Regency Reality-Show
die Show frühzeitig verlassen habe.“
„Machst Du Witze?“ Ungläubigkeit war auf Grossvaters Gesicht zu lesen. „Die schulden Dir Unsummen für Deinen tollen Auftritt. In den allabendlichen Shows machten Deine Szenen rund neunzig Prozent der Sendezeit aus. Ganz zu schweigen von Deiner Präsenz im Internet und wenn Du möchtest, könntest Du sie wegen Deiner ‚Unfälle‘ verklagen.“
„Internet? Was hast Du vom Internet gesagt?“
„Im Internet wurden Life-Cams aufgeschaltet. Nicht sehr viele. Wenn nicht gerade jemand durchs Bild lief, waren auf den meisten Bildern leere Zimmer und schöne Landschaften zu sehen. Aber die Nachfrage nach Dir war so gross – sie können die Anzahl Klicks für jedes Video überprüfen – dass kurz nach Deiner Ankunft auf dem Filmset stets eine Kamera auf Dich gerichtet, im Internet live geschaltet war.“
„Dann haben Du und der Rest der Welt jeden meiner Schritte dort ungekürzt mit verfolgen können?“ Ungläubigkeit machte einem Gefühl von Übelkeit Platz. Einiges, was ich dort erlebt hatte, hätte privat bleiben sollen. Oh nein. Verstört verdrehte ich die Augen.
„Keine Angst, alle Szenen waren toll. Du warst lebendig, das war es, was mich so fasziniert hat. Du hast überhaupt nicht gekünstelt gewirkt. Mit Dir hat sich jeder sofort verbunden gefühlt. Ich habe mich mit Dir gefreut, mit Dir gelitten und mich sogar ein Bisschen geschämt, als Dein nackter Hintern das Einzige war, das aus dem Schlamm heraus zu sehen war, in dem Du gelegen hattest.“
„Erinnere mich bloss nicht daran! Kein Mensch wird mich je wieder ernst nehmen.“
„Alle vergöttern Dich – und überhaupt, nimmt man sich üblicherweise selbst immer viel zu ernst. Werd e locker, vergeude nicht Dein Leben und mach dieselben Fehler wie ich. Lebe jetzt!“
„Bei Deinen feurigen Reden kann ich mir gut vorstellen, wie Du es geschafft hast, ein so grosses florierendes Unternehmen aufzubauen.“ lächelte ich bewundernd.
„Und Du wirst ein Teil davon – Du bist ein Teil davon.“ gab er lächelnd zurück.
Mir fielen nach unserem langen Gespräch, und der Achterbahn der Gefühle wieder die Augen zu.
„Du bist müde, ich komme morgen wieder. Erhol Dich gut. Ich lasse meine Rechtsabteilung gerade Deinen Vertrag prüfen. Morgen kann ich Dir vielleicht schon mehr dazu sagen. Aber sei versichert, Du bist auch ohne mich eine reiche Frau. Der Sender wird Dir ein Vermögen bezahlen müssen und ich werde dafür sorgen, dass sie es bis auf den letzten Pence bezahlen.“
Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und liess mich allein.
***
Als die Schwester das Abendessen brachte, erwachte ich aus einem traumlosen Schlaf.
„Sie sehen besser aus. Herr Tobler hat sich über ihre Genesung sehr gefreut und zur Feier des Tages im Schwesternzimmer eine grosse Schachtel Pralinen vorbeigebracht.“ Mit dieser Geste hatte er sich mindestens die eine Schwester zur Freundin gemacht – wahrscheinlich aber eher gleich das ganze Schwesternrudel, welch ein schlauer Fuchs mein Grossvater doch war. Ich lächelte. Der dumpfe Schmerz in meiner Brust war zwar allgegenwärtig, aber meine Familie würde mir darüber hinweghelfen.
Kapitel 13
Ewan war nun das Familienoberhaupt. Langsam wurde ihm bewusst, was sein neuer Titel bedeutete. Er bedeutete nicht bloss Ruhm und Ehre, sondern eine grosse Verantwortung, der sein Vater scheinbar spielerisch gerecht geworden war. Der Berg Arbeit der anstand, schien nur zu wachsen, je mehr er erledigte, desto mehr Pendenzen warteten auf ihn. Es war zum Haare raufen. Keine Minute hatte er für sich gehabt, seit sie zurück waren. Grant half ihm, so gut er konnte. Scott kümmerte sich wie immer um die Pferdezucht und Morag war bei Mutter. Jeder half, wo er konnte, aber das grosse Loch, das Vaters Tod gerissen hatte, konnten sie nicht stopfen.
Bei dem ganzen Stress blieb keine Zeit zu Trauern und das drückte weiter auf die Moral.
Ewan war abgekämpft und todmüde. Am liebsten würde er sich hinlegen und eine ganze Woche durchschlafen. Die zahllosen Stunden, die er nutzlos im Spital gesessen hatte, waren keine optimale Vorbereitung. Mit einem riesen Schlafmangel war er bereits nach Hause geflogen und es wurde nicht besser.
Er griff zum Hörer und wählte Leas Spital. Wieder kein Glück. Hoffentlich war es ein gutes Zeichen, dass sie so viel schlief.
Mit schwerfälligen Händen öffnete er seinen Laptop und wählte sich ins Internet. Leas nächtlichen
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