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Reibereien

Reibereien

Titel: Reibereien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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eine gute Basis.«
    Ich lächelte sie an und ließ mich mit im Nacken verschränkten Händen gegen die Rückenlehne mei nes Sessels sinken. Als ich sie mir so ansah, fand ich, daß sie durchaus noch einen Mann finden könne. Sie war zweiundfünfzig, und der Alkohol hatte ih ren Teint nicht verändert, aller- dings muß ich dazu sagen, daß ich die Rechnungen von ihrem Schönheitsinstitut bekam, und wenn man genug Geld für Cremes gegen das Altern und dreimal wöchentlich individuell gestaltete Körperpflege ausgibt, erzielt man eben ziemlich gute Ergebnisse.
    »Und wo willst du jetzt hin?« fragte ich sie.
    »Ich weiß noch nicht. Ich bin mit Olga verabre det, wir müssen mal sehen. Irgendwas finden wir schon. Auf jeden Fall hoffe ich, daß Sonia nicht al les auf mich schiebt. Ich hoffe, daß sie meine An wesenheit nicht stö rt . Sie denkt vermutlich, daß ich auf deiner Seite stehe.«
    Sie zündete sich eine Zigarette an. Ich stand auf, um ihr einen Aschenbecher zu holen, aber auch sie erhob sich und erklärte, daß sie nicht länger blei ben könne.
    »Hast du es so eilig? Wie heißt denn der Der zeitige?«
    Sie ließ mich mitten im Raum stehen, und ich hörte, wie die Tür zuschlug und ihr Wagen fort fuhr, dann wurde es wieder still. Bis Sonia auf tauchte.
    »Dafür gibt es ein Wort«, sagte sie.
     »Ja, für alles gibt es ein Wort«, erwiderte ich. »Wovon sprichst du?«
    Sie wandte mir den Rücken zu, damit ich ihr das Kleid zumachte, und sagte: »Mit seiner Mutter vögeln, dafür gibt es ein Wort.«
    »Wie hast du das bloß erraten?« erwiderte ich mit einem höhnischen Lachen und zog ihren Reißverschluß zu.
    Sie war nicht die erste, die mir das unter die Na se rieb. Jedesmal wenn ich mit einer Frau Probleme hatte, wurde die Art der Beziehung, die ich mit meiner Mutter unterhielt, aufs Tapet gebracht. Das war nicht neu. In diese Kerbe hatten sie alle früher oder später auf die eine oder andere Weise gehauen. Dagegen konnte man nichts machen.
    Ich schlug ihr vor, irgendwo essen zu gehen, ehe wir uns mit den anderen trafen, aber sie behaup tete, sie könne keinen Bissen hinunterbekommen.
    »Meinetwegen oder wegen deiner Figur?«
    »Soll ich dir mal was sagen? Ich glaube, du irrst dich in der Person. Ich glaube, du rächst dich an mir für etwas, was mir mir nichts zu tun hat.«
    »Du kannst glauben, was du willst. Du kannst dir die Dinge natürlich immer so zu- rechtlegen. Wenn du dich ein bißchen anstrengst, findest du bestimmt einen Grund, dich zu beklagen. Was ris kierst du schon dabei, hm? So ll ich mich vielleicht bei dir entschuldigen? Soll ich die Augen zuma chen, wenn es dir gerade in den Kram paßt? Nun sag schon. Wie hättest du's denn gern? Sag, was ich tun soll. Soll ich dir vielleicht die Pussi abtrocknen, wenn du wieder zu dir kommst? Sag, was du von mir erwartest. Du willst meinen Segen, stimmt's?«
    Sie starrte mich so intensiv an, wie sie nur konn te, als plötzlich die Erde unter unseren Füßen zu beben begann. Mehrere Sekunden lang und ziem lich heftig. Bilder fielen von den Wänden, Dinge stürzten um, Lampen knisterten, und ein furchterregendes Grollen kam aus den Tiefen der Erde her vor. Es war das dritte Mal in diesem Jahr - man hatte uns noch nicht einmal die Kosten für eine Fenstertür erstattet, die im November zersplittert war, und nun ging das wieder los.
    Es war, als jagten hysterische Katzen durch die Wohnung.
    Sonia li eß sich in einen Sessel fallen, während ich tief Luft holte. Draußen waren die Alarmanla gen losgegangen, in der Ferne bellten Hunde.
    »Das habe ich doch gewußt«, seufzte sie. »Ich wußte, daß irgend etwas passieren würde. Ich habe gespürt, daß dieser Tag Unheil bringen würde. Und du bist nicht ans Telefon gegangen.«
    »Denk daran, daß ganze Dörfer dem Erdboden gleichgemacht werden«, antwortete ich ihr, wäh rend ich die Möbel wieder an ihre Stelle rückte. »Denk an die Ölpest, denk an die Wirbel- stürme. Denk an die Überschwemmungen. Denk an die Kriege, die vorbereitet werden. Das würde ja bedeuten, daß alle Tage unheilbringend sind. Das war nur ein völlig harmloser Erdstoß.«
    »Kapierst du nicht?«
    »Was soll ich kapieren?«
    »Daß wir von einer Sekunde auf die andere sterben können.«
    Wenigstens war ihre rachsüchtige Laune verflogen. Die Alarmanlagen verstummten eine nach der anderen, die Hunde hörten auf zu bellen, und ich hängte die Bilder wieder gerade.
    »Ist dir eigentlich klar«, fuhr sie for t, »daß un sere letzten

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