Reid 2 Die ungehorsame Braut
stehen, und kümmern Sie sich erst einmal um die Pferde. Bringen Sie sie umgehend von hier fort. Ich werde Ihnen dann später dabei helfen, die Reisetruhen ins Haus zu tragen. Sobald ich mich ein wenig aufgewärmt habe.«
»Sehr wohl, Mylord«, kam die Antwort des Verwalters. »Wie lange gedenken Sie zu bleiben, Mylord?«
»Das kann ich momentan noch nicht abschätzen. Ich gehe allerdings davon aus, dass wir mehr Personal brauchen werden. Seien Sie so nett und kümmern sich darum. Ach ja, und die keifende Dame dort drüben... Nun, die Sache gestaltet sich ein wenig kompliziert. Am besten, Sie ignorieren sie einfach.«
»Das habe ich gehört«, fauchte Ophelia und kam auf die beiden Männer zugestapft. »Das werden Sie noch bitterlich bereuen, dass Sie mich mit Missachtung strafen!«
Sofort hastete der Verwalter fort, um seinen Pflichten nachzukommen. Ophelia schoss herum und rief ihrer Zofe zu: » Lass dir etwas einfallen, damit er nicht die Pferde ausspannt.«
Jetzt wirkte auch Sadie einigermaßen aufgebracht, ehe sie sich mit einem kurzen Nicken und entschlossenem Gesichtsausdruck an Bartholomews Fersen heftete. In dem Wissen, dass die Zofe keinen Erfolg haben würde, bot Raphael Ophelia seinen Arm an und bedeutete ihr, sie möge ihn ins Haus begleiten. »Wenn Sie die Gnade hätten, sich wieder zu beruhigen, werde ich Ihnen alles erklären, Ophelia. Sobald wir ein ruhiges Eckchen gefunden haben, in dem wir uns unter vier Augen unterhalten können. Unterstehen Sie sich, in der Gegenwart meiner Tante eine Szene zu machen. Wir sprechen uns wieder, sobald ich mich ein wenig aufgewärmt habe. Bis dahin müssen Sie allerdings etwas Geduld haben.«
In der Annahme, dass sich seine Tante bereits in den Salon begeben hatte, steuerte Raphael auf die Salontür zu. Ophelias Zischen ließ ihn jedoch aufhorchen.
»Wagen Sie es ja nicht, mich noch einmal stehen zu lassen.«
Raphael drehte sich um und sah sie an. »Sprach ich nicht gerade von Geduld?«, entgegnete er trocken. »Doch, ich bin mir sicher, das Wort gebraucht zu haben.«
»Und was, wenn ich kein geduldiger Mensch bin?«
»In dem Fall hätten wir gerade das erste Thema gefunden, an dem wir arbeiten können. Am besten, wir fangen direkt damit an. Hören Sie mir gut zu, Ophelia. Sie werden mit mir in den Salon kommen, sich hinsetzen und still sein, bis wir unsere Zimmer beziehen können. Sie werden als Letzte hinaufgeführt werden, stellen Sie sich schon einmal darauf ein.«
»Und was, wenn ich mich weigere?«
»Dann werde ich mich in eisiges Schweigen darüber hüllen, warum Sie hier sind. Je länger ich darüber nachdenke, desto weniger halte ich eine Erklärung für...«
»Das ist doch lächerlich«, fuhr sie ihm mit kreischender Stimme ins Wort. »Ich pfeife auf irgendwelche Erklärungen und werde jetzt zusehen, dass ich endlich nach Hause komme.«
Ophelia machte auf dem Absatz kehrt und wäre um ein Haar mit ihrer Zofe zusammengeprallt, die leise vor sich hin murmelnd das Haus betreten hatte. »Dieser ungehobelte Klotz von Verwalter stellt sich stur. Meinte, er nehme nur von seinem Dienstherrn Befehle entgegen.«
Mit einem Lächeln registrierte Raphael, dass Ophelia verärgert brummte. »Gestatten Sie mir die Frage, wer von Ihnen beiden eigentlich die Kutsche zu lenken gedachte.«
Ophelia schoss abermals herum und funkelte ihn fuchsteufelswild an.
Mit einem Schulterzucken setzte Raphael noch einen obendrauf. »Falls Ihnen etwas an einer Erklärung liegt, Ophelia, schlage ich vor, Sie tun, was ich Ihnen gesagt habe. Sie sollten wissen, dass ich mich für das, was ich mit Ihnen vorhabe, im Grunde gar nicht erklären muss.«
»Das kann unmöglich Ihr Ernst sein«, keuchte sie.
»Geduld ist eine Tugend. Da beides für Sie Fremdworte zu sein scheinen, erteile ich Ihnen hiermit die erste Lektion.«
Kapitel acht
O phelia schäumte noch immer vor Wut. Der Viscount war scheinbar nicht mehr bei Sinnen, brauchte dringend ärztliche Hilfe. Wieso hatte ihr das nie jemand erzählt?
Sie saß im Salon und durchbohrte Raphael, der mit ausgestreckten Händen vor dem Feuer stand, mit giftigen Blicken, weil er sie wie Luft behandelte. Es kam ihr vor, als säße sie bereits eine halbe Ewigkeit hier herum.
Er hatte seine Drohung wahr gemacht, und Esmeralda war, sobald ihr Zimmer einigermaßen geheizt war, nach oben geführt worden. Ehe sie den Saal verlassen hatte, hatte sie Ophelia noch einen Rat mit auf den Weg gegeben. »Ziehen Sie nicht so eine Schnute,
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