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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Beruhigungsmittel ihren Ehemännern ins Essen streuen, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen.«
    Ich lachte.
    »Das machen sie nämlich«, sagte sie. »Diejenigen, die mit brutalen Mistkerlen verheiratet sind, die sie verprügeln, und diejenigen, die nicht zuviel Sex wollen … Sie mischen dem Rohling das hübsche geschmacklose Pulver ins Fleisch und Gemüse und führen ein ruhiges Leben.«
    »Eine tolle Theorie.«
    »Tatsache«, sagte sie.
    Wir saßen in zwei hellen Samtsesseln und nippten an dem kühlen Wein. Sie trug eine rote Seidenbluse und schwarze Hosen und bildete damit einen leuchtenden Kontrast zu den dezenten Farben des Zimmers. Ein Mädchen, das kein Blatt vor den Mund nahm. Ein Mädchen voller Entschlußkraft und Sicherheit und geistiger Energie. Ganz anders als die sanften, anspruchslosen Mädchen, die ich gelegentlich zu mir nach Hause mitnahm.
    »Ich habe Sie am Samstag reiten sehen«, sagte sie. »Im Fernsehen.«
    »Ich dachte, das interessiert Sie nicht.«
    »Natürlich interessiert mich das, seit ich Ihre Fotos gesehen habe.« Sie nahm einen Schluck. »Sie gehen ja fürchterliche Risiken ein.«
    »Nicht immer so wie am Samstag.« Sie fragte, warum nicht, und sehr zu meinem Erstaunen erzählte ich es ihr.
    »Du liebe Güte«, sagte sie entrüstet, »das ist nicht fair.«
    »Das Leben ist nicht fair. Leider.«
    »Was für eine düstere Philosophie.«
    »Eigentlich nicht. Nimm, wie es kommt, aber hoffe auf das Beste.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Zieh los und such dir das Beste.« Sie trank und sagte: »Was passiert, wenn es Sie bei so einem Sturz mal richtig erwischt?«
    »Man flucht.«
    »Nein, Sie Dummkopf. Mit Ihrem Leben, meine ich.«
    »So schnell wie möglich wieder auf die Beine kommen und zurück in den Sattel. Solange Sie draußen sind, schnappt sich ein anderer Jockey Ihre Ritte.«
    »Reizend«, sagte sie. »Und wenn es so schlimm ist, daß man nicht mehr auf die Beine kommt?«
    »Dann hat man ein Problem. Keine Rennen, kein Geld. Man fängt an, sich die Stellenanzeigen anzusehen.«
    »Und was ist, wenn Sie draufgehen?«
    »Nichts weiter«, sagte ich.
    »Sie nehmen es nicht ernst«, beschwerte sie sich.
    »Natürlich nicht.«
    Sie studierte mein Gesicht. »Ich bin nicht an Leute gewöhnt, die an den meisten Tagen in der Woche so nebenbei ihr Leben aufs Spiel setzen.«
    Ich lächelte sie an. »Das Risiko ist nicht so groß, wie Sie denken. Aber wenn man wirklich Pech hat, gibt es immer noch den Fonds für verletzte Jockeys.«
    »Was ist das?«
    »Das ist ein privater Wohltätigkeitsverein der Pferderennsportbranche. Er kümmert sich um die Witwen und Waisen toter Jockeys, unterstützt schwerbeschädigte und sorgt dafür, daß keiner im hohen Alter den Geist aufgibt, weil er keine Kohle zum Heizen hat.«
    »Hört sich gut an.«
    Etwas später gingen wir los und aßen in einem kleinen Restaurant, das gewaltsam auf französisches Landgasthaus getrimmt war, mit blankgescheuerten Holztischen, Binsenmatten auf dem Boden und auf Weinflaschen gesteckten tropfenden Kerzen. Das Essen erwies sich als ebenso unecht wie das Drumherum und hatte wohl nie einen pot au feu von innen gesehen. Clare schien es aber nichts auszumachen, und wir aßen Kalbfleisch aus der Mikrowelle in einer dicken weißen Soße und bemühten uns, nicht an die Kalbsragouts in Frankreich zu denken, wo auch sie schon oft gewesen war, allerdings im Urlaub und nicht bei Pferderennen.
    »Sie reiten auch in Frankreich?«
    »Nach Weihnachten, wenn es hier Frost gibt, besteht immer die Chance, daß man ein paar Rennen in Cagnes-sur-Mer bekommt … unten an der Südküste.«
    »Das klingt herrlich.«
    »Es ist trotzdem Winter. Und trotzdem Arbeit. Aber es ist nicht übel.«
    Sie kam auf das Thema Fotografieren zurück und sagte, daß sie gerne noch einmal nach Lambourn kommen wolle, um die ›Jockeyleben‹-Mappe durchzugehen.
    »Es macht nichts, wenn Sie sich anders entscheiden wollen«, sagte ich.
    »Wie käme ich dazu?« Sie sah mich entgeistert an. »Sie haben sie doch nicht etwa jemand anderem verkauft? Sie haben versprochen, es nicht zu tun.«
    » Die nicht.«
    »Was für welche dann?«
    Ich erzählte ihr von Horse and Hound und von Lance Kinship und sagte, wie seltsam es mir erscheine, daß die Leute plötzlich meine Arbeiten kaufen wollten.
    »Ich könnte mir vorstellen, daß es sich rumgesprochen hat«, sagte sie versonnen. Sie aß ihr Fleisch auf und lehnte sich mit nachdenklichem Gesicht zurück. »Sie brauchen einen

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