Reich und tot
der Strandspaziergang samstags mit einer Tour durch die Pubs und die wiederum in einem Tattoo-Studio in den billigen Touristengassen von Brighton.
»Gus? Mr Mortimer? Haben Sie . . .«
Habe ich Jenny umgebracht? Darauf lief es am Ende hinaus: dass Jenny tot war. Dass sie zu Tode gewürgt worden war. Er begriff, dass er jetzt ungemein gern zu diesem Slingsby hinüberlangen und ihm sein nichtssagendes Gesicht zermanschen würde, so lange bis der Bursche nicht mehr zu erkennen war.
»Nein«, sagte er. »Nein, ich habe sie nicht umgebracht.«
Was zum Teufel erwartest du denn wohl, was ich sage? Du eingebildetes Arschloch.
9
Superintendent Chivers eröffnete die Fünf-Uhr-Besprechung persönlich. Glücklicherweise blieb er jedoch nicht lange, und glücklicherweise hatte er Greg Salter nicht mitgebracht. Er las ihnen die Pressemitteilung vor, die, wie er sagte, um halb sieben herausgegeben werden würde. Mrs Jennifer Mortimer sei am Morgen tot vor ihrem Haus in Crowby aufgefunden worden. Die Obduktion habe ergeben, dass sie erwürgt worden sei. Ihr Mann, Gus Mortimer, helfe der Polizei bei den Ermittlungen, die von DCI Frank Jacobson geleitet würden. Ende der Mitteilung.
Jacobson steckte sich eine B&H an, sobald Chivers den Raum verlassen hatte. Wenigstens kannte sich der alte Knabe noch mit dem richtigen Timing aus. Samstags kamen die letzten Lokalnachrichten auf Crowby FM um sechs Uhr. Danach verlasen sie nur noch Überregionales. Für die BBC galt das Gleiche, und was den ›Argus‹ betraf, da gab es erst am Montagmittag eine neue Ausgabe. Vielleicht schafften sie es ja endlich einmal, einen ernsten Fall zu erledigen, bevor die Schreiberlinge ihre Zähne hineingruben.
Kerr fasste seine Gespräche mit Kevin Holland und dessen Bekannten zusammen, anschließend erstattete Mick Hume Bericht. Er hatte alles in allem sieben Häuserrund um das Anwesen der Mortimers abgeklappert. Niemand hatte letzte Nacht oder am Morgen etwas Ungewöhnliches gehört oder gesehen. Diejenigen, die zugaben, die Mortimers schon einmal getroffen zu haben, erklärten unisono, sie könnten nichts Relevantes über sie sagen, weder im Positiven noch im Negativen oder sonst einem Sinn. Hume hatte auch auf der Farm jenseits des schmalen Feldweges nachgefragt, der hinten am Grundstück der Mortimers entlang verlief. Nichts. Emma Smith kam nach ihm an die Reihe. Es klang, als wären sie und DC Williams erfolgreicher gewesen. Sie hatten eine Liste mit sechs Zeugen, die bereit waren, Mortimers Angriff auf seine Frau in Boden Hall zu bestätigen. Jacobson holte eine leere Cola-Dose aus dem Papierkorb und versenkte den Rest seiner Zigarette darin.
»Gut«, sagte er. »Für mich sieht es so aus, als hätten wir Mortimer am Haken. Er hatte ein Motiv, war am Tatort, und wir wissen, wie er es gemacht hat. Gemäß Robinsons Vorabbericht haben wir jedoch zwei, drei potenzielle Probleme.«
Sergeant Ince, der als Verbindungsmann zur uniformierten Truppe jetzt offiziell mit zum Team gehörte, unterbrach ihn, um zu sagen, dass er gerade die Fotokopien aus der Repro bekommen habe.
»Danke, alter Junge. Das ist die Bettlektüre für uns alle heute Abend. Erstens: Robinson will sich immer noch nicht festlegen, ob es einvernehmlicher Sex oder eine Vergewaltigung war. Zweitens: Überraschung! Er setzt zeitlich einen schönen, weiten Rahmen für den Todeszeitpunkt. Nicht vor halb sieben und nicht nach halb neun.«
Jacobson nahm sein Exemplar des Berichts und hielt es vor sich hin.
»Der Körper zeigte erste Symptome von Leichenstarre, als sie ihn in den Wagen legten. Genauer gesagt, um neun Uhr zweiundzwanzig, und wie wir alle wissen, dauert es normalerweise ein paar Stunden, bis die Starre einsetzt. Normalerweise. Mrs Mortimer war ganz sicher nicht übergewichtig. Was für ein schnelleres Einsetzen spricht. Genau wie das warme Wetter.«
Emma Smith begriff gleich, worauf er hinauswollte.
»Das heißt, wenn Mortimer um acht im Büro war, also um halb acht zu Hause losgefahren ist, besteht die Möglichkeit, dass seine Frau umgebracht wurde, als er schon weg war?«
Jacobsons Finger trommelten auf den Tisch.
»Es ist verdammt unwahrscheinlich, wenn Sie mich fragen, Emma. Aber es könnte bedeuten, dass ein Anwalt, der sein Geschäft versteht, damit ausreichend Spielraum bekommt. Ein gut bezahlter Verteidigungsexperte könnte die Geschworenen womöglich überzeugen, dass da
ernsthafte Zweifel
bestehen.«
Mick Hume stöhnte und ließ eine kleine Fluchlitanei
Weitere Kostenlose Bücher