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Reibereien

Reibereien

Titel: Reibereien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippe Djian
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dir genau gesagt? Kannst du eigentlich fahren?«
    »Sie hat nichts Besonderes gesagt. Mach dir keine Sorgen um mich.«
    »Sie hat dich rausgeschmissen, nicht wahr?« »Sie hat mich nicht am Arm gepackt und vor die Tür gesetzt, wenn du das wissen willst.«
    »Mal langsam. Mein Zuhause ist auch dein Zuhause. Das weißt du genau. Du brauchst keine Er- laubnis. Du bist hier zu Hause. Wie konntest du dir das gefallen lassen? Nein, das ist ja völlig irre. Hast du den Verstand verloren oder was?«
    »Das weiß ich alles. Das weiß ich genau. Daher ist das völlig unwichtig. Darüber brauchen wir nicht einmal ein Wort zu verlieren.«
    »Warum machst du nicht kehrt? Was hältst du davon? Ich hol dich ab, wenn du willst.«
    »Nein, ich bin schon fast zu Hause. Olga kommt gleich zu mir. Wir verbringen den Abend ausnahmsweise mal unter alten Jungfern. Aber es freut mich trotzdem, daß du angerufen hast.«
    »Du wußtest doch genau, daß ich dich anrufen würde.«
    »Hör zu. Du weißt, daß ich immer für dich da bin. Also streite dich nicht mit ihr. Vergiß diese Geschichte. Ich habe sie schon vergessen. Wovor sollten wir denn Angst haben, du und ich? Hm? Wovor sollten wir uns fürchten?«
    »Okay. Aber ich möchte mich trotzdem bei dir entschuldigen. Du sollst wenigstens wissen, daß ich mich dafür schäme. Das sage ich dir ganz ehrlich. Bitte entschuldige.«
    Anschließend steckte ich mein Handy in die Ta sche und blieb regungslos stehen. Sonia be- obachtete mich, wartete meine Reaktion ab. Ich wandte ihr den Rücken zu und ging in den hinteren Teil des Gartens, um den ungewohnten Blick aufs Meer zu nutzen, den man durch die Bresche hatte, die Sonia in ihren Mußestunden in die Hecke geschnit t en hatte. War eigentlich alles so einfach? Brauchte man die Dinge nur zu beschneiden und auszu reißen, um das Licht zu sehen? In der Ferne legten Trawler schwimmende Ölsperren aus, um zu verhindern, daß der Rohölteppich die Küste erreichte, aber änderte das vielleicht etwas? Wie konnte Sonia bloß auf den Gedanken kommen, sie könne mich mit so billigen Methoden - ihre Wut an meiner Mutter auszulassen, war eine völlig lächerliche Reaktion - dazu bringen, mich vor ihr in den Staub zu werfen und sie um Vergebung zu bitten?
    Als ich zu ihr zurückkehrte, meldete ich ihr, daß meine Mutter heil zu Hause angekommen sei und es zutiefst bedaure, daß sie uns zur Last gefallen sei. Sonia war nicht gerade eine Frau, die sich leicht aus der Fassung bringen ließ - sie war imstande, ohne mit der Wimper zu zucken zu behaupten, sie sei noch Jungfrau, oder mit ge kreuzten Fingern in der Tasche zu schwören, sie sei un-schuldig -, aber ich konnte immerhin mit Befriedigung feststellen, daß sie damit nicht ge rechnet hatte, vor allem nicht, daß ich lächelnd zurückkommen würde, ohne ihr, wie erwartet, eine Szene zu machen.
    »So, und was machen wir jetzt?« sagte ich zu der versammelten Runde.
    Wie viele Leute waren erforderlich, um eine Barriere zwischen ihr und mir zu errichten? In welch astronomische Ferne hatte sie die Aussicht katapultiert, mit mir unter vier Augen zusammenzukommen, um das zu erreichen, was sie erreichen wollte?
    Ich schlug vor, Jon anzurufen, um zu hören, was die beiden machten, und wählte sogleich ihre Num mer, um ihnen zu sagen, sie sollten sich auf den Weg zu uns machen.
    »Du hättest vielleicht vorher fragen können, was ich davon halte«, sagte Sonia nörgelnd, während die beiden anderen ins Wasser sprangen.
    »Ich kann sie ja noch mal anrufen und ihr er klären, daß du dich nicht wohl fühlst.«
    »Nein, das ist nicht nötig.«
    »Wir können sie doch sowieso nicht rausschmei ßen«, sag te ich und deutete mit dem Finger auf Odile und Boris. »Oder hattest du vielleicht die Absicht, sie rauszuschmeißen? Das kann ich mir kaum vorstellen.«
    »Nein, aber ich habe auch nicht die Absicht, bis zum frühen Morgen durchzumachen.«
    »Macht nichts. Du kannst ja schlafen gehen. Du brauchst nicht aufzubleiben.«
    Anschließend machte ich mich an ihre beste Freundin ran. Ich näherte mich dem Rand, auf den sie gerade zugeschwommen war, während sich Boris mitten im Becken auf dem Rücken treiben ließ, hockte mich hin und reichte ihr ein Glas.
    »Boris hat mir davon erzählt«, gestand ich ihr und blickte ihr fest in die Augen. »Also dann auf dein Wohl, meine Hübsche.«
    ihr Gesicht leuchtete auf, als habe sie gerade ei ne schöne Überraschung erlebt.
    »Ich glaub, ich träume«, stieß sie schließ li ch her

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