Regenprinzessin (German Edition)
Vorsichtig streckte sie ihre Hand aus, hielt jedoch inne ohne mich zu berühren. Sie sah aus, als hätte sie Angst mir wehzutun.
„Es tut mir so leid, dass ich Vater nicht daran hindern konnte.“ Ihre Augen glänzten ungestüm. So voller Bedauern sah ich sie selten.
Ich verschwieg ihr, dass ich durchaus dazu in der Lage gewesen wäre und murmelte stattdessen: „Danke.“
Behutsam zog sie mich zu dem kleinen Sofa und wir setzten uns. Gisell kam nun ebenfalls näher und nahm im Sessel Platz. Auch jetzt schwieg sie, allerdings war ihr anzusehen, dass sie uns viel zu sagen hatte. Im Gegensatz zu Grenadine sah sie nicht sonderlich mitfühlend aus.
„Wie geht es dir?“, fragte mich diese und ich wandte mich wieder ihr zu.
Ich hätte einige Minuten füllen können, um ihr eine halbwegs zufriedenstellende Antwort zu geben, die dennoch nur grob meine Zerrissenheit beschrieb.
„Wie soll es mir schon gehen?“, fragte ich stattdessen mutlos zurück.
Meine Schwester sah mich betreten an und überlegte sich, was sie sagen sollte. Ich sah an ihr vorbei zum Fenster. Die Sonne war noch nicht lange aufgegangen. Ihrem Stand nach zu urteilen, war es noch immer früh am Morgen, was bedeutete, dass ich kaum vier Stunden geschlafen hatte. Allerdings spürte ich keine Müdigkeit, dazu war ich viel zu durcheinander und aufgekratzt.
„Wer ist es?“
Grenadine und ich hoben überrascht die Köpfe. Gisell hatte ihr Schweigen gebrochen und fiel mit der Tür ins Haus. Schon ärgerte ich mich, dass ich sie überhaupt hinein gelassen hatte.
Grenadine wollte etwas entgegnen, doch ich kam ihr zuvor. „Wie schön, dass du dich so sehr um mich sorgst, liebste Schwester.“, sagte ich zuckersüß. „Danke der Nachfrage, wie du siehst, geht es mir ganz ausgezeichnet. Aber so leid es mir auch tut, dich enttäuschen zu müssen, doch das geht dich leider einen feuchten Dreck an.“
Gisell lief rot an, ob vor Zorn oder weil sie beschämt war, konnte ich nicht sagen, es kümmerte mich auch nicht. Ihre Art stand mir bis hier und ich würde es sie spüren und mir nichts mehr von ihr bieten lassen. Von niemandem, um genau zu sein. Ich hatte einen Punkt erreicht an dem das Maß einfach voll war.
Grenadine war irgendwo zwischen Belustigung und Betroffenheit und schien sich nicht recht für eines der Gefühle entscheiden zu können. Sie begann verlegen zu husten. Betretenes Schweigen machte sich breit.
„Du wirst es uns nicht verraten, oder?“, fragte Grenadine nun vorsichtig.
Ich sah von Gisell wieder zu ihr herüber und schüttelte den Kopf. „Nein, im Moment nicht.“
„Wirst du es Vater sagen?“
„Kommt darauf an.“
„Worauf?“
Ich seufzte leise. „Ob er seine Meinung die Verlobung betreffend ändert.“
Gisell begann schallend zu lachen. „Ist das dein Ernst?“, fragte sie mich und musste sich beherrschen, um die Worte überhaupt herauszubekommen. Irritiert starrte ich sie an. Ihr Verhalten konnte einem einfach nur die Sprache verschlagen.
„Um was denn zu tun? Soll er einen Krieg riskieren damit du einen Ritter heiraten kannst, der sich nur mit dir eingelassen hat, um die Aussicht auf einen besseren Posten zu bekommen? Sei doch nicht so naiv.“
Offenen Mundes forschte ich im Gesicht meiner ältesten Schwester. Sie meinte es tatsächlich, wie sie es sagte. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass Grenadine sie ebenfalls sprachlos anstarrte.
Ich bemühte mich meinen aufwallenden Zorn unter Kontrolle zu bringen. Ich wollte bei diesem Gespräch ruhig bleiben und, obwohl ich es gerade sehr verlockend fand, keine meiner Schwestern verletzen.
„Du hast keine Ahnung wovon du sprichst.“, sagte ich mühsam beherrscht.
„Wovon sprichst du denn?“, fragte Gisell spöttisch. Sie machte sich noch immer über mich lustig.
„Liebe. Aber wie ich sehe, sagt dir dieser Begriff nicht das Geringste.“
Gisells Augen traten aus den Höhlen, als sie das hörte. Dieses Mal lachte sie noch heftiger als zuvor. „Hat er das etwa gesagt? Und du glaubst es ihm? Ich habe dich wirklich für klüger gehalten, Gianna.“, sagte sie sobald sie sich halbwegs beruhigt hatte.
„Aber mach dir keine Sorgen, noch sieht man nicht viel, also kannst du noch nicht weit sein.“ Mir dämmerte nicht sofort was sie damit meinte. „Das bedeutet, dass man das alles noch regeln kann und Degan wird nie etwas merken.“, fuhr sie fort.
Grenadine und ich begriffen gleichzeitig worauf sie hinaus wollte. Im Gegensatz zu mir hatte es ihr nicht die Sprache
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