Regulator: Roman
Gründen froh. Vielleicht irre ich mich und interpretiere zuviel in ihn hinein, aber das glaube ich nicht. Ich glaube, Seth war froh, weil er weiß, daß der SKJ uns jetzt in Ruhe lassen wird. Jedenfalls eine Weile. Eine Zeitlang dachte ich, als gutes Collegemädchen, das ich bin, daß der SKJ nur ein Aspekt von Seths Persönlichkeit sei -der amoralische Teil, den die Freudianer das Es nennen -, aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher. Ich denke an die Reise, die die Garins unternommen haben, bevor Bill & June & die beiden älteren Kinder getötet wurden. Dann denke ich daran, wie unser Vater mit uns gesprochen hat, als wir Teenager waren und den Führerschein machten, zuerst Bill, dann ich. Er sagte uns, daß wir drei Dinge niemals tun dürften: mit zu wenig Reifendruck fahren, betrunken fahren oder Anhalter mitnehmen. Könnte es sein, daß Bill in der Wüste einen Anhalter mitgenommen hat, ohne es zu wissen? Daß dieser Anhalter immer noch in Seth herumreist? Verrückter Gedanke, ich weiß, aber ich habe festgestellt, daß dies die Zeit ist, wo die meisten verrückten Gedanken kommen, spät in der Nacht, wenn es im Haus still ist & die anderen schlafen. Und verrückt heißt nicht zwangsläufig falsch. Wie auch immer, da ich keine Zeit für eine phantasievolle lüge hatte, gab ich mich mit einer einfachen Lüge zufrieden. Ich sagte, ich hätte ihn im Keller gefunden, als ich nach unten ging, um Staubsaugerbeutel zu holen. Wir hatten selbstverständlich da unten gesucht, aber ich sagte, er wäre weit hinten gewesen, unter der Treppe. Seth akzeptierte es ohne Fragen (ich bim nicht sicher, ob es ihn überhaupt interessierte, so glücklich war er, daß er seinen »Dweem Fwoatah« wiederhatte, aber an sich redete ich sowieso mit dem SKJ). Herb hatte nur eine Frage: Wie war der P. W. überhaupt da unten hingekommen? Seih geht nie in den Keller, weil er ihn gruseligfindet, undH. weiß das. Ich sagte, ich wüßte es nicht, und damit - Wunder über Wunder - schien das Thema abgeschlossen zu sein. Seih saß die ganze Nacht auf seinem Lieblingssessel im Erkerzimmer, hielt den Dream Floater auf dem Schoß wie ein kleines Mädchen seine Lieblingspuppe, und sah fern. Herb brachte einen Film vom Video Clip mit. Ein altes Schwarzweißding aus der Ramschkiste, aber Seih gefällt er wirklich gut. Es ist ein Western (logisch) aus den späten fünfziger Jahren. Seth hat ihn sich schon zweimal angesehen. Rory Calhoun spielt mit. Er trägt den Titel Die Regulatoren.
19. Juni 1995
Ich glaube, wir bekommen Ärger.
William Hobart kam heute morgen wütend herüber. Herb war etwa zwanzig Minuten vor seinem Auftauchen zur Arbeit gegangen, Gott sei Dank, und Seih war draußen im Garten. »Ich will Ihnen eine Frage stellen, Mrs. Wyler«, sagte er. »Haben Sie oder Ihr Mann etwas damit zu tun, was gestern nacht mit meinem Auto passiert ist? Ein einfaches Ja oder Nein genügt. Wenn Sie etwas damit zu tun haben, wäre es am besten, Sie sagen es frei heraus.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte ich, und es muß überzeugend gewesen sein, weil er sich ein wenig beruhigte. Er führte mich den Fußweg hinunter (ich folgte ihm erleichtert, je weiter von Seth im Garten entfernt, desto besser) & zeigte auf sein Haus.Er fährt einen Geländewagen, möglicherweise einen Explorer, etwas in der Art. Alle vier Reifen waren platt, sämtliche Scheiben eingeschlagen worden. Einschließlich der Windschutzscheibe und der großen Heckscheibe. »O mein Gott, das tut mir leid«, sagte ich. Das stimmte auch, wenn auch vielleicht nicht aus den Gründen, die er vermutete.
»Ich entschuldige mich für meinen Vorwurf«, sagt er, ebenso steif wie förmlich. »Ich nehme an, ich dachte ... das Spielzeug, das Hugh gestohlen hatte... Sie wären immer noch wütend...« Fahrzeug um Fahrzeug, wollte er wohl damit sagen, so wie Auge um Auge.
»Ich habe die ganze Sache schon längst vergessen, Mr. Hobart«, sagte ich. »Ich bin sowieso nicht das, was man gemeinhin eine rachsüchtige Person nennen würde.« »Die Rache ist mein, spricht der Herr, ich will vergelten«, antwortet er.
»Richtig!« sagte ich. Ich weiß nicht, ob das stimmt oder nicht, aber da wollte ich ihn nur noch loswerden. Er ist mir unheimlich.
»Es müssen Vandalen gewesen sein«, sagt er. »Trunkenbolde. Gewiß würde niemand aus der Strafte hier so etwas tun.«
Ich hoffe, es waren Vandalen. Ich hoffe es. Und wie hätte es Seth - oder der Staksende Kleine Junge, wenn dir das lieber ist -
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