Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
»Ihr werdet mich nicht einmal sehen müssen, bis genug Zeit vergangen und Eure Lüge entlarvt ist. Ich werde an meiner statt einen meiner Brüder zu Euch schicken und die Annullierung der Ehe beantragen, sobald er mir Bericht erstattet hat. Alles in bester Ordnung, wenn Ihr mich fragt. «
»Wie gütig von Euch! «, zischte Rebecca.
»Da ich annehme, dass Ihr es die gesamte Zeit über auf eine Ehe abgesehen hattet, möchte ich eines noch einmal klarstellen: Niemand wird von dieser Sache erfahren. Oder muss ich noch deutlicher werden? «
»Nicht nötig! «, fauchte Rebecca. »Ich bin ungemein gerissen und zugleich begriffsstutzig. Macht nur weiter, und behandelt mich wie ein Kleinkind! «
»Euer Sarkasmus ist vollkommen deplatziert. «
»Da muss ich Euch leider widersprechen. Wenn Ihr es ge nau wissen wollt, werde ich Euch von nun an widersprechen, egal, ob ich Eure Meinung teile oder nicht. «
Rebecca hatte es noch immer vermieden, Rupert anzusehen, bemerkte aber, dass seine Handknöchel weiß anliefen, so fest umklammerte er die Reling. Ausgezeichnet! Wieso sollte sie die Einzige sein, die vor Wut kochte?
»Ganz wie Ihr wollt, dann gebe ich Euch jetzt also die lange Fassung«, fuhr er sie an. »Es wäre am besten, wenn niemand von dieser Scheinehe, von der Ihr behauptet, dass Ihr sie gar nicht wollt, erfährt. Ich für meinen Teil weiß, dass sie mir zuwider ist. «
Wollte er ihr gar drohen? Womit? Mit einer Ehe auf Lebenszeit?
»Es spricht natürlich nichts dagegen, wenn Ihr Eure Mutter davon unterrichtet«, fuhr er fort. »Ich möchte verhindern, dass sie fuchsteufelswild vor meiner Tür steht, falls Ihr töricht genug seid, sie ebenfalls davon überzeugen zu wollen, dass Ihr in anderen Umständen seid. Aber Ihr werdet Euch hüten, sonst noch jemanden einzuweihen, und sagt dies auch Eurer werten Frau Mama! «
»Wie kommt Ihr eigentlich darauf, dass ich tue, was Ihr von mir verlangt? «
»Weil Ihr von Rechtswegen mir unterstellt und zum Gehorsam verpflichtet seid. «
Um ein Haar hätte Rebecca sich verschluckt, so scharf holte sie Luft. »Darauf würde ich mich nicht verlassen, St. John. Es ist mir einerlei, was Ihr denkt, welche Rechte für Euch mit dieser Scheinehe einhergehen. Für mich existiert Ihr gar nicht. Oder muss ich noch deutlicher werden? «
»Nein, mir scheint, als wären wir übereingekommen, den anderen zu vergessen. Das kommt mir im Übrigen äußerst gelegen. Ich rate Euch aber dringend, nichts zu unternehmen, was meine Aufmerksamkeit erregen könnte. Am besten, Ihr verkriecht Euch zu Hause, bis alles geregelt ist. «
»Ihr könnt mir nicht drohen. «
Er hob eine Augenbraue. »Kann ich nicht? Eure Ansichten über die Ehe scheinen in der Tat ein wenig seltsam anzumuten. Wenn Ihr denkt, Ihr könntet tun, wonach Euch der Sinn steht, irrt Ihr. Fragt Eure Mutter, falls Ihr mir nicht glaubt! «
Mit diesen Worten drehte Rupert sich um und ließ Rebecca allein. Sie machte sich nicht einmal die Mühe, ihm hinterherzublicken. Sie waren also miteinander verheiratet, bis er ihre Ehe annullieren ließ. Welch ein böses Erwachen es in drei, vier Monaten geben würde - für ihn!
Kapitel 34
Wo in Dreiteufelsnamen habt Ihr gesteckt? «
Als Flora aufkreischte, zuckte Rebecca zusammen, wenngleich sie mit einer derartigen Reaktion gerechnet hatte. Es hatte eine halbe Ewigkeit gedauert, eine Kutsche in Dover zu finden, die sie nach London brachte. Die Sonne war längst untergegangen. Dennoch gab es keinen Grund für die Magd, ihre Erleichterung so lautstark kundzutun.
»In der Hölle, könnte man sagen«, antwortete Rebecca müde und steuerte geradewegs auf das Bett zu.
»Seit Eurem Verschwinden sind vier Tage vergangen! «
»Zum Glück waren es nur vier! «, brummte Rebecca. »Es soll Menschen geben, die auf einem Schiff landen, das ablegt, während sie noch an Bord sind. «
Flora riss die Augen auf. »Was hattet Ihr denn auf einem Schiff zu suchen? Allein? Ohne mich? «
»Das war nicht geplant. Es hat einfach abgelegt, während ich in ein Gespräch mit meinem Gemahl vertieft war. «
»Ihr habt ihn also doch geheiratet? «
Rebecca wunderte sich über den sanften Tonfall, den Flora plötzlich anschlug. »Wieso überrascht dich das nicht? «
»Weil es das Beste war, was Ihr unter diesen Umständen tun konntet. «
Rebecca schnaubte und sprang verärgert auf. »War es nicht, weil er mich gar nicht zur Frau haben wollte! Weil er denkt, ich hätte ihn aus Kalkül verführt. Weil er sich so
Weitere Kostenlose Bücher