Regenwaelder - Tierparadiese unserer Erde
erreichen kann; es wird über mehrere Jahre verwendet und immer weiter ausgebaut. Das Weibchen legt ein bis zwei Eier in die Nestmulde. Nach dem Schlüpfen des ersten Kükens nach ca. acht Wochen wird das zweite Ei nicht weiter bebrütet. Beide Elternteile besorgen Futter für das Junge. Mit sechs Monaten ist das Junge flügge, wird aber immer noch von der Mutter gefüttert. Erst wenn die junge Harpyie zwei Jahre alt ist, macht sie sich auf, ein eigenes Revier zu suchen. Damit haben die Harpyien unter den Vögeln die längste bekannte Brutdauer und Ästlingszeit.
Ungewisse Zukunft
Da Harpyien aufgrund der langen Entwicklungszeit ihrer Jungen nur alle zwei Jahre Nachwuchs haben können, vermehren sie sich nur sehr langsam. Die Harpyie beansprucht ein Revier von etwa 100 km 2 , das sich nicht mit den Revieren des nächsten Nahrungskonkurrenten, des Würgadlers, überschneiden sollte. Daher ist eine überlebensfähige Population auf riesige zusammenhängende Regenwaldgebiete angewiesen, die immer seltener werden. Weil sie als Gefahr für Kinder und Nutztiere der Einheimischen gelten und weil sie eine geschätzte Trophäe darstellen, werden Harpyien außerdem bejagt. Deshalb ist die Harpyie selten geworden; heute wird sie von der Weltnaturschutzorganisation IUCN in der Roten Liste der bedrohten Tierarten geführt.
Die heimlichen Herrscher
Sie fallen nicht durch ihre Größe, sondern durch ihre enorme Anzahl auf. Von den weltweit bekannten etwa 1,3 Mio. Tierarten sind fast 80 % Gliederfüßer, d. h. Insekten, Spinnen, Asseln oder Tausendfüßer. Dabei beläuft sich der Anteil der Insekten auf nahezu 90 %. Ihr mannigfaches Vorkommen in anderen Regionen der Erde erscheint im Vergleich zu der in den Tropen anzutreffenden Vielzahl bedeutungslos: Allein ein einziger Baum im tropischen Regenwald beherbergt mehr Ameisenarten als ganz Europa.
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Mexikanische Rotknie-Vogelspinne
Ein besonderer Nährstoffkreislauf im Regenwald
Damit ein Ökosystem überleben kann, müssen die Nährstoffe in ihm zirkulieren. Im tropischen Regenwald greift der sog. kurzgeschlossene Nährstoffkreislauf. Dabei beschreiben die mineralischen Nährstoffe einen Kreislauf, ohne jemals in den Boden zu gelangen. Deshalb gibt es in Regenwäldern auch so gut wie keine Humusschicht. Die Bäume des tropi-schen Regenwalds wurzeln sehr flach, um frei werdende Nährstoffe sofort aufnehmen zu können. Mehr als 80% der gesamten Wurzelmasse befinden sich in den obersten 30 cm des Waldbodens, weshalb die Bäume häufig Brett- und Stelzwurzeln ausbilden, welche die mächtigen Urwaldriesen stützen. Durch die hohe Temperatur und Feuchtigkeit in den Tropen werden abgestorbene Pflanzenteile oder Aas sehr schnell zersetzt. Dafür sind, neben Pilzen und Bakterien, vor allem Insekten, Würmer, Asseln und Tausendfüßer zuständig. Sie zerkleinern den anfallenden Abfall und setzen so die darin gebundenen Nährstoffe bald wieder frei, die sofort von dem reich verzweigten Wurzelsystem der Urwaldbäume aufgenommen werden. Dabei spielt die sog. Mykorrhiza eine wichtige Rolle: Die Urwaldbäume leben mit Pilzen zusammen, die die Wurzeln mit ihrem Geflecht umgeben und so deren Oberfläche um ein Vielfaches vergrößern. Damit können die Bäume mehr Nährstoffe aufnehmen. Durch dieses perfekte Recycling bildet der Nährstoffkreislauf ein nahezu geschlossenes System. Die geringen Verluste, die dennoch durch Auswaschung entstehen, gleichen Mineralien aus dem Regenwasser aus. Sie stammen aus dem feinen Sandstaub der Sahara, der von den Passatwinden über den Atlantik bis nach Südamerika getragen wird.
Vielbeinige Riesen
Das feuchtheiße Klima des Regenwalds begünstigt das Wachstum vieler Arthropoden, weshalb man in den Tropen auch die größten Arten dieser Gruppe findet. Hundertfüßer (Klasse Chilopoda) und Tausendfüßer (Klasse Diplopoda) werden hier fast 30 cm lang. Hundertfüßer sind nachtaktive Jäger, die ihre Beute mithilfe ihrer Giftklauen lähmen. Die größten Arten, wie der in Brasilien vorkommende
Scolopendra gigantea
, können sogar kleine Wirbeltiere überwältigen. Tausendfüßer dagegen, die jedoch meist »nur« mehrere hundert Beinpaare haben und oft auffallend bunt gefärbt sind, ernähren sich ausschließlich von Pflanzen. Sie leben in Baumstümpfen, unter Steinen oder in der Falllaubschicht und zählen zu den wichtigsten Zersetzern von Streu im tropischen Regenwald. Bei Gefahr rollen sie sich spiralförmig ein, wobei
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