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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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der im Juli 1910 bei einem Unfall in Bournemouth ums Leben kam«. Er hatte das Modell eines frühen Doppeldeckerflugzeugs in der Hand, sah aber eher aus wie King Kong, der angreifende Geschwader wegklatscht. Worin seine Beziehung zu Monmouth bestand, wurde nicht deutlich. Der Buchladen von Monmouth in der Church Street hatte eins von meinen Büchern im Schaufenster und wird deshalb hier lobend erwähnt.
    Weil ich noch eine kleine Wanderung machen wollte, solange das Wetter so schön war, blieb ich nur kurz. In einer Bäckerei kaufte ich mir ein Kuchenstück und aß es auf dem Wege zum Wye. An der hübschen Steinbrücke der Stadt fand ich einen Uferpfad und folgte ihm nach Norden am walisischen Ufer entlang. Die ersten vierzig Minuten begleitete mich der unaufhörliche Verkehrslärm auf der A40, aber an einer Stelle, die Goldsmith’s Wood heißt, bog der Fluß scharf von der Straße ab, und ich war plötzlich in einer anderen, unendlich viel ruhigeren Welt. Oben in den Bäumen raschelten und zwitscherten Vögel, und wenn ich näher kam, schossen kleine, unsichtbare Kreaturen ins Wasser. Der Fluß floß träge glitzernd zwischen den Hügeln mit herbstfarbenen Bäumen dahin; er war sehr schön, und ich hatte ihn ganz für mich. Nach ein, zwei Meilen blieb ich stehen, um die Karte zu studieren, und bemerkte eine Stelle auf einer nahegelegenen Erhebung, die King Arthur’s Cave hieß. Die wollte ich mir doch nicht entgehen lassen. Ich stapfte den Hügel hinauf und lief hierhin und dorthin, um sie zu finden. Nachdem ich etwa eine Stunde über Felsbrocken und umgefallene Bäume gekraxelt war, fand ich sie zu meinem nicht geringen Erstaunen. Es war nichts Tolles – nur eine flache, von der Natur in eine steile Sandsteinwand gehauene Kammer –, aber ich hatte das angenehme Gefühl, daß ich seit Jahren der erste Besucher war. Jedenfalls fehlten die üblichen Zeichen – Graffiti und herrenlose Bierdosen –, womit sie in Großbritannien, wenn nicht auf dem ganzen Globus, einmalig dasteht.
    Weil es immer später wurde, beschloß ich, eine Abkürzung durch die hügeligen Wälder zu nehmen, merkte aber nicht, daß ich mich auf dem höchsten einiger sehr eng beieinanderliegender Höhenpfade befand. Folglich stieg ich einen Moment später gänzlich unfreiwillig einen mehr oder weniger senkrechten Berg hinab. In großen Sprüngen und mit ausgebreiteten Armen hüpfte ich wie George Chakiris in West Side Story, nur war das hier ein Wald in Wales, und George machte sich nicht vor Angst in die Hosen.
    Ich landete schließlich nach etlichen waghalsigen Purzelbäumen und einer epochemachenden 70-m-Rutschpartie bäuchlings am äußeren Rand eines schwindelerregenden Abgrunds und glotzte auf den glitzernden Wye 35 Meter unter mir. Ein Blick auf meinen nun plötzlich im Ruhestand befindlichen Körper verriet mir, daß sich mein linker Fuß glücklicherweise an einem Baum-Sprößling verhakt hatte. Wenn der nicht gewesen wäre, könnten Sie jetzt dieses Buch nicht lesen.
    Ich murmelte: »Danke Herr, du hast was gut bei mir«, hievte mich auf die Füße, wischte mir Zweige und vermoderte Blätter von der Vorderfront und kletterte unter vielen Mühen hügelaufwärts wieder zu dem Pfad, den ich so unbesonnen verschmäht hatte. Als ich am Flußufer anlangte, war eine weitere Stunde verstrichen. Und es dauerte noch eine oder länger, bis ich Symonds Yat erreichte, einen breiten, bewaldeten Felsvorsprung auf dem Gipfel eines kolossalen Berges mit weiten Ausblicken in alle Himmelsrichtungen. Überaus reizvoll – wie ein Gleitflieger schaute ich auf die Schleifen des Flusses und eine liebliche Landschaft von Wiesen und Wäldern hinunter, die sich bis zu den Black Mountains in der Ferne erstreckte.
    »Nicht übel«, sagte ich, »wirklich nicht übel«, und überlegte, ob ich wohl irgendwo hier in der Nähe eine Tasse Tee bekam und vielleicht sogar die Hosen wechseln konnte.
     

Zwölftes Kapitel
     
    Es gibt gewisse Dinge, die man nur dann zu schätzen weiß, wenn man britisch oder zumindest älter ist als ich, vorzugsweise beides: Skifflemusik, wie Angela Rippon bei Morecombe and Wise tanzt und die Beine zeigt, HP-Sauce, Salzstreuer mit einem einzigen großen Loch, Rummelplätze, Sandwiches aus selbstgeschnittenem Brot, Tee mit viel Milch, Schrebergärten, die Überzeugung, daß häusliche Stromleitungen ein fesselndes Gesprächsthema abgeben, Dampfloks, Toast, den man unter einem Gasofengrill fabriziert, der Glaube, daß es ein ziemlich

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