Regency Reality-Show
Bells Mutter als auch Herr Tobler bestätigt. Vor knapp zwei Jahren hat Antonin schliesslich selber Arbeit bei Tobler Inc. gefunden. Er ist dort ein Laufbursche.“
„Dann kennen sich die beiden?“
„Herr Tobler ist sich nicht bewusst den jungen Mann jemals in seinem Betrieb gesehen zu haben. Aber das ist kein Wunder. Tobler Inc. beschäftigt mehrere tausend Angestellte alleine in London und hundertausende weltweit.“
„Das ist beeindruckend. Aber wie passe ich da rein?“ Ich sah immer noch nicht, warum ein Angestellter von Tobler Inc. sich solch grosse Mühe machte, mich aus dem Weg zu räumen.
„Bell muss mitbekommen haben, dass Herr Tobler seine Erbin sucht. Er selbst, der er sich als Toblers Sohn fühlte, war sich sicher, dass der ganze Konzern einmal ihm gehören würde. Als er nun erfuhr, dass es eine andere Erbin gab, musste er diese aus dem Weg schaffen.“
„Und ich, wie passe ich da rein? Ich sehe den Zusammenhang immer noch nicht.“ Langsam wurde ich ungeduldig.
„Sie sind doch die Erbin.“ entgegnete er verwundert.
„Das ist unmöglich. Ich bin Lea Tobler. Bis vor kurzem war ich niemals in London. Ferdinand Tobler habe ich vor wenigen Tagen zum ersten Mal gesehen. Ich kann nicht seine Erbin sein – von einem Konzern mit, wie sagten Sie doch gleich? Hunderttausenden von Angestellten. Nein, unmöglich.“
„Das müssen Sie mit Herrn Tobler direkt klären. Das betrifft diesen Fall nicht. Einzig wichtig für mich ist, dass Antonin Bell geglaubt hat, sie seien hinter dem Erbe her, das ihm zustand.“
„Stimmt, er hatte mich ‚Erbschleicherin‘ genannt.“ fiel mir jetzt wieder ein. Damals konnte ich wegen des Luftmangels schon gar nicht mehr klar denken. Aber die Worte hatten für mich verständlicherweise auch keine Bedeutung.“
„Tja, das ist die ganze traurige Geschichte. Jetzt gehen wir noch die restlichen Unfälle zusammen durch.“
„Bevor Sie mich weiter mit Fragen löchern, wissen Sie wie es ihm gelungen ist, die Regieanweisungen zu uns zu schmuggeln und wie es möglich war, dass er schliesslich persönlich bei uns aufgetaucht ist?“
„Er hat sich als Laufbursche des Senders ausgegeben. Wussten Sie , dass man in einer solchen Position eine echte Macht in Händen hält? Fast jede schriftliche Anweisung wandert durch die Finger eines Laufburschen – seit dem Elektronikzeitalters sieht es etwas anders aus, aber auch heute darf man den Job des Laufburschen nicht unterschätzen. Und wie man gesehen hat, kann ein fehlgeleiteter Mann in dieser Position eine ganze Menge Unheil anstiften.“
Nachdenklich schwiegen wir eine Weile, bis wir dann doch noch auf alle andere Zwischenfälle zu sprechen kamen, von denen der letzte, der mich schliesslich ins Spital gebracht hatte, uns am längsten beschäftigte.
„Könnte ich ein Autogramm von Ihnen haben?“ fragte Johnson mich zum Abschied.
„Wo soll ich unterschreiben.“ Ich nahm an, dass ich meine Aussage unterzeichnen sollte, denn er hatte während unseres Gesprächs rege Notizen gemacht. Als er mir eine Fernsehzeitschrift unter die Nase hielt, auf dessen Titelbild ich gross abgebildet war, machte ich Stielaugen.
„Was ist das? Das bin ja ich?“
„Sie sind eine Berühmtheit, wussten Sie das denn nicht? “
Ungelenk griff ich nach seinem Stift und kritzelte meinen Namen mit einer kurzen persönlichen Widmung darunter, worauf der Gesetzeshüter sich strahlend bedankte und schliesslich den Raum verliess.
Das Interview war so anstrengend gewesen, dass ich kurz darauf in tiefen Schlaf versank.
Kapitel 12
„Kann ich jetzt endlich zu ihr?“ erkundigte sich Ewan bei der Schwester zum wohl hundertsten Mal.
„Soviel ich weiss, wird sie heute auf die Station verlegt. Ab drei Uhr ist offizielle Besuchszeit. Da dürfen Sie zu ihr.“
„Endlich“ er sah auf seine Armbanduhr. Immer noch fünf Stunden bis er Lea endlich wiedersehen durfte. Schleppenden Schrittes machte er sich auf zum Kaffeeautomaten, als sein Handy klingelte.
„Mutter, was ist denn?“
„Er ist tot“ schluchzte sie in den Hörer. „Euer Vater hatte einen Unfall. Ihr müsst sofort nach Hause kommen.“
„Wir nehmen den nächsten Flieger. In wenigen Stunden sind wir da, halt durch Mum.“ versicherte er mit erstickender Stimme.
Sein vor Gesundheit strotzender Vater war tot? Stets hatte Ewan sich auf ihn verlassen und obwohl er bereits viele Geschäftsbereiche geleitet hatte, war sein Dad ihm immer mit Rat und Tat zur Seite
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