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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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verstaucht.«
    »Kannst du reiten?«
    »Ja.«
    »Puh.«
    »Ist Victor Briggs hier?«
    »Nein, ist er nicht. Du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen. Sharpener soll gewinnen, und du kannst ihn reiten wie gewohnt. Keine verrückten, blödsinnigen Heldentaten. Klar? Du paßt auf Sharpener auf, oder ich zieh dir das Fell über die Ohren. Bring ihn heil zurück.«
    Ich nickte und verkniff mir ein Lächeln, und er bedachte mich erneut mit einem finsteren Blick und entfernte sich.
    »Ehrlich, Philip«, sagte Steve Millace im Vorbeigehen. »Er behandelt dich wie den letzten Dreck.«
    »Nein … nur auf seine Art.«
    »Ich würde mir das nicht bieten lassen.«
    Ich sah in sein streitlustiges, blutjunges Gesicht und begriff, daß er keine Ahnung davon hatte, daß sich Zuneigung manchmal in einer rauhen Verpackung zeigte.
    »Viel Glück heute«, sagte ich neutral, und er sagte »Danke« und ging in den Waageraum. Er würde nie wie sein Vater werden, dachte ich. Nie so intelligent, so genial, so scharfsinnig, so skrupellos oder so gemein.
    Ich folgte ihm nach drinnen, legte Victor Briggs’ Farben an und spürte dabei am ganzen Leib schmerzhaft die Folgen der Aufmerksamkeiten der ›Auserwählten‹. Nicht weiter dramatisch. Lästig. Nicht so schlimm, daß es mich beim Reiten behinderte, hoffte ich.
    Als ich nach draußen kam, fand in nächster Nähe eine lautstarke Unterhaltung zwischen Elgin Yaxley und Bart Underfield statt, die sich gegenseitig auf die Schulter klopften und leicht angetrunken wirkten.
    Elgin Yaxley machte sich los und wankte davon, und Bart drehte sich mit einem übermäßigen Mangel an Koordination um und prallte mit mir zusammen.
    »Hallo«, sagte er mit einem hochprozentigen Huster. »Sie sollen’s als erster erfahren. Elgin legt sich ein paar neue Pferde zu. Sie kommen natürlich zu mir. Lambourn wird sein blaues Wunder erleben. Die ganze Rennwelt wird ihr blaues Wunder erleben.« Er grinste mich herablassend an. »Elgin ist ein findiger Bursche.«
    »Das kann man wohl sagen«, sagte ich trocken.
    Bart erinnerte sich daran, daß er mich nicht sonderlich mochte und suchte sich andere, empfänglichere Ohren für seine guten Neuigkeiten. Ich blieb stehen und beobachtete ihn und dachte, daß Elgin nie mehr ein Pferd wegen der Versicherungssumme töten würde. Keine Versicherungsgesellschaft ließe sich das ein zweites Mal gefallen. Aber Elgin Yaxley wiegte sich in Sicherheit … und die Menschen änderten sich nicht. Wer einmal betrogen hatte, würde es wieder tun. Ich hörte es nicht gern, daß Elgin Yaxley findig war.
    Das alte Dilemma bestand weiterhin. Wenn ich der Polizei oder der Versicherung den Beweis für Elgin Yaxleys Betrug lieferte, mußte ich offenbaren, wo ich die Fotos herhatte. Von George Millace … der Drohbriefe schrieb. George Millace, der Ehemann von Marie, die sich gerade mit schwacher Hand aus den Trümmern ihres Lebens heraushangelte. Wenn der Gerechtigkeit nur Genüge getan werden konnte, indem sie noch tiefer in herzzerreißendes Elend gestoßen wurde, mußte die Gerechtigkeit noch warten.
     
    Sharpeners Rennen stand als drittes auf dem Programm. Nicht das größte Ereignis des Tages – das war das vierte Rennen, ein von einer Brandy-Firma gestifteter Gold Cup –, aber ein angesehenes Zwei-Meilen-Jagdrennen. Sharpener war aufgrund seines Sieges in Kempton favorisiert und flog fast mit dem gleichen Elan an vierter Stelle über den größten Teil des langen Ovals von Newbury. Beim drittletzten Hindernis lagen wir dann an dritter Stelle, beim zweitletzten an zweiter, und mit dem letzten Sprung setzten wir uns an die Spitze. Ich setzte mich rein und ritt ihn mit Zügel- und Fersenhilfe voll aus und dachte, mein Gott, ich könnte die Muskelkraft gebrauchen, die ich in Horley verloren hatte.
    Sharpener gewann, und ich war erschöpft. Es war zum Lachen. Harold strahlte und sah zu, wie ich im Siegerring schwach an den Gurtschnallen fummelte. Das Pferd stampfte umher und warf mich fast um.
    »Du bist nur zwei Meilen geritten«, sagte Harold. »Was zum Teufel ist los mit dir?«
    Ich bekam die Schnallen auf, zog den Sattel herunter und spürte tatsächlich, wie wieder ein bißchen Kraft durch meine Arme strömte. Ich grinste Harold an und sagte: »Nichts … war ein verdammt gutes Rennen. Prima Form.«
    »Ich scheiß auf prima Form. Du hast gewonnen. Jedes Rennen, das du gewinnst, ist prima Form, verdammt noch mal.«
    Ich ging zum Wiegen hinein, ließ ihn inmitten von Gratulanten und

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