Regenprinzessin (German Edition)
Zeit vertrieb bis Van endlich zurückkam und ich mit ihm Pläne schmieden konnte.
Im Empfangszimmer, wo ich gestern zusammengebrochen war, entdeckte ich auf dem Beistelltisch einige Äpfel, Brot und Schinken. Also hatte Van zum Glück an mich gedacht. Ich nahm einen Apfel und biss herzhaft hinein. Er schmeckte herrlich und ich aß ihn in großen Bissen. Danach nahm ich mir noch einen und wanderte wieder durch das Zimmer. An meinem Bücherregal blieb ich erneut stehen und ließ meinen Blick über die Einbände wandern. Ich ergriff einen Gedichtband, setzte mich an den Tisch und las während ich das mitgebrachte Essen verspeiste.
Allmählich wurde es draußen dunkler, so lange hatte ich noch nie geschlafen nachdem meine Kräfte mich erschöpft hatten. Erst recht nicht, seitdem ich sie jeden Tag gebrauchte. Aber immerhin bedeutete es, dass Van bald unbeobachtet zu mir kommen konnte. Inzwischen war es zu dunkel, um ohne Kerze weiter zu lesen, doch ich genoss die Dunkelheit und wollte kein Licht machen.
Stattdessen stand ich auf und öffnete ein Fenster. Die hineinströmende Luft strich kalt und prickelnd über mein Gesicht. Der Regen fiel auf das Fensterbrett und schnell war es ganz nass, aber es kümmerte mich nicht. Ich schaute in die Nacht hinaus und dachte über meine Situation nach. Zwar wusste ich noch nicht wie ich das alles zum Guten wenden sollte, doch ich gab die Hoffnung nicht auf. Noch nicht.
Ich verlor mich komplett in meinen chaotischen Gedanken und strich mir abwesend über den Bauch auch hierfür musste ich mir etwas einfallen lassen. Ich wusste nicht, wie ich es Van oder meinem Vater erzählen sollte. Außerdem war es noch sehr früh, noch könnte ich es verlieren. Auch wenn meine Lage aussichtslos schien, hoffte ich, dass es nicht so kam.
„Hallo.“, sagte Van leise hinter mir.
Überrascht zuckte ich zusammen und zog hastig die Hand von meinem Bauch, ich hatte ihn nicht hereinkommen gehört. Van lehnte am Türrahmen des Schlafzimmers. Mit verschränkten Armen beobachtete er mich.
„Hallo.“, sagte ich ebenfalls.
Ich sammelte das Wasser, das inzwischen die Wand hinunter lief und eine Pfütze auf dem Boden bildete und schickte die entstandene Kugel nach draußen, bevor ich das Fenster schloss. Dann ging ich zu Van herüber und er lockerte seine Haltung. Zärtlich nahm ich ihn in die Arme und er umfing mich sanft. Ich schmiegte mich fest an seine Brust. Er hatte mir gefehlt.
„Ausgeruht?“, fragte er in mein Haar hinein.
„Ja, so lange habe ich noch nie geschlafen.“
„Das kann ich mir vorstellen.“, schnaubte Van. Ich bemerkte seinen seltsamen Tonfall und schaute verwundert zu ihm auf.
„Wie lange wird der Regen noch über der Stadt bleiben?“, fragte er nun.
Ach das war es. Inzwischen musste der Regen, den ich über Lasca geschickt hatte, nachgelassen und aufgehört haben.
„Schätzungsweise noch fünf Tage, ebenso lange wie die Wand, plus minus ein paar Stunden. Zum Schluss ließ meine Konzentration ein wenig nach und ich kann es nicht auf die Minute genau bestimmen.“
Van stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Warum so lange? Du hast mir einen furchtbaren Schreck eingejagt, als ich dich gestern bewusstlos gefunden habe.“
Mir fiel auf, dass er sich alle Mühe gab, um mir keine Vorwürfe zu machen, aber ich spürte es an seinem Blick, dass er der Meinung war, ich hätte mich wieder übernommen.
„Ich wollte sicher gehen, dass die Nachricht deutlich ist.“, sagte ich störrisch.
„Welche Nachricht?“
„Dass ich Degan hier nicht haben will und ihn und sämtliche seiner Spuren am liebsten fortwaschen würde. Solange er hier ist, trete ich nicht einen Schritt vor diese Tür. Und wenn ich hier einen Monat lang festsitze.“
Endlich schmunzelte Van und sah gleich nicht mehr so verärgert aus. „Nun gut, so macht es Sinn.“
„Was dachtest du denn weswegen?“, fragte ich verwundert.
„Nichts Konkretes zugegeben. Allerdings spricht die ganze Stadt im Moment über nichts anderes und fragt sich, warum es so regnet und wie lange noch.“ Nach einer kurzen Pause schien ihm etwas einzufallen, was ihn amüsierte. „Dann werde ich wohl gewinnen.“
Stirnrunzelnd sah ich ihn an und wollte gerade fragen, was er damit meinte, als er es mir erklärte. „Seitdem der Regen außerhalb der Stadt vor kurzem aufgehört hat, haben Sartes und ein paar andere Ritter gewettet wie lange es hier noch anhalten wird und nun weiß ich es.“
„Ihr schließt tatsächlich Wetten ab?“
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