Redwall 02 - Mossflower - In den Fängen der Wildkatze
jener Nacht saß Zarina zusammengekauert in ihrem Gemach. In ihrer Einbildung hörte sie unablässig das Echo des tropfenden Wassers, das sie nicht eine Sekunde zur Ruhe kommen ließ. Wenn die Angst vor Wasser von ihr Besitz ergriff, dann war die Tochter von Verdauga nicht länger die Königin von Mossflower, die Herrin der Tausend Augen oder die Herrscherin von Kotir.
Sie verwandelte sich in ein unzurechnungsfähiges, verängstigtes kleines Kätzchen, das beim Geräusch plätschernden Wassers in der Dunkelheit erschrocken zitterte.
Sie sehnte sich danach, dass das Morgengrauen sich endlich aus der Ferne heranschleichen möge.
Irgendetwas war beim Fluten ganz furchtbar schief gelaufen.
Bella ließ sich am Fluss neben Skipper ins Gras fallen.
»Hat es nicht geklappt, Gnädigste?«, fragte er besorgt.
»Leider nein, Skipper. Es scheint nicht mehr als ein Rinnsal die Tunnel hinunterzufließen.«
Lady Ambra gesellte sich zu den beiden. »Richtig, anfangs schien es doch so gut zu laufen. Glaubt ihr, es könnte daran liegen, dass wir Sommer haben und es nicht besonders viel Regen gegeben hat?«, fragte sie grübelnd.
Skipper kaute auf einem Grashalm. »Ist schon möglich. Es gibt jedenfalls nicht viel, was wir tun können.«
»Könnten wir nicht vielleicht den Fluss stauen?«, schlug Bella zögerlich vor.
»Unmöglich, Gnädigste!«, schnaubte der Otterskipper. »Den Moss stauen? Du kriegst die Muscheln, einen Fluss dieser Größenordnung wird man wohl kaum mit Erfolg daran hindern können, zum Meer zu fließen.«
Columbine, die gerade vorbeischaute, beteiligte sich an dem Gespräch.
»Vielleicht füllt sich die Senke ja ganz allmählich.«
»So ist es, Fräuleinchen«, kicherte Skipper trocken. »Wir könnten alle hier herumsitzen, bis wir alt und grau sind, während wir darauf warten, dass die Senke sich füllt. – Nein, nein, wir werden noch ein kleines bisschen länger warten und wenn sich dann nichts geändert hat, werden wir uns wohl oder übel einen neuen Plan ausdenken müssen.«
Lady Ambra peitsche gereizt mit ihrem Schwanz auf den Boden.
»Nach all dem Graben unter Wasser, dem Anlegen der Tunnel und dazu noch dem Verlust unserer Freunde. Ooh, ich könnte platzen vor Wut!«
Der Fluss folgte auch weiterhin seinem gewohnten Lauf und nur ein kleines Rinnsal wurde in die Fluttunnel umgeleitet.
Am Abend des folgenden Tages halfen Äbtissin Germania und Columbine Ben Stichler dabei, die Kleinen bei einem Abendspaziergang am Flussufer zu beaufsichtigen. Ferdy und Coggs spielten mit Spike und Posy und ein paar jungen Mäusen. Sie ließen Spielzeugboote segeln, die Ben für sie gebastelt hatte.
Germania sah liebevoll zu, wie die Kleinen ausgelassen am Flussufer auf und ab tollten und vor Energie förmlich übersprudelten, nachdem sie Brockhall in den letzten paar Tagen nicht hatten verlassen dürfen.
»Vorsichtig, Spike. Pass auf, dass du nicht hineinfällst«, rief sie.
»Sieh nur mein Boot an, Äbtissin. Es ist viel schneller als das von Coggs.«
»Ooh, guck mal, Ferdy schummelt! Er schiebt sein Boot mit einem Stock an.«
»Nein, stimmt ja gar nicht. Das macht der Wind. Meins hat ja ein viel größeres Segel.«
»Columbine, meins ist in dem Loch verschwunden. Kannst du es mir bitte zurückholen?«
»Tut mir Leid, Spike. Das bekommen wir nicht wieder. Ist nicht so schlimm, ich bin mir ganz sicher, dass Ben dir ein neues basteln wird.«
Ben Stichler hockte sich hin, um in das Loch zu schauen, in dem das Boot verschwunden war. Dann stand er wieder auf, wischte sich die Pfoten ab und schüttelte den Kopf.
»Pah, Fluttunnel! Die sind in etwa genauso nützlich wie ein Otter in einem Vogelnest. Was schätzt ihr, wie weit der Pegel des Sees unter Kotir angestiegen ist? Um eine Pfotenbreite? Den Durchmesser eines Schnurrhaares?«
Die Äbtissin betrachtete die Strahlen der untergehenden Sonne in den Bäumen. »Wer weiß das schon, Ben? Eines ist jedoch ganz gewiss: Kotir steht noch immer und es ist genauso dunkel und böse wie eh und je. Wie schade, dass der Plan vom Vormaulwurf und von Alt Dinny nicht funktioniert hat.«
Sie kehrten um und gingen zurück nach Brockhall.
»Bella sagt, dass es wohl nicht so bald regnen wird, das Wetter soll so schön bleiben«, fügte Ben hinzu.
Ferdy steckte sein Boot unter seine kleinen Stacheln.
»Vielleicht hätten sie es im Winter versuchen sollen, Ben«, bemerkte die Äbtissin wenig hilfreich.
Ben zerzauste Ferdy das Kopffell. »Vielleicht hätten
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