Reich und tot
zu Jacobson.
»Ich war es nicht. Ich habe meine Frau nicht umgebracht.«
»Aber Sie haben sie gestern Abend in Boden Hall doch angegriffen?«, fragte Jacobson.
Slingsby berührte Mortimers Arm leicht mit der rechten Hand. Dann griff er in seinen Aktenkoffer und holte ein einzelnes Blatt Papier heraus.
»Mr Mortimer hat eine umfassende Aussage gemacht, die Sie gerne zu Ihren Unterlagen nehmen können, Inspector. Es ist eine ausführliche Aussage, mit der er seinen Pflichten als Bürger ausreichend nachkommt.«
Jacobson streckte die Hand aus, um das Blatt entgegenzunehmen, aber Slingsby war noch nicht fertig und las laut vor.
»Meine Frau und ich hatten gestern Abend bei einer gesellschaftlichen Verpflichtung in Boden Hall eine Auseinandersetzung, die bedauerlicherweise von beiden Seiten körperlich wurde. Ich war erschüttert, von ihr zu erfahren, dass sie unser Eheversprechen gebrochen hatte.Als wir zu Hause ankamen, ging ich wie gewohnt in unserem Zimmer schlafen, während sie sich in eines der Gästezimmer zurückzog. Das war gegen Mitternacht. Gegen vier kam meine Frau zurück in unser Schlafzimmer und legte sich mit ins Ehebett. Sie sagte, sie habe einen schrecklichen Fehler begangen, und bat mich um Verzeihung. Wir machten den Versuch einer Aussöhnung, was zum Geschlechtsverkehr führte. Als ich um Viertel nach sieben aufwachte, war meine Frau nicht mehr im Bett. Ich nahm an, sie habe es sich vielleicht erneut anders überlegt und sei deshalb zurück ins Gästezimmer gegangen. Natürlich machte mich das wieder wütend – und auch hilflos. Ich wusste schlicht nicht, was ich noch tun konnte. Also beschloss ich, ihr einfach für ein paar Stunden aus dem Weg zu gehen, damit sie Zeit zum Nachdenken hatte. Ich stand auf, zog mich an und fuhr in mein Büro bei Planet Avionics. Das tue ich samstags öfter, um ungestört zu arbeiten. Ich fuhr gegen halb acht mit dem Auto los und kam etwa um acht im Büro an. Soweit ich weiß, schlief meine Frau noch, als ich das Haus verließ. Crowby, den ... G. Mortimer.«
Slingsby reichte Jacobson die Aussage über den Tisch.
»Der Pathologe hat den Leichnam Ihrer Frau heute Nachmittag untersucht, Gus«, sagte Jacobson. »Er hat allerdings das Gefühl, dass es sich um etwas anderes als einvernehmlichen Geschlechtsverkehr handelte. Das Wort, das mehr als einmal in seinem Bericht auftaucht, lautet ›Vergewaltigung‹.«
Mortimer sah Slingsby an.
»Mein Mandant ist in keiner Weise verpflichtet, zu einem Bericht Stellung zu nehmen, den sein Rechtsbeistand noch nicht einsehen konnte.«
Kerr beugte sich auf seinem Stuhl vor.
»Aber er kann uns doch sagen, ob er seine Frau vergewaltigt hat oder nicht.«
Mortimer räusperte sich und sagte: »Meine Frau hat immer schon ... sie mochte es, wenn ich energisch war.«
Jacobson stand auf und ging zum Aufnahmegerät. »Ich bin DCI Jacobson und beende dieses zeitverschwendende Fiasko um sechs Uhr zweiundfünfzig. Gus Mortimer verbleibt in Polizeigewahrsam, während meine Ermittlungen weitergehen.«
Er drückte die Stopp-Taste.
»Es kommt vor, Mr Slingsby, dass sich selbst ein Bulle, der den ›Guardian‹ liest, nach den alten Zeiten sehnt.« Kerr läutete nach den für den Gewahrsam zuständigen Beamten. Slingsby sammelte seine Unterlagen ein und ließ die Schlösser seines Aktenkoffers zuschnappen.
»Was? Nach der Zeit, in der Sie die sogenannte Wahrheit aus den Verdächtigen herausgeprügelt haben?«, fragte er.
»Ich dachte eher an die Zeiten, als Verteidiger mitunter unglücklich lange Treppen hinunterstürzten«, sagte Jacobson in sachlichem Ton.
Kerr fuhr sie zu den Mortimers. Unterwegs erkundigte sich Jacobson schnell, wie die Überwachung in Sachen Johnson lief. Die Herren Ch. und S. mochten sich ja selbst die Verantwortung übertragen haben, dennoch hatte Jacobson nicht vor, die Operation aus dem Auge zu verlieren. Die Beamten in der Bronx und in Woodlands berichteten, alles sei ruhig. Doch zu Jacobsons großem Ärger war über die Barnfields immer noch nichts zu hören. Jacobson überredete einen DC, der ihm mehr als einen Gefallen schuldig war, nach Schichtende in der Riverside Avenue vorbeizufahren. Schließlich riefer noch DC Aston an und war erleichtert zu hören, dass Johnson wieder im Heim war. Eine Laus im Pelz ihres Wirtes, sagte der Brummie. Oder ein Irrer in der Stadt, dachte Jacobson.
Zwei Constables hielten bei den Mortimers die Stellung. Kerr parkte den Wagen vor dem Absperrband, möglichst
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