Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
vergewissern, wo Rupert sich gerade aufhielt und was er tat.
Eine Weile lief er auf und ab, was sie jedoch nicht sah, sondern aus den Geräuschen seiner Schritte schloss. Als es still war, schlug Rebecca die Augen auf und sah, dass er es sich in dem Sessel gemütlich gemacht hatte, ein Bein über der Armlehne, als wollte er ein Nickerchen machen.
Es musste bereits fast Mittag sein. Hätte die Merhammer nicht schon längst in Frankreich anlegen müssen? Rebecca war zwar noch nie zuvor auf einem Schiff gewesen, wusste aber dennoch, dass der Ärmelkanal nicht allzu breit war. Glücklicherweise fühlte sie sich wieder ein wenig besser und konnte sich aufsetzen, um der Sache auf den Grund zu gehen.
»Wie lange wird es denn noch dauern, bis wir anlegen? «, fragte sie in die Stille hinein.
»Ein Weilchen werdet Ihr Euch noch gedulden müssen«, murmelte Rupert mit geschlossenen Augen. »Frankreich ist ziemlich groß. Habt Ihr etwa gedacht, wir würden nur schnell über den Ärmelkanal hüpfen? «
Genau das hatte Rebecca angenommen. »Ist dem denn nicht so? «
»Nein. Die Fracht ist für Rouen bestimmt. Wir fahren die Küste bis zur Seine-Mündung hinunter, von wo aus es noch einmal etwa sechzig Meilen sind. Da mein Ziel im Landesinneren liegt - weiter südlich, um genau zu sein -, war es mir einerlei, welche Stadt wir anlaufen. «
»Wie viele Tage? «
Jetzt schlug Rupert die Augen auf und sah sie an. »Wenn Ihr so verzweifelt seid, wie Ihr vorgebt, warum seid Ihr dann nicht einfach über Bord gegangen, als wir noch auf der Themse waren? Ihr wärt zwar in nassen Gewändern im Palast angekommen, aber immerhin wärt Ihr dann noch heute wieder zurück gewesen statt erst nächste Woche. «
»Das war zu keinem Zeitpunkt eine Option«, antwortete Rebecca mit aschfahlem Gesicht und leiser Stimme, in der eine gehörige Portion Entsetzen mitschwang. Nächste Woche ? »Ich kann gar nicht schwimmen. «
»Wunderbar! Irgendetwas musste es ja geben, dessen Ihr nicht mächtig seid. «
Wie konnte er so sarkastisch sein, während die Panik ihr den Hals zuschnürte? »Wann werden wir dort sein? «
»Wenn Petrus uns hold ist, übermorgen. «
Rebecca funkelte ihn an. »Wieso habt Ihr das nicht gleich gesagt? Oder seht Ihr gern dabei zu, wie Frauen in Ohnmacht fallen? «
Neugierig hob er eine Augenbraue. »Jetzt sagt nicht, Ihr beherrscht auch noch die Kunst, das Bewusstsein zu verlieren, ohne Euch dabei zu verletzen? «
»Schert Euch zum Teufel! «
»Diese Kajüte fühlt sich bereits wie die Hölle an. «
»Wenigstens in diesem Punkt sind wir uns einig. «
Rebecca entschied, mit diesem ungehobelten Kerl kein Wort mehr zu wechseln.
Nach zehn Minuten schlug sie ihren Entschluss jedoch wieder in den Wind. Es half nichts, schließlich war er im Besitz der Informationen, die sie dringend brauchte.
»Wie stehen meine Chancen, gleich übermorgen wieder gen England in See zu stechen? «, wagte sie sich hoffnungsvoll vor.
»Auf der Merhammer? Sie lädt nur ab und nimmt dann weiter Kurs in Richtung Süden. Wenn Ihr es Euch leisten könnt, die Kabine anzumieten, werdet Ihr frühestens in sieben Tagen zurück sein. «
»Was, wenn ich in Rouen das Schiff wechsle? «
»Ihr könnt es gern versuchen, aber wenn es so leicht wäre, eine Mitfahrgelegenheit zu finden, was denkt Ihr dann, warum ich mich auf einem Frachter wie der Merhammer einmieten musste? Aber wer weiß, vielleicht ist Euch das Glück ja sogar hold. «
»Dann werde ich einfach fest daran glauben«, entgegnete Rebecca mit einem entschiedenen Nicken.
Rupert besaß doch tatsächlich die Frechheit, sie zu belächeln! »Wir werden sehen. Ich persönlich bevorzuge den Hafen von Calais, wo mehr Schiffe ablegen, die lediglich den Ärmelkanal überqueren. Falls Ihr keine Kabine mieten könnt, nehmt Ihr einfach einen Platz an Deck. Das heißt«, fügte er hinzu, »die Plätze an der frischen Luft sind eigentlich männlichen Passagieren Vorbehalten. Ich bin mir nicht sicher, wie es damit für allein reisende Frauenzimmer aussieht. Davon abgesehen ist es sowieso keine gute Idee, die Überfahrt an Deck zu verbringen. Um diese Jahreszeit schneit oder regnet es gern einmal. «
War Rupert jetzt endlich fertig damit, die Schwierigkeiten, die sie unter Umständen erwarteten, aufzuzählen? »Wann gedenkt Ihr denn zurückzukehren? «, erkundigte sie sich.
»Nicht so schnell, wie ich es gern hätte. Ich werde einige Tage benötigen, um eine geeignete... Gemahlin zu finden. «
Rebecca
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