Regenprinzessin (German Edition)
bewusst, wie müde und hungrig ich war und gähnte herzhaft. Im Stall war das Rascheln von Heu und das leise Schnaufen der Pferde zu hören.
Während ich weiter wartete und hoffte, dass Karnoth uns nicht weiter begleiten würde, schaute ich zum Nachthimmel. Der helle Mond hatte bereits über die Hälfte seiner nächtlichen Wanderung zurückgelegt. Bald würde es zu dämmern beginnen. Mein Fluchtinstinkt wurde wieder wach, als mir das klar wurde. Mit der Morgendämmerung würde das Leben im Schloss und in der Stadt erwachen und ich stand immer noch allein mitten auf dem Schlosshof.
Schutzlos.
Ich begann zu zittern und umfasste meine Ellbogen, damit es niemand merken konnte. Unendlichkeiten später kam Van aus dem Pferdestall und ging langsam auf mich zu, dicht gefolgt von Karnoth.
Ich seufzte innerlich auf, konnte er sich nicht endlich verabschieden? Und zu meiner Erleichterung tat er das in genau diesem Moment. Karnoth verschwand schnell über den Hof auf den Westflügel zu, in dem die Quartiere der Ritter waren. Van und ich wandten uns zum Haupthaus, um in die Großküche im Keller zu gelangen. Wir stiegen die Treppe hinab und hinter der Küchentür war bereits ein reges Treiben zu hören. Die Köchinnen waren schon mit den Vorbereitungen für das Frühstück beschäftigt. Ich zuckte zusammen, als ich die Geräusche vernahm und blieb abrupt stehen. Van sah mich traurig an.
„Warte hier, ich bin gleich zurück.“, sagte er und küsste mich flüchtig bevor er die Tür öffnete und durch den Spalt schlüpfte. Ein wunderbarer Duft entströmte dem Raum und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Rasch schloss er die Tür hinter sich und ich stand wieder allein in der Dunkelheit, doch so war es mir lieber als im Getümmel der vollen Küche zu stehen. Van ließ mich nicht lange warten, nur wenige Minuten später kam er wieder heraus, die Arme mit Brot, Schinken, Obst und anderen Köstlichkeiten beladen.
Er hielt mir ein Brötchen hin. Gierig nahm ich es aus seiner Hand und biss hinein. Es war noch warm und schmeckte einfach köstlich, selig schloss ich die Augen. Ich hatte es schon halb gegessen, als ich die Augen wieder öffnete und mir auffiel, dass Van nichts aß. Er musste doch eben solchen Hunger haben wie ich.
„Warum isst du nichts?“, fragte ich.
„Später. Erst bringe ich dich und dein Frühstück wohlbehalten in deine Gemächer.“, sagte er lächelnd.
„Aber du hast doch bestimmt auch großen Hunger.“, widersprach ich.
„Ist nicht schlimm.“, sagte er und zwinkerte.
Ich wollte es erneut versuchen, aber er schnitt mir das Wort ab bevor ich dazu kam.
„Ich habe nun einmal meine Prioritäten. Wenn du möchtest, dass ich mein Frühstück bekomme, setz dich in Bewegung.“, sagte er lachend.
Ich lächelte schief und ging die Treppe hinauf. Wir gingen wieder auf den leeren Schlosshof und bogen nach links in den Ostflügel ab. Auch diese Gänge waren zu meiner Erleichterung noch menschenleer. Schnell durchschritten wir den Flur und kamen in den kleinen Innenhof, der die Gebäude voneinander trennte. Ich blieb stehen und schaute kurz nach links zu meinem Garten. Sehnsucht überfiel mich. Es war keinen Tag her, da war die Welt noch in Ordnung gewesen.
„Was hast du?“, fragte Van leise und blieb ebenfalls stehen.
„Nichts.“, flüsterte ich und beeilte mich weiterzugehen.
Wir betraten den separaten Flügel und gingen zu meiner Tür.
„Ich bringe es dir noch schnell hinein, dann gehe ich besser.“, sagte Van.
Ich betrat mein Empfangszimmer und zuckte zusammen, als ich meinen Blick kurz durch den Raum schweifen ließ. Sara saß am anderen Ende des Raumes in dem Sessel in dem sie immer auf mich wartete. Mein Herz verkrampfte sich, so bald hatte ich mit ihr nicht gerechnet. Sie saß zusammengesunken da und war eingeschlafen. Unter ihren Augen lagen tiefe Ringe. So dunkel, dass sie sich selbst in dem diffusen Licht von ihrem blassen Gesicht abzeichneten. Van bemerkte meine Erstarrung und spähte vorsichtig hinter mir ins Zimmer. Als er sich versteifte, wusste ich, dass er Sara ebenfalls entdeckt hatte.
„Was jetzt?“, fragte er mich flüsternd, um Sara nicht zu wecken.
„Leg das Essen auf den Tisch und geh.“, gab ich ebenso leise zurück und deutete auf das kleine Beistelltischchen zu meiner Rechten. Van tat wie geheißen und kam wieder zu mir.
„Bist du dir sicher?“
„Ja, es ist besser, wenn du nicht hier bist.“, sagte ich.
Das schien ihm nicht besonders zu gefallen, doch
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