Reflex
er sich wegen Dana den Relgan lächerlich aufführte, tat er mir schrecklich leid.
Seine erste Reaktion war äußerste Wut. Was mir einfiele, sagte er und erhob sich zitternd, wie ich dazu käme, ihm etwas derart Schmutziges und Widerliches zu bringen.
Unter größten Schwierigkeiten, dachte ich, aber das hätte er nicht zu schätzen gewußt. Ich nahm das zweite und dritte Foto aus dem Umschlag, legte sie mit der Bildseite nach unten auf meine Sessellehne.
»Sie werden sehen«, sagte ich mit heiserer Stimme, »daß die anderen noch weit schlimmer sind.«
Ich glaube, es kostete ihn große Überwindung, die beiden anderen Bilder aufzunehmen. Er sah sie sich in verzweifeltem Schweigen an und sank langsam in seinen Sessel zurück.
Die Qual stand ihm ins Gesicht geschrieben. Die Fassungslosigkeit. Das Entsetzen.
Der Mann, der mit Dana den Relgan schlief, war Ivor den Relgan.
»Es heißt, daß man Fotos problemlos fälschen kann«, sagte Lord White. Seine Stimme bebte. »Kameras können lügen.«
»Diese nicht«, sagte ich bedauernd.
»Es kann nicht wahr sein.«
Ich nahm aus dem Umschlag einen Abzug des Briefs, den George Millace geschrieben hatte, und gab ihn ihm. Er brachte es kaum fertig, ihn zu lesen, so sehr erschütterte ihn sein Elend auch körperlich.
Der Brief, den ich auswendig kannte, lautete:
Lieber Ivor den Relgan,
ich bin sicher, daß die beiliegenden Fotos, die ich zu meiner Freude vor ein paar Tagen in St. Tropez machen konnte, Sie interessieren.
Wie Sie feststellen werden, zeigen sie Sie in einer kompromittierenden Situation mit einer jungen Dame, die als Ihre Tochter gilt. (Es ist wirklich unklug, dergleichen auf einem Hotelbalkon zu tun, ohne sich zu vergewissern, daß man mit einem Teleobjektiv nicht gesehen werden kann.)
Es scheint zwei Möglichkeiten zu geben.
Erstens: Dana den Relgan IST Ihre Tochter, dann handelt es sich um Inzest.
Zweitens: Dana den Relgan ist NICHT Ihre Tochter. Warum aber geben Sie sie dann als solche aus? Könnte es möglicherweise mit der Umgarnung eines gewissen Mitglieds des Jockey Clubs zu tun haben? Hoffen Sie auf Eintritt in den Club und auf andere Gefälligkeiten?
Natürlich könnte ich diese Fotos dem bewußten Lord schicken. Ich werde Ihnen jedoch in Kürze telefonisch einen Alternativvorschlag machen.
Hochachtungsvoll
George Millace
Lord White alterte vor meinen Augen, die Glut, die die Liebe ihm verliehen hatte, fiel grau zusammen, seine Falten vertieften sich. Ich wandte den Blick ab. Sah auf meine Hände, meine Füße, die dürren Rosenbüsche vor dem Fenster. Überallhin, nur nicht auf diesen vernichteten Mann.
Nach sehr langer Zeit sagte er: »Wo haben Sie sie her?«
»George Millaces Sohn hat mir eine Schachtel mit einigen Sachen seines Vaters überlassen, nach dessen Tod. Diese Bilder waren darin.«
Er quälte sich durch ein weiteres Schweigen und sagte dann: »Warum haben Sie sie mir gebracht? Um mich zu … demütigen?«
Ich schluckte und sagte so neutral wie möglich: »Sie werden es wahrscheinlich nicht bemerkt haben, Sir, aber die Leute machen sich Sorgen darüber, wieviel Macht Ivor den Relgan in letzter Zeit bekommen hat.«
Er schauderte leicht, als der Name fiel, hob jedoch die blauen Augen und bedachte mich mit einem langen prüfenden, unfreundlichen Blick.
»Und Sie haben es auf sich genommen, dem nach Möglichkeit Einhalt zu gebieten?«
»Sir … ja.«
Er sah grimmig drein, und als wollte er sich in Wut flüchten, sagte er gebieterisch: »Das geht Sie nichts an, Nore.«
Ich antwortete nicht sofort. Es war mir schwer genug gefallen, mich selbst davon zu überzeugen, daß es mich etwas anging. Aber schließlich sagte ich zaghaft: »Sir, wenn Sie persönlich sich ganz sicher sind, daß Ivor den Relgans plötzlicher Aufstieg zu unerhörter Macht nichts mit Ihrer Zuneigung zu Dana den Relgan zu tun hat, dann entschuldige ich mich in aller Form.«
Er starrte mich nur an.
Ich versuchte es noch einmal. »Wenn Sie ehrlich glauben, daß der Pferderennsport davon profitieren wird, wenn Ivor den Relgan bezahlte Stewards ernennt, bitte ich um Entschuldigung.«
»Gehen Sie bitte«, sagte er steif.
»Ja, Sir.«
Ich stand auf und ging zur Tür hinüber, aber als ich sie erreichte, hörte ich seine Stimme hinter mir.
»Warten Sie. Nore … Ich muß nachdenken.«
Ich drehte mich unschlüssig um. »Sir«, sagte ich, »Sie sind so geachtet … und beliebt … bei jedermann. Es war keine Freude, mitanzusehen, was sich da
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