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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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können, wenn sie nicht wissen, wo der Zielort ist, aber meinen, sie müßten es wissen. Wie zum Beispiel ein Hotel. Sie würden eher dem Ex-Tory-MP Alan Clark ihre halbflüggen Töchter (und Gattinnen noch dazu) für ein Wochenende anvertrauen, als auch nur die kleinste Unkenntnis auf ihrem ureigenen Gebiet offenbaren, was ich sehr liebenswürdig finde. Statt dessen sondieren sie. Sie fahren ein bißchen, werfen einem einen Blick im Rückspiegel zu und sagen beiläufig: » Hazlitt’s – das ist doch das Ding auf der Curzon Street, was? Gegenüber dem Blue Lion ?« In dem Moment, in dem sie ein wissendes Lächeln des Widerspruchs auf den Lippen des Fahrgasts bemerken, fügen sie hastig hinzu:
    »Nein, einen Moment, ich meine das Hazlebury . Ja, das Hazlebury . Aber Sie wollen zum Hazlitt’s, stimmt’s?« Und weiter geht’s in eine völlig willkürliche Richtung. »Auf dieser Seite von Shepherd’s Bush, was?« sagen sie dann aufs Geratewohl.
    Wenn man ihnen aber enthüllt, daß es in der Frith Street ist, kontern sie: »Ach, alles klar. Natürlich kenne ich es – modernes Ding, viel Glas.«
    »Äh, es ist ein Backsteinhaus aus dem achtzehnten Jahrhundert.«
    »Klaro. Kenn ich.« Und umgehend vollführen sie eine dramatische Kehrtwendung, wobei sie einen vorbeiflitzenden Radfahrer veranlassen, gegen einen Laternenpfahl zu steuern. (Aber das macht nichts, denn er hat Radklammern an der Hose und so einen dämlichen, schnittigen Helm auf dem Kopf, was doch gerade dazu einlädt, ihn umzunieten.) »Yeah, da denk ich die ganze Zeit, Sie hätten Hazlebury gesagt«, kichern sie, als wollten sie andeuten, was für ein Schwein man hat, daß sie die Sache voll im Griff haben. Und dann biegen sie in eine kleine Seitenstraße vom Strand, die Running Sore Lane oder Sphinctre Passage heißt, die man aber wie so vieles andere in London noch nie bemerkt hat.
    Das Hazlitt’s ist ein hübsches Hotel und mir gefällt besonders, daß es dort nicht wie in anderen Hotels zugeht. Es existiert schon seit Jahren, und die Angestellten sind freundlich – immer wieder ein Novum in einer großen Stadt –, aber sie vermitteln einem auch immer wieder das Gefühl, daß sie sich ihrer Sache so ganz sicher nicht sind. Wenn man ihnen sagt, man habe reserviert und wolle jetzt sein Zimmer beziehen, wird ihre Miene ein wenig panisch, und sie fangen an, kopflos in Schubladen mit Anmeldekarten und Zimmerschlüsseln zu wühlen. Wirklich richtig niedlich. Und die reizenden Mädchen, die die Zimmer putzen – die, lassen Sie mich das erwähnen, immer blitzsauber und überaus bequem sind –, scheinen selten über das zu verfügen, was man als vollständige Beherrschung der englischen Sprache bezeichnen könnte. Wenn man sie um ein Stück Seife oder etwas anderes bittet, schauen sie einem aufmerksam auf die Lippen und kommen nach einer Weile eigentlich immer mit einem hoffnungsvollen Blick und einer Topfpflanze oder einem Nachtstuhl oder etwas zurück, das definitiv keine Seife ist. Ein wunderbares Hotel. Ich würde nie woanders hingehen.
    Es heißt Hazlitt’s , weil es mal das Heim des gleichnamigen englischen Essayisten war, und alle Zimmer sind nach seinen Freunden oder den Frauen benannt, die er hier gebumst oder sonst was hat. Ich gebe zu, daß ich die Daten des alten Knaben nicht ganz parat habe:
     
    Hazlitt (Schreibweise?), William (?), englischer (oder schott.?) Essayist. Lebte: vor 1900. Die berühmtesten Werke: kenne ich nicht. Bon mots, Epigramme, Aphorismen: keine Ahnung. Andere nützliche Informationen: Sein Haus ist nun ein Hotel.
     
    Wie üblich beschloß ich, etwas über Mr. Hazlitt nachzulesen, um diese Wissenslücke zu schließen, und wie üblich vergaß ich es sofort. Statt dessen warf ich meinen Rucksack aufs Bett, entnahm ihm ein kleines Notizbuch und einen Stift und stürmte in jugendlichem Erkundungseifer nach draußen.
    Ich finde London immer aufregend. So sehr ich es auch hasse, dem ollen Schnarchsack Samuel Johnson zuzustimmen – seiner aufgeblasen schwachsinnigen, aber berühmten Bemerkung, wer Londons müde sei, sei des Lebens müde, kann ich nicht widersprechen. Nach sieben Jahren Landleben in einem Dorf, wo eine tote Kuh eine Menschenmenge anzieht, ist London ein Hammer.
    Ich verstehe nie, wieso die Londoner nicht begreifen, daß sie in der wunderbarsten Stadt der Welt leben. Wenn Sie mich fragen – London ist viel schöner und interessanter als Paris und lebendiger als alles außer New York. Und selbst New York kann

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