Regenbogen-Welt (German Edition)
Technik noch nicht so entwickelt. Da
war alles völlig anders. Aber es war der Anfang vom Ende. Die Menschen haben
sich weiterentwickelt, ihre Kultur war auf einem hohen Stand. Doch sie haben
die Achtung voreinander verloren. Es hat furchtbare Kriege gegeben, ganze
Völker wurden vernichtet, und die Mutter Erde wurde mit Füßen getreten. Claudius
war erst der Anfang!” Hiawatha seufzte traurig. „Doch seht selbst!”, forderte
er sie auf und zeigte wieder auf die Nebelglocke.
... Der Schatten der Nacht lag über dem Land, als die Pinta und die Nina zurückkehrten. Sie führten eine Armada von fünfzehn
weiteren Schiffen an. Über eintausendzweihundert Männer kamen über das Meer, um
sich an der Entdeckung des neuen Kontinentes zu beteiligen. Gleichzeitig gaben
sie sich dem Irrglauben hin, den „Wilden” endgültig das Christentum zu bringen.
Handwerker, Bauern und Geistliche folgten dem Ruf in die Neue Welt. Und damit
brach die Hölle über den unbekannten Kontinent herein.
Für das rote Volk war Hölle bisher kein Begriff gewesen. Ihre
Religion wurde nur von der Güte des Großen Geistes bestimmt. Claudius und seine
Männer hingegen, jetzt hoch zu Ross, mit Schwertern und Lanzen bewaffnet,
zeigten, was wirkliche Höllenmacht bedeutete.
Jose war im Lager geblieben. Seine empfindsame Künstlerseele war
schon wund allein bei dem Gedanken, was dem roten Volk blühte. Als die Männer
nach der ersten Schlacht zurück in das Lager kamen und mit ihren „Heldentaten”
prahlten, wurde aus der Ahnung Gewissheit. Als Jose hörte, dass sie weder
Kinder und Frauen noch Greise verschont hatten, schlich er sich in ein Gebüsch
und erbrach sich.
Damit nicht genug. Das rote Volk hatte auch schleichende,
unsichtbare Gegner zu bekämpfen, die ihre weißen „Brüder“ mitgebracht hatten.
Viele von ihnen erlagen der Cholera, den Pocken, der Malaria oder der Grippe.
Claudius kümmerte das nicht. Sein Blick war getrübt. Er war immer
noch auf der Suche nach dem sagenhaften Goldschatz. Allein von diesem Gedanken
beseelt, zog er durch das Land, nahm sich Sklaven oder bemächtigte sich der
Bodenschätze. Er sah nicht die glanzvolle Kultur der Ureinwohner. Registrierte
nicht deren respektvollen Umgang mit der Natur. Das rote Volk hingegen lernte
bald, dass die Fremden, die sie anfangs freudig begrüßt hatten, keine Götter
waren. Dass sie nur Schrecken und Unheil über das Land brachten.
Mit jeder Woche, die verging, und Claudius seinem Eldorado nicht
näherkam, wuchs seine Unzufriedenheit. Und desto mehr verlor er die Kontrolle
über sich und seine Männer. Diese, vom jahrelangen Joch oder seit Generationen
dauernder Armut befreit, steigerten sich in einen wahren Rausch. Sie spielten
sich als die perfekten Herrenmenschen auf. Trieben das rote Volk erbarmungslos
von Wasserloch zu Wasserloch, töteten Frauen und Kinder vor den Augen der
Krieger. Legten Feuer in den Zelten. Machten das rote Volk zu Flüchtlingen in ihrer
eigenen Welt.
Schwarze Todes-Erde überdeckte das saftige Grün der Prärie.
Zeigte als Mahnmal, welchen Weg das weiße Volk genommen hatte ...
Saha und Barb konnten es nicht fassen. Sie hätten sich liebend
gern dem unrühmlichen Rückblick ihrer gemeinsamen Geschichte entzogen. Aber das
verhinderte Hiawatha. Er hielt sie in der Vergangenheit gefangen. Was Saha aber
besonders zu schaffen machte, war die Tatsache, dass sie nur Zuschauer des
Geschehens waren, ohne die Möglichkeit, einzugreifen. So mussten sie tatenlos
zusehen, wie friedfertige Menschen und ihre Dörfer in Grund und Boden gestampft
wurden. Wie Claudius und seine Männer einen Großteil ihrer Lebensform
zerstörten.
„Warum haben sie nicht erkannt, welche Gefahr von dem Typ
ausging?”, fragte Shash und schüttelte den Kopf. „Sie hätten doch gemeinsam
gegen ihn in den Kampf ziehen können.”
Hiawatha nickte zustimmend. „Das hätten sie tatsächlich machen
können. Aber sie waren zu gutgläubig. Zu dumm, würdet ihr vielleicht sagen und
hättet Recht damit. Ich sagte ja bereits, dass Fehler auf beiden Seiten gemacht
wurden.”
„Sie haben sich einfach abschlachten lassen. Das verstehe ich
nicht”, knurrte Maiitsoh. Der Große Wolf schüttelte seinen gewaltigen Schädel.
„Und haben dabei die perfekten Opfer gespielt.”
Barb blieb stumm. Tiefer Schmerz breitete sich in ihr aus. Das
waren meine Brüder und Schwestern, dachte sie und warf Saha einen Blick zu. Die
Freundin hielt ihm stand. Las darin wie in einem
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