Reden ist Silber, Kuessen ist Gold
trank ihren Kaffee aus. »Manchmal treibt sie mich nur in den Wahnsinn. Sie ist nicht so.«
Lexi hob eine Augenbraue.
»Okay, sie ist so, aber ich kann auch so sein. Zumindest ein bisschen.«
»Wir brauchen alle ein Ziel.« Lexi beugte sich vor. »Auf die Gefahr hin, dich auch zu verärgern: Hast du mit Mitch gesprochen?«
Skye wusste nicht, wie sie die Frage beantworten sollte. Sie hatten Sex, sie hatten sich gestritten, aber hatten sie auch miteinander gesprochen? Eine normale Unterhaltung geführt?
»Ein wenig«, antwortete sie. »Er ... er hat Probleme damit, sich wieder einzuleben.«
»Das überrascht mich nicht.«
»Ich weiß. Ist nicht einfach für ihn.« Sie zögerte. »Er glaubt, Erin wäre seine Tochter.«
Lexi zuckte zusammen. »Du machst Witze. Sie ist doch nicht ... oder doch?«
»Nein. Wie kannst du das überhaupt fragen?«
»Na ja, du bist ziemlich schnell schwanger geworden.« Etwas, worauf Skye nicht gerade stolz war.
»Ray ist Erins Vater. Sie hat ein Muttermal, das von seiner Seite der Familie kommt. Ich habe Mitch gesagt, dass Erin nicht von ihm ist, aber er will das nicht hören. Er hat mir mehr oder minder unverblümt gesagt, entweder ist Erin seine Tochter, oder ich bin ein Flittchen, weil ich mit Ray geschlafen habe.«
»Autsch.«
»Meine Reaktion ist ein bisschen heftiger ausgefallen.« Skye wollte nicht an ihren Streit denken.
»In gewisser Weise ergibt das schon Sinn.« Lexi überlegte einen Moment. »Nach so langer Zeit wieder nach Hause zu kommen bringt bestimmt viele alte Erinnerungen hoch. Er ist verletzt und wütend. Immerhin hast du ihn einen Tag nachdem du seinen Antrag angenommen hattest, fallen gelassen. Das würde wohl so ziemlich jeden wütend machen.«
»Danke, dass du auf meiner Seite stehst.« Skye verdrehte die Augen.
»Tut mir leid.«
Skye schüttelte den Kopf. »Muss es nicht. Es stimmt ja, was du sagst. Ich habe mich schäbig verhalten, und Mitch will mich dafür nun bestrafen. Ich kann damit schon umgehen. Ich will nur sicherstellen, dass er Erin nicht wehtut. Sie hat nichts falsch gemacht.«
Mitch hatte erwartet, den Stall leer vorzufinden. Stattdessen sah er nach dem Eintreten Erin, die Bullet bürstete. Sobald sie seine Schritte hörte, drehte sie sich um und versteckte die Bürste hinter ihrem Rücken.
»Hi«, sagte sie mit einem schuldbewussten Ausdruck auf dem Gesicht. »Ich, äh ... Hi.«
»Was machst du da?« Seine Stimme klang schärfer, als er beabsichtigt hatte. Erin zuckte zusammen.
»Bullet ist einsam«, erwiderte sie und sackte ein wenig in sich zusammen. »Ich wollte nicht, dass er traurig ist, weil du ihn nicht reitest.«
Mitch war seit seiner Rückkehr in der Stimmung, sich mit jedem anzulegen, aber Erin wollte er nicht wehtun.
Er ging zu ihr hinüber und berührte ihren Arm. »Danke«, sagte er leise.
Mit einem besorgten Blick aus großen Augen sah sie ihn an. »Du bist nicht böse auf mich?«
»Nein. Du hast recht. Bullet ist in einem fremden Stall, und ich habe mich bisher noch nicht um ihn gekümmert. Es war nett von dir, an ihn zu denken.«
Erin lächelte, und Mitch hätte schwören können, dass dieses Lächeln den gesamten Stall erhellte.
»Er ist ein echt nettes Pferd. Er wurde speziell trainiert, weißt du. Damit du auch von der anderen Seite aufsteigen kannst. Ich glaube, dass er sehr klug ist. Vielleicht ... also wenn du ihn ein bisschen kennengelernt hast und so, vielleicht könnte ich ihn dann ja auch mal reiten?«
»Klar, warum nicht?«, erwiderte Mitch abwesend. Ich werde dieses Pferd niemals reiten, dachte er. Warum auch. Er hatte keinen Ort, wo er hinreiten wollte.
Erin reichte ihm die Bürste und nahm sich dann eine andere. Sie trat näher an Bullet heran und setzte ihre Arbeit fort.
»Du hast doch keine Angst, oder?«, fragte sie, ohne ihn anzuschauen.
Er betrachtete das Pferd. »Nein. Ich habe keine Angst.«
»Warum reitest du ihn dann nicht?«
»Weil ich kein Reiter mehr bin.«
Nachdenklich kräuselte sie ihre Nase. »Hast du vergessen, wie es geht? Ich könnte dir helfen, dich wieder zu erinnern. Es ist ganz einfach. Du musst nur wieder aufs Pferd steigen. Dann weißt du auch wieder, wer du bist.«
»Hat dir das dein Großvater erzählt?«, fragte er.
»Ja, und Mom auch.«
»Was ist mit deinem Vater?«
Die Frage war ihm entschlüpft, bevor er sie aufhalten konnte. Erin fuhr unverwandt fort, das Pferd zu bürsten.
»Er ist schon lange Zeit weg.« Sie schob sich den Pony aus der Stirn und seufzte.
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