Redwall 02 - Mossflower - In den Fängen der Wildkatze
Waldbewohnern getrieben hat. Sie sind liebevoll und rührselig, wenn es um ihre Kleinen geht. Ich denke, sie würden so einiges hergeben, nur um sie unversehrt wieder zurückzubekommen.«
»Unversehrt, das ist der Dreh- und Angelpunkt«, schnurrte Zarina zufrieden. »Wenn nun aber die Waldbewohner sehen würden, wie ihre Kleinen wirkliche Qualen erlitten oder Gefahren ausgesetzt würden – dann könnten wir ihnen zweifellos unsere eigenen Bedingungen aufzwingen.«
Jetzt, wo ihre Königin schon viel vernünftiger klang, entspannten sich die drei sichtlich.
Es gab allerdings noch jemanden, der das Gespräch belauscht hatte, und der hatte nicht den geringsten Grund zur Freude: Tschipp das Rotkehlchen, das draußen auf dem Fenstersims saß.
Splitternase war der Erste, der den Schritt verlangsamte. Ganz allmählich verringerte er die Geschwindigkeit, bis er nur noch gemächlich vor sich hin trottete. Eckzahn schloss sich ihm an, sodass nur noch Kratzer lief. Der Wieselsoldat hielt an und drehte sich um. Als er sah, wie die beiden keuchend im Gras saßen, schürzte er verächtlich die Lippen. Energisch lief Kratzer zu ihnen zurück und zog seinen Dolch.
»Steht sofort auf, ihr faules Gewürm. Na macht schon. Auf eure Pfoten, wird’s bald!«
Splitternase war gerade dabei, mit seinen Klauen eine vorbeiziehende Ameise zu quälen. »Ach, was soll’s? Die sind doch längst über alle Berge. Die fangen wir jetzt sowieso nicht mehr.«
Kratzer trat nach Eckzahn. »Du denkst doch bestimmt das Gleiche, Faulpelz.«
Eckzahn erdreistete sich zurückzutreten. »Ach, nun hör schon auf. Du bringst uns nicht mehr zum Laufen.«
»So ist das also, dann ist das hier wohl eine Meuterei, was?« Kratzer blickte geringschätzig von einem zum anderen. »Dann werde ich euch beiden Freundchen jetzt mal etwas sagen, was ihr euch durch den Kopf gehen lassen solltet. Erstens werde ich auf jeden von euch einstechen, wenn ihr nicht sofort die Beine in die Pfote nehmt. Zweitens werde ich euch nichts von meinem Proviant abgeben, wenn ihr nicht zu laufen beginnt. Und drittens solltet ihr auch meinen Bericht nicht außer Acht lassen. Die Königin wird sich mit großem Interesse anhören, wie ihr beide alles hingeworfen habt.«
Wortlos erhoben sie sich und begannen wieder zu laufen.
Gonff trottete neben seinen Freunden her und ließ seine flinken Augen über die Landschaft schweifen.
»Ein Stück weiter vorn wird es ein bisschen hügeliger, Kumpels. Da gäbe es ein Dutzend Möglichkeiten, sich fallen zu lassen und zu verstecken. Na, was meint ihr? Wollen wir ihnen entwischen?«
Martin blickte zurück. »Ich würde es nicht riskieren. Sie haben uns genau im Blickfeld. Nein, wir sollten lieber bis zum Abend weiterlaufen und uns dann im Schutze der Dunkelheit ein gutes Versteck suchen, wo wir unser Lager für die Nacht aufschlagen. Alles in Ordnung, Dinny?«
Der Maulwurf zog seine Schnauze kraus. »I dua nich gärn laufa. I dua Glück haba, doss i so kräftig bin. Duat ruich weitrgeha, Martn. Un duat Eu koi Sorga macha.«
Die Mittagssonne brannte immer erbarmungsloser auf sie nieder. Vögel flogen im Aufwind der Wärme gekonnt über die sechs winzigen Figuren unter ihnen hinweg, über die Jäger genauso wie die Gejagten.
Als Ansporn spielten Splitternase und Eckzahn ein kleines Spiel miteinander: Sie riefen einander ihre Lieblingsspeisen zu. Kratzer blieb dicht hinter ihnen und behielt seinen Dolch gezückt, um sich gegen weiteren Ungehorsam zu wappnen. Dem Wieselmann lief unweigerlich das Wasser im Munde zusammen und da er sich nicht die Ohren zuhalten konnte, musste er die Auflistung des Frettchens und des Hermelins über sich ergehen lassen.
»Ein paar kandierte Nüsse und ein Krug mit kaltem Apfelwein. Na, wie würde dir das gefallen, Ecki?«
»Oho, und ob! Und wie wäre es mit einer jungen Forelle, gegrillt und in Butter geschwenkt, und dazu ein wenig von dem Oktoberbier der Waldbewohner?«
»Sehr gut. Aber hast du schon einmal in warmem Honig getränkte Brombeerbrötchen probiert? Die spült man am besten mit eisgekühltem Erdbeerlikör hinunter.«
»Herrje, hör bloß auf, Splitti! Das erinnert mich an das Plünderfest, das der alte Lord Grünauge einmal in Kotir abgehalten hat. Das waren noch Zeiten! Ich hatte eisgekühlten Erdbeerlikör in einer riesigen Trinkschale, obenauf schwammen Pfefferminzblätter und am Boden der Schale befanden sich zerkleinerte Himbeeren. Ich weiß es noch ganz genau, ich habe alles mit
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