.«
Jin betrachtete die erbärmliche Gestalt Kim Jong-ils. Einst der Große Führer, jetzt nicht mehr als ein Stück Hundescheiße, das er sich vom Stiefel kratzte. Und trotzdem kontrollierte er die Situation. Auf einmal sah Jin seinen gesamten Plan in Stücke zerbrechen. Er sah die Amerikaner, die einen Präventivschlag gegen Nordkorea führten. Am liebsten hätte er Kim Jong-il direkt auf der Stelle getötet. Er wollte ihn unter Qualen sterben sehen, wollte ihn bei lebendigem Leib in einem Fass Lysol kochen oder ihn langsam an einer Drahtschlinge aufhängen, die ihn allmählich enthauptete. Er stand kurz davor, Kim von den Wachen in die Kammer schleifen zu lassen, aus der niemand lebend herauskam. Stattdessen aber sagte er: »Was ist der Preis für deine Hilfe dabei, diesen Spion zu finden?«
»Meine Freiheit.«
In Beijing betrachtete Admiral Shi Yunsheng die letzten entschlüsselten Meldungen von Admiral Chous Hauptquartier der Flotte Nord mit einer Mischung von Verwirrung und Ärger. Er überlegte: Fregattenkapitän Deng Zemin hatte eine Begegnung mit einem US-U-Boot der Los-Angeles-Klasse, dann spürte er ein US-Mini-U-Boot für Spezialaufträge vor Matsu Shan auf, wurde aber verjagt, dann wurde er Zeuge, wie Wu Chow Fats White Dragon vorsätzlich torpediert wurde, und zwar nicht mit nur einem Torpedo, sondern mit zwei, damit auf keinen Fall jemand überlebte.
Shi stapelte die Dokumente übereinander und verschränkte die Hände darüber. Es war offensichtlich, dass das Patt zwischen den Vereinigten Staaten und Nordkorea bald vorbei sein würde. Wenn das der Fall war, war die Volksrepublik China zwischen den beiden gefangen – der eine ein Schurkenstaat, der andere versessen auf politische und ökonomische Weltherrschaft – und beide auf einem Kollisionskurs, der zuerst Ostasien und dann die ganze Welt in Brand setzen konnte.
Shi griff nach dem Telefon. »Verbinden Sie mich mit Präsident Yang.«
Kana Asuka verbeugte sich tief, als Tokugawa hereinkam. Tokugawa erwiderte die Geste und sagte: »Bitte treten Sie doch näher, Kana- san .«
Tokugawa begleitete Kana durch das Hauptzimmer seiner Villa an unbezahlbaren japanischen Kunstgegenständen an den Wänden und in Glasschränken vorbei. Er führte sie zu einer bequemen, geräumigen Essnische, die von einem Steinbecken voll glühender Kohlen erwärmt wurde, und einem niedrigen Tisch mit Sitzkissen darum, der für zwei Personen gedeckt war. Hinter der Essnische gab eine Glaswand den Blick auf einen klassischen japanischen Garten mit weißen, sorgfältig geharkten Kieswegen frei, den Steinlaternen erleuchteten. Die Villa in Noda, einer Kleinstadt nördlich von Tokio, war durch Tokugawas Sammlung von kostbaren antiken Bronzeskulpturen, Schriftrollen, Lackarbeiten und Keramiken ein wahres Museum geworden.
»Das Iran-Projekt war ein großer Erfolg«, sagte Tokugawa.
»Ich bin erfreut, dass Mohammad Khatami Gefallen an seinem Besuch gefunden hat«, erwiderte Kana.
»Und ich bin erfreut, dass Sie die Angelegenheiten, die sofort erledigt werden mussten, so effizient geregelt haben.«
Kana unterbrach ihre Bewunderung des Gartens, drehte sich um und sagte: »Ich stehe Ihnen immer zur Verfügung, Tokugawa- san . Es bereitet mir große Freude, Ihnen jeden gewünschten Dienst zu erweisen.«
Tokugawa musterte Kana
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