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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ein Gefühl davon zu vermitteln, wie wir funktionieren. Schließlich müssen wir ihm ja irgendwie die Systeme näherbringen, die wir gegenwärtig bei uns eingerichtet haben.«
    Jacobson betupfte sich die Stirn mit seinem bereits feuchten Taschentuch. Als er antwortete, achtete er sorgfältig darauf, nur Chivers anzusehen.
    »Vielleicht könnte Greg
mir
dann
näherbringen,
warum wir gegenwärtig niemanden vor dem Haus der Hauptruhestörer haben, Sir.«
    Salter lehnte sich zurück, drehte sich auf Detective Chief Superintendent Chivers’ Parker-Knoll-Sessel zu ihm hin und verschränkte die Hände hinter dem Kopf.
    »Das ist alles eine Frage von Demografie und Computeranalyse«, sagte er. »Die Ressourcen für die Operation waren von Beginn an knapp, und jetzt, wo Schlüsselbeamte zu Ihrer Morduntersuchung überwechseln mussten, gilt es Prioritäten zu setzen.«
    »Ja, aber . . .« Jacobson versuchte, ihn zu unterbrechen, doch Salter war ein Schnellredner, praktisch ein Sprinter.
    »Was ich, was
wir
getan haben, ist, die Postleitzahlen aller auf der Liste befindlichen Personen mit den örtlichen Verbrechensmustern zu korrelieren. Auf die Weise habe ich, haben
wir
sie in eine Risiko-Rangliste bringen können. So etwas nennt man in Amerika einen Verbrechenserwartungs-Index.«
    Jacobson starrte Salter an, von diesem Anschlag auf die englische Sprache kurzzeitig mundtot gemacht. Salter wurde nicht einmal rot.
    »Sie wollen also sagen, wenn einer dieser möglichen Jetzt-nehmen-wir-die-Sache-in-die-Hand-Vertreter in einer besonders üblen Gegend wohnt, ist er genauer zu überwachen als John Barnfield?«
    Chivers schien nicht ganz wohl in seiner Haut zu sein, aber Salter nahm die Fassungslosigkeit, die sich auf Jacobsons Gesicht ausgebreitet hatte, gar nicht wahr.
    »Exakt, Frank, exakt. Statistik, Muster. Evidenzbasierte Polizeiarbeit, das ist es, was wir heute leisten. Willkommen im einundzwanzigsten Jahrhundert.«
    Mit einem Schlag ins Gesicht, dachte Jacobson und schüttelte heftig den Kopf.
    »Altmodische, unüberlegte Vorurteile sind das. John Barnfield hätte Johnson beinahe die Kehle aufgeschlitzt, und bei seiner Frau Linda ist der Fall zu einer persönlichen Besessenheit geworden.«
    Chivers kam vom Fenster herüber und stellte sich hinter Salter. Die Führung auf der einen Seite des Tisches, der Mob auf der anderen.
    »Niemand sagt, dass wir die Barnfields nicht im Auge behalten müssen, Frank. Im Lichte von Gregs, von
unserer
Analyse ist es nur fraglich, ob sie sieben Tage die Woche rund um die Uhr beschattet werden müssen.«
    »Aber ein paar picklige Jungs draußen in der Bronx und in Woodlands schon? Obwohl sie keinerlei persönliche Verbindung zu einem der Opfer haben?«
    Salter lächelte wie ein Gebrauchtwagenhändler, der gerade Jacobsons Kreditkarte durch seinen Kartenleser gezogen hatte.
    »Das ist es, was die Muster besagen, Frank. Erinnern Sie sich an die Unruhen in Portsmouth, wegen des Pädophilenurteils? Das sind klassische Problemviertel-Aktivitäten.«
    Chivers sah direkt in die Kamera, immer noch für ›Crimewatch‹ probend.
    »Den Bereich Riverside können Sie kaum ein Problemviertel nennen, Frank.«
    Nein, das kann man nicht, dachte Jacobson. Aber man kann auch keine ernsthafte polizeiliche Ermittlung durch ein paar Zahlenspielereien ersetzen. Es gab insgesamt acht Familien, die durch Robert Johnson in ihren Grundfesten erschüttert worden waren. Sie stammten aus allen Schichten der Gesellschaft, und in jeder dieser Familien konnte es in der gegenwärtigen Situation zu einem unkontrollierten Ausbruch kommen. Die soziale Stellung tat wenig zur Sache, wenn sich das Herz vor Rachsucht verhärtet hatte.
    Er stand langsam auf, sah die beiden an und machte mit den Händen eine abwinkende Bewegung.
    »Machen Sie, was Sie wollen, Sir. Ich hoffe, es wird offiziell festgehalten, dass ich nicht mehr für irgendwelche Kriecher-Pleiten verantwortlich bin.«
    »Ich bin sicher, es wird sehr, äh   ... stimulierend sein, mit Ihnen zusammenzuarbeiten, Frank«, sagte Salter.
    Er beugte sich über den Tisch und streckte die Hand aus, aber Jacobson hatte seine schwitzende Masse bereits der Tür zugewandt.
    Draußen auf dem Korridor fühlte sich die Luft an, als könnte ein einzelnes Streichholz sie in Brand setzen. DCS Chivers residierte im achten Stock. Jacobson nahm die Treppe hinunter in sein Büro im fünften. Sein Telefon klingelte: DS Kerr kam aus Longtown zurück. Er verabredete sich mit ihm drüben im

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